Blutdruckanstieg unter Paracetamol
- Autor(en): Etzel Gysling
- pharma-kritik-Jahrgang 32
, Nummer 15, PK816
Redaktionsschluss: 29. April 2011
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2010.816 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Obwohl meistens angenommen wird, Paracetamol (Dafalgan® u.a.) hätte keine kardiovaskulären Auswirkungen, trifft dies nicht immer zu. Laboruntersuchungen haben gezeigt, dass Paracetamol als COX-2-Hemmer wirkt, während es nur eine geringe COX-1-hemmende Wirkung besitzt.(1)
In der prospektiven «Health Professionals»-Studie wurden rund 16‘000 Männer erfasst, die initial keinen erhöhten Blutdruck aufwiesen. Im Verlauf von vier Jahren fanden sich unter diesen Männern 1968, bei denen sich eine Hypertonie entwickelte. Im Vergleich mit Männern, die keine Schmerzmittel einnahmen, hatten diejenigen, die an 6 bis 7 Tagen wöchentlich Paracetamol nahmen, ein um 34% höheres Risiko eines erhöhten Blutdrucks. Ein ähnlich erhöhtes Risiko fand sich auch für Männer, die regelmässig Acetylsalicylsäure oder andere nicht-steroidale Antirheumatika einnahmen.(2)
In einer Doppelblindstudie wurde bei 33 Personen mit einer koronaren Herzkrankheit untersucht, wie sich die Verabreichung von dreimal 1 g Paracetamol täglich über 2 Wochen im Vergleich mit Placebo auswirkte. Unter Paracetamol wurde ein statistisch signifikanter Blutdruckanstieg von 2,9 mm Hg (systolisch) bzw. 2,2 mm Hg (diastolisch) beobachtet.(3)
Eine Analyse der Daten der «Nurses Health Study» schliesslich zeigte ein signifikant erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinfarkte, Schlaganfälle) bei Frauen, die im Monat an wenigstens 22 Tagen Paracetamol einnahmen; das kardiovaskuläre Risiko einer ähnlich häufigen Verwendung von nicht-steroidalen Antirheumatika war nur wenig höher. Frauen, die pro Woche 15 oder mehr Paracetamol-Tabletten nahmen, hatten gegenüber solchen, die keine Schmerzmittel nahmen, ein um 68% erhöhtes Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses.(4)
Kommentar
Einmal mehr ist an Paracelsus‘ Diktum zu erinnern: dosis facit venenum – mit anderen Worten: es gibt kein Arzneimittel, das «ungestraft» beliebig hoch dosiert werden darf. Wenn wir zwar annehmen dürfen, dass die gelegentliche und moderat dosierte Gabe von Paracetamol kaum Probleme verursacht, so gilt dies für die regelmässige oder hochdosierte Verabreichung offensichtlich nicht. Auf die Tatsache, dass die routinemässige Verabreichung von täglich drei oder vier 1-g-Paracetamol-Tabletten nicht einer rationalen Therapie entspricht, habe ich schon wiederholt hingewiesen.(5) Dass eine solche Behandlung aber auch kardiovaskuläre Auswirkungen hat, bedenken wohl die wenigsten.
Standpunkte und Meinungen
- Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
PK816
Verwandte Artikel
Gratisbuch bei einem Neuabo!
pharma-kritik abonnieren
-
Jahrgang 46 / 2024
Jahrgang 45 / 2023
Jahrgang 44 / 2022
Jahrgang 43 / 2021
Jahrgang 42 / 2020
Jahrgang 41 / 2019
Jahrgang 40 / 2018
Jahrgang 39 / 2017
Jahrgang 38 / 2016
Jahrgang 37 / 2015
Jahrgang 36 / 2014
Jahrgang 35 / 2013
Jahrgang 34 / 2012
Jahrgang 33 / 2011
Jahrgang 32 / 2010
Jahrgang 31 / 2009
Jahrgang 30 / 2008
Jahrgang 29 / 2007
Jahrgang 28 / 2006
Jahrgang 27 / 2005
Jahrgang 26 / 2004
Jahrgang 25 / 2003
Jahrgang 24 / 2002
Jahrgang 23 / 2001
Jahrgang 22 / 2000
Jahrgang 21 / 1999
Jahrgang 20 / 1998
Jahrgang 19 / 1997
Jahrgang 18 / 1996
Jahrgang 17 / 1995
Jahrgang 16 / 1994
Jahrgang 15 / 1993
Jahrgang 14 / 1992
Jahrgang 13 / 1991
Jahrgang 12 / 1990
Jahrgang 11 / 1989
Jahrgang 10 / 1988
Kennen Sie "100 wichtige Medikamente" schon?
Die Liste der 100 Medikamente sehen Sie auf der Startseite von 100 Medikamente.