Zwei neue ACE-Hemmer Ramipril und Fosinopril
- pharma-kritik-Jahrgang 15
, Nummer 9, PK521
Redaktionsschluss: 14. Mai 1993 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Synopsis
Ramipril (Triatec®, Vesdil®) und Fosinopril (Fositen®), zwei neue ACE-Hemmer, werden zur Behandlung der arteriellen Hypertonie empfohlen.(1,2)
Chemie/Pharmakologie
Ramipril und Fosinopril sind -- wie Enalapril (Reniten®) -- Vorstufen («Prodrugs») der biologisch wirksamen Substanz, zu der sie nach Resorption umgewandelt werden. Die Wirkung der ACE-Hemmer kommt durch eine kompetitive Bindung an das «Angiotensin Converting Enzyme » (ACE) zustande. Dies hat in erster Linie eine Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems zur Folge. Dadurch senken die ACE-Hemmer den peripheren Gefässwiderstand und den arteriellen Blutdruck. Bei einer Herzinsuffizienz werden die Vor- und Nachlast des Herzens gesenkt und die kardiale Auswurfleistung nimmt zu. Ramipril bindet sich über eine Carboxyl-Gruppe, Fosinopril über eine Phosphoryl-Gruppe an das ACE. Für Ramipril konnte gezeigt werden, dass es auch das Gewebe- ACE in den Organen hemmt.
Pharmakokinetik
Beide Medikamente werden nach oraler Verabreichung rasch, aber unvollständig (Ramipril zu 60%, Fosinopril zu 36%) resorbiert. Ihre Bioverfügbarkeit wird durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme kaum verändert. Die Hydrolyse zu den aktiven Metaboliten erfolgt überwiegend in der Leber; maximale Plasmaspiegel werden nach etwa drei Stunden erreicht. Die klinisch relevante Halbwertszeit beträgt für Ramipril 13 bis 17 Stunden, für Fosinopril etwa 12 Stunden. Ramipril wird überwiegend renal eliminiert; Fosinopril wird zu etwa gleichen Teilen über Urin und Stuhl ausgeschieden. Bei Niereninsuffizienz steigt die hepatische Ausscheidung von Fosinopril kompensatorisch an; die Zunahme der renalen Ausscheidung bei Leberinsuffizienz scheint weniger ausgeprägt zu sein.
Klinische Studien
Die antihypertensive Wirksamkeit von Ramipril und Fosinopril wurde hauptsächlich bei Personen mit leichter bis mittelschwerer essentieller Hypertonie geprüft. Als «Ansprechen auf die Therapie» galt in der Regel eine Senkung des diastolischen Blutdrucks auf Werte unter 90 mm Hg. Von Ramipril liegen zur Zeit wesentlich mehr klinische Studien vor als von Fosinopril.
Ramipril
In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass mit einer täglichen Dosis von 5 bis 10 mg Ramipril der Blutdruck über einen Zeitraum von 24 Stunden gesenkt werden kann. Die minimal wirksame Dosis lag in verschiedenen Studien zwischen 1,25 mg und 5 mg pro Tag.(1) Langzeitbeobachtungen zeigten, dass bei den meisten Personen, deren Blutdruck auf Ramipril anspricht, in der Regel eine Tagesdosis von 2,5 oder 5 mg genügt.(3)
In einer sechswöchigen multizentrischen Doppelblindstudie bei 502 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Hypertonie war eine tägliche Dosis von 5 mg Ramipril gleich wirksam wie 10 mg. Bei rund 70% der Behandelten sank der diastolische Blutdruck auf Werte unter 90 mm Hg. Zwischen jüngeren und älteren Patienten ergab sich kein Unterschied in der Wirksamkeit.(4)
Ramipril wurde in doppelblinden Vergleichsstudien hauptsächlich anderen ACE-Hemmern gegenübergestellt. In zwei Multizenterstudien bei 174 bzw. 159 Patienten hatte Ramipril (2,5 mg/Tag) eine gleichwertige antihypertensive Wirkung wie Enalapril (Reniten®, 5 mg/Tag).(5,6)Von 160 Patienten einer anderen Vergleichsstudie sprachen 67% auf Ramipril (2,5 mg/Tag) und 49% auf Lisinopril (Prinil®, Zestril®, 10 mg/Tag) an.7 In einer frühen Studie bei 76 Patienten war eine hohe Dosis Ramipril (10 mg/Tag) ebenso wirksam wie Captopril (z.B. Lopirin®, 2mal 50 mg/Tag).(8) Bei Personen, die auf eine Monotherapie mit Ramipril nicht ansprachen, konnte durch Zusatz eines Diuretikums wie Hydrochlorothiazid (Esidrex®, 25 oder 50 mg/Tag) der Blutdruck weiter gesenkt werden.(8,9)
Die Behandlung einer Herzinsuffizienz mit Ramipril wurde bisher nur in zwei offenen Studien bei 9 und 10 Patienten und in einer Vergleichsstudie mit Captopril bei 15 Patienten geprüft. Mit Ramipril wurde die kardiale Leistungsfähigkeit in diesen Studien günstig beeinflusst; Resultate grösserer Studien sind noch nicht veröffentlicht.
