Höhere Kaliumzufuhr senkt Blutdruck-Risiko
- Autor(en): Etzel Gysling
- pharma-kritik-Jahrgang 37
, PK975, Online-Artikel
Redaktionsschluss: 10. Februar 2016
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2015.975
Mini-Review
Die werbefreie Publikation «Worst Pills, Best Pills» wird von der amerikanischen «Public Citizen»-Organisation herausgegeben und richtet sich in erster Linie an Laien. Viele ihrer Texte sind jedoch auch für Fachleute lesenswert. Im Folgenden wird ein Text aus dieser Publikation zusammengefasst und ergänzt.
In den USA wird schon seit 2010 von offiziellen Stellen empfohlen, mit der Nahrung viel Kalium (für Erwachsene: 120 mmol bzw. 4,7 g/Tag) zu sich zu nehmen (1). Da die Amerikanerinnen und Amerikaner generell zu wenig Gemüse, Früchte, Vollkornprodukte, Milch und Milchprodukte sowie Meeresfrüchte konsumieren, beträgt die aufgenommene Kalium-Tagesmenge im Durchschnitt nur etwa die Hälfte. (Die von den Gesellschaften für Ernährung in Deutschland, Österreich und der Schweiz empfohlene minimale Kaliumzufuhr beträgt lediglich 51 mmol bzw. 2 g/Tag. (2)) Das Argument, sich kaliumreich zu ernähren, beruht auf zahlreichen Untersuchungen.
Schon 1991 konnte in einer kleinen Studie gezeigt werden, dass man mit einer kaliumreichen Ernährung den Bedarf an blutdrucksenkenden Medikamenten senken kann. Die Beteiligten wurden nach dem Zufall entweder einer Gruppe mit unveränderten Ernährungsgewohnheiten zugeteilt oder erhielten, in der anderen Gruppe, Diät-Ratschläge mit dem Ziel, die Kaliumaufnahme zu erhöhen. Nach einem Jahr wurde untersucht, wieviele Personen ihre Antihypertensiva-Dosis halbieren konnten: dies war in der Gruppe mit der kaliumreichen Diät bei 81% der Fall, in der Vergleichsgruppe nur bei 29% (3).
Die sogen. DASH-Diät («Dietary Approaches to Stop Hypertension») enthält (unter anderem) verhältnismässig viel Kalium; in Kombination mit einer reduzierten Natriumeinnahme konnte damit nach nur einem Monat bei Personen mit einer Hypertonie der systolische Blutdruck um 11,5 mm Hg gesenkt werden. Aber auch bei Teilnehmenden, deren Blutdruck normal war, ergab sich eine Reduktion um 7,1 mm Hg (4).
Im Rahmen des amerikanischen Studienprogramms «National Health and Nutrition Examination Survey» (NHANES) wurden von 10'563 Erwachsenen zwischen 2005 und 2010 Ernährungs- und Blutdruckdaten ausgewertet. Die Studienverantwortlichen kommen zum Schluss, ein erhöhter Natriumkonsum führe in Kombination mit einem reduzierten Kaliumkonsum zur Hypertonie (5).
Eine aktuelle Metaanalyse grosser Studien befasst sich spezifisch mit den Auswirkungen einer kaliumreichen Ernährung auf kardiovaskuläre Risikofaktoren und Erkrankungen. Eine Analyse der Kaliumeinnahme in 21 randomisierten Studien zeigt, dass eine Kaliumzufuhr von 90 bis 120 mmol/Tag (mit der Nahrung) die stärkste Blutdrucksenkung (um 7/4 mm Hg) ergibt. Neun Kohortenstudien konnten im Hinblick auf kardiovaskuläre Endpunkte ausgewertet werden. Diese lassen annehmen, dass eine hohe Kaliumeinnahme (90 bis 120 mmol/Tag) mit einem um 24% reduzierten Schlaganfall-Risiko assoziiert ist. Die Plasmawerte von Kreatinin und Lipiden steigen unter einer kaliumreichen Ernährung nicht an. Die Studie kommt zum Schluss, Erwachsene und Kinder sollten sich so ernähren, dass sie täglich mindestens 90 mmol Kalium aufnehmen, da diese Menge sich vorteilhaft auf den Blutdruck und Herz-Kreislauferkrankungen auswirkt (6).
Viele kaliumreiche Nahrungsmittel enthalten weitere Komponenten (z.B. Faserstoffe, Vitamine, Kalzium), die sich gesundheitlich ebenfalls vorteilhaft auswirken. Einige kaliumreiche Lebensmittel sind in der Tabelle zusammengestellt.
Kommentar
Im Gegensatz zur (nicht immer unproblematischen) Verabreichung von Kalium in Form von Supplementen ist eine hohe Kaliumzufuhr mit der Nahrung nützlich und nebenwirkungsfrei. Einzig bei Personen mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz ist Zurückhaltung angezeigt (7). Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass es einerseits keiner «exotischen» Diät bedarf, um sich viel Kalium zuzuführen, dass anderseits dabei eine recht konsequente Berücksichtigung vor allem der pflanzlichen Nahrungsmittel notwendig ist. Nur so kann die in den amerikanischen Richtlinien geforderte Kaliumzufuhr regelmässig gesichert werden. Meine persönliche Meinung zur Kaliumzufuhr ist von den Resultaten einer eigenen (unpublizierten) Studie mit Studierenden geprägt: in dieser Studie ergab sich eine signifikante Beziehung zwischen dem Na/K-Quotienten (in 24-Stunden-Urinproben) und dem Blutdruck. Bei diesen jungen Leuten war der Blutdruck im Mittel umso höher, je höher der Na/K-Quotient ausfiel. Neben der Einschränkung des Kochsalzkonsums ist eine erhöhte Kaliumzufuhr (mit der Nahrung) eine der gutartigsten Methoden, Antihypertensiva zu sparen.
Zusammengefasst und kommentiert von Etzel Gysling
Literatur
- 1) Anon. Dietary Guidelines for Americans 2010
- 2) D-A-CH-Empfehlungen
- 3) Siani A et al. Ann Intern Med 1991; 115: 753-9
- 4) Sacks FM et al. N Engl J Med 2001; 344: 3-10
- 5) Zhang Z et al. PLoS One 2013; 8: e75289
- 6) Aburto NJ et al. BMJ 2013; 346: f1378
- 7) He FJ, MacGregor GA. BMJ 2001; 323: 497
- 8) Börsteken B. Kaliumtabelle
Standpunkte und Meinungen
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