Capsaicin-Pflaster
- Autor(en): Urspeter Masche
- pharma-kritik-Jahrgang 35
, Nummer 8, PK911
Redaktionsschluss: 18. Oktober 2013
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2013.911 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Unter dem Namen Qutenza® wird ein Capsaicin-Pflaster zur Behandlung von nicht-diabetischen neuropathischen Schmerzen angeboten.
Chemie/Pharmakologie
Pharmakokinetik
Rund 1% des im Pflaster enthaltenen Capsaicins gelangt in die Haut, das heisst an den Wirkort. Es findet auch eine systemische Resorption statt. So wurden bei bis zu 30% der Behandelten messbare Plasmaspiegel festgestellt, wobei das Konzentrationsmaximum nach rund 1,5 Stunden erreicht wurde. Das in der Haut deponierte Capsaicin wird nur in geringem Umfang metabolisiert, während der systemisch aufgenommene Anteil mit einer – scheinbaren – Halbwertszeit von 1,5 bis 2 Stunden rasch eliminiert wird, wobei CYP2C9/19 als hauptverantwortliches Enzym angesehen wird.(1-3)
Klinische Studien
Unerwünschte Wirkungen
Interaktionen
In-vitro-Untersuchungen zeigten, dass Capsaicin alle wichtigen Zytochrome zu hemmen vermag. Da die systemische Exposition mit dem Pflaster aber gering ausfällt, ist nicht zu erwarten, dass dieser Effekt klinisch eine Rolle spielt.(1,3)
Dosierung, Verabreichung, Kosten
Kommentar
Neuropathische Schmerzen extern zu behandeln ist kein neuer Ansatz. Capsaicin-Crème in einer niedrigen Konzentration von 0,075% – in der Schweiz per Magistralrezept erhältlich – oder 5%ige Lidocain-Pflaster (Neurodol®) sind Behandlungsformen, die bei neuropathischen Schmerzen seit längerem zur Verfügung stehen (sie müssen allerdings wiederkehrend ein- bis mehrmals pro Tag appliziert werden). Freilich zeichnet sich keines der beiden Präparate durch eine beeindruckende Wirksamkeit aus. Ob hier das neue, hochkonzentrierte Capsaicin-Pflaster als therapeutischer Fortschritt gegenübertreten kann, ist mangels Vergleichsstudien nicht zu beantworten. Zweifel scheinen zumindest angebracht, denn aus der Cochrane-Metaanalyse geht hervor, dass sich die «Number Needed to Treat» (NNT) für eine 30%ige Schmerzabnahme in einer Grössenordnung von 10 bewegt; für betroffene Personen dürfte das kaum ein überzeugender Wert sein, umso mehr wenn man die eher umständlich wirkende Handhabung des Pflasters mitberücksichtigt. Skepsis ortet man auch bei der FDA, die das 8%ige Capsaicin-Pflaster anders als die europäischen Behörden nur für die postherpetische Neuralgie genehmigt und für die HIV-assoziierte Neuropathie durchfallen liess, weil der Nutzen zu wenig überzeugend schien.
Literatur
- 1) McCormack PL. Drugs 2010; 70: 1831-42
- 2) Wallace M, Pappagallo M. Expert Rev Neurother 2011; 11: 15-27
- 3) EMA Dokument
- 4) Webster LR et al. J Pain 2010; 11: 972-82
- 5) Backonja M et al. Lancet Neurol 2008; 7: 1106-12
- 6) Irving GA et al. Pain Med 2011; 12: 99-109
- 7) Simpson DM et al. Neurology 2008; 70: 2305-13
- 8) Clifford DB et al. J Acquir Immune Defic Syndr 2012; 59: 126-33
- 9) Derry S et al. Cochrane Database Syst Rev 2013; 2: CD007393
- 10) Mou J et. Pain 2013 (online ahead of print)
- 11) Simpson DM et al. J Pain Symptom Manage 2010; 39: 1053-64
- 12) FDA Dokument
Standpunkte und Meinungen
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