Fosinopril
In mehreren Dosisfindungsstudien ergaben Tagesdosen von 20 bis 40 mg Fosinopril bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Hypertonie bessere Resultate als niedrigere Dosen.(2)
In einer 12wöchigen multizentrischen Doppelblindstudie bei 231 Personen wurde Fosinopril (10 bis 20 mg/Tag) mit Enalapril (5 bis 10 mg/Tag) verglichen. Beide ACE-Hemmer erwiesen sich als gleich wirksam. Je etwa die Hälfte der Behandelten beider Gruppen musste jedoch wegen ungenügender Wirksamkeit der Monotherapie nach 8 Wochen zusätzlich mit Chlortalidon (Hygroton®, 25 mg/Tag) behandelt werden.(10) Bei 101 älteren Patienten senkte Fosinopril (10 mg/Tag) den Blutdruck gleich gut wie Nifedipin (z.B. Adalat retard®, 2mal 20 mg).(11) Bei 106 Patienten war Fosinopril (20 bis 40 mg/Tag) plus Chlortalidon (25 mg/Tag) ebenso wirksam wie Propranolol (Inderal ®, 40 bis 80 mg/Tag) plus Chlortalidon (25 mg/Tag).(12)
Unerwünschte Wirkungen
Ramipril und Fosinopril verursachen ungefähr die gleichen unerwünschten Wirkungen wie Enalapril. Am häufigsten klagten die Behandelten über Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit. Auch Husten, Hautausschläge und gastrointestinale Beschwerden können auftreten. Bei einigen Patienten wurden Geschmacksstörungen beobachtet; eine Person entwickelte unter der Behandlung mit Ramipril ein angioneurotisches Ödem.
Auch bei den beiden neuen ACE-Hemmern kann eine symptomatische Hypotonie vor allem bei der ersten Dosis auftreten. Bei einigen Patienten wurden erhöhte Kaliumoder Kreatininwerte im Plasma gefunden.(1,2,13)
Interaktionen: Kaliumsparende Diuretika und Kaliumsalze können zusammen mit ACE-Hemmern eine Hyperkaliämie verursachen. Gleichzeitige Verabreichung von Antazida kann die Resorption von Fosinopril verringern.
Dosierung, Verabreichung, Kosten
Ramipril (Triatec®, Vesdil®) ist als Kapseln zu 1,25 mg, 2,5 mg und 5 mg erhältlich. Beide Präparate sind kassenzulässig. Die übliche Dosierung liegt bei 5 bis 10 mg/Tag. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 2,5 mg/Tag.
Fosinopril (Fositen®) ist als Tabletten zu 10 und 20 mg erhältlich und ist kassenzulässig. In der Regel ist eine Dosis von 20 bis 40 mg/Tag ausreichend. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 10 mg/Tag.
Um eine zu starke Blutdrucksenkung zu vermeiden, soll bei diuretisch vorbehandelten Patienten das Diuretikum am besten einige Tage vor Beginn der Behandlung mit dem ACE-Hemmer abgesetzt und erst später wieder hinzugefügt werden. Die Anfangsdosis von Ramipril soll bei Patienten mit einer Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance weniger als 30 ml/Min) halbiert werden. Ob bei Fosinopril, das renal und hepatisch ausgeschieden wird, auf eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz verzichtet werden kann, ist nicht sicher. Auch ist noch unklar, ob bei Leberinsuffizienz eine Dosisanpassung von Fosinopril vorgenommen werden muss. Alle ACE-Hemmer sind in der Schwangerschaft kontraindiziert.
Eine Behandlung mit Ramipril (5 mg/Tag) kostet pro Monat Fr. 47.40; für Fosinopril (20 mg/Tag) betragen die monatlichen Kosten Fr. 53.50. Eine ähnlich wirksame Enalapril-Therapie (10 mg/Tag) kostet dagegen nur Fr. 34.40 pro Monat.
Kommentar
Mit Ramipril und Fosinopril stehen zwei neue antihypertensiv wirksame ACE-Hemmer zur Verfügung. Es gibt jedoch keinen Grund, diese beispielsweise dem gut erprobten Enalapril vorzuziehen, insbesondere auch, da die beiden neuen Medikamente bedeutend teurer sind. Ramipril hemmt auch das Gewebe-ACE in den Organen. Nach bisherigem Wissen hat diese Eigenschaft jedoch keinen praktisch bedeutsamen Vorteil. Fosinopril wird anders als die meisten bisherigen ACEHemmer sowohl über Leber wie Niere ausgeschieden. Ob dies bei Patienten mit Niereninsuffizienz allenfalls vorteilhaft sein könnte, ist noch ungenügend belegt.
Literatur
- 1) Todd PA, Benfield P. Drugs 1990; 39: 110-35
- 2) Murdoch D, McTavish D. Drugs 1992; 42: 123-40
- 3) Schreiner M et al. J Cardiovasc Pharmacol 1991; 18 (Suppl 2): S137-40
- 4) Saalbach R et al. J Cardiovasc Pharmacol 1991; 18 (Suppl 2): S134-6
- 5) Zabludowski J et al. Curr Med Res Opin 1988; 11: 93-106
- 6) Mroczek WJ. J Cardiovasc Pharmacol 1991; 18 (Suppl 2): S147-9
- 7) Koenig W. Drug Invest 1992; 4: 450-7
- 8) Witte PU, Walter U. Am J Cardiol 1987; 59: 115D-120D
- 9) Heidbreder D et al. Clin Cardiol 1992; 15: 904-10
- 10) Goldstein RJ. