Kardiotoxizität bei Trastuzumab-behandeltem Brustkrebs

  • Autor(en): Renato L. Galeazzi
  • pharma-kritik-Jahrgang 41 , PK1089
    Redaktionsschluss: 16. April 2020

Schon vor mehr als 10 Jahren war bekannt, dass sich viele Krebs-Chemotherapien kardiotoxisch auswirken. Gemäss der damals in unserer Zeitschrift veröffentlichten Übersicht wurde jedoch angenommen, dass bei Brustkrebs «die kardialen Nebenwirkungen von Trastuzumab (Herceptin® u.a.) im Unterschied zu den Anthrazyklinen nicht von der kumulativen Dosis abhängen und – soweit die noch relativ kurzen Beobachtungszeiten ein Urteil zulassen – mehrheitlich reversibel sind» (1).

Nun ist eine Fall-Kontroll-Studie erschienen, in der 42 Patientinnen mit einem ERBB2-positiven Mammakarzinom (früher als HER-2-positiv bezeichnet) untersucht wurden, die eine Anthrazyklin/Trastuzumab-Chemotherapie überlebt hatten. 22 Patientinnen (TOX-Gruppe) hatten schon während der Therapiephase eine um mindestens 10% reduzierte linksventrikuläre Auswurffraktion (LVAF) auf <55%, 20 Patientinnen (NONTOX-Gruppe) hatten keine solche Verminderung der LVAF.

Bei der Nachuntersuchung – im Median 7 Jahre nach Abschluss der Therapie – betrug die LVAF in der TOX-Gruppe 57% und in der NONTOX-Gruppe 62%. In einer Kontrollgruppe mit 15 vergleichbaren Frauen ohne Brustkrebs oder Chemotherapie betrug die LVAF 65%. In der TOX-Gruppe hatten fünf Patientinnen auch eine diastolische Funktionsstörung und drei eine LVAF von <53%, aber keine in der NONTOX-Gruppe. Der maximale Sauerstoffverbrauch (ein Mass für die kardio-pulmonale Belastbarkeit: Peak VO2 in ml/kg/min) betrug 23 in der TOX-Gruppe, 27 in der NONTOX-Gruppe und 30 in der Kontrollgruppe.

Die Studienverantwortlichen schliessen aus den Resultaten, dass Patientinnen mit einem ERBB2-positiven Mammakarzinom, bei denen unter einer Anthrazyklin/Trastuzumab-Therapie eine Abnahme der linksventrikulären Funktion beobachtet wird, wahrscheinlich für immer eine eingeschränkte kardio-pulmonale Leistungsfähigkeit entwickeln (2).

Kommentar 

Die in der Übersicht im Jahre 2009 geäusserte Vermutung, dass die Kardiotoxizität von Trastuzumab möglicherweise reversibel sei, ist mit dieser Studie wohl widerlegt. Sogar Patientinnen, welche während der Therapie kaum eine Verschlechterung der LVAF zeigten, haben 7 Jahre nachher eine leicht eingeschränkte kardio-pulmonale Leistungsfähigkeit. Diesen Patientinnen ist daher eine besondere Aufmerksamkeit in Bezug auf die übrigen Risikofaktoren für kardio-pulmonale Erkrankungen zu schenken; diese Risikofaktoren sind konsequent zu behandeln. Die akademischen Kreise müssen ihrerseits bessere kardioprotektive Massnahmen studieren und Therapiemöglichkeiten (wie zum Beispiel körperliches Training) testen. Zu bedenken ist natürlich, dass hier alle Patientinnen eine Anthrazyklin-basierte Trastuzumab-Therapie erhalten haben, dass also nicht alle Nebenwirkungen nur allein dem Trastuzumab zugeschrieben werden dürfen.

Standpunkte und Meinungen

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Kardiotoxizität bei Trastuzumab-behandeltem Brustkrebs (16. April 2020)
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pharma-kritik, 41/No. online
PK1089
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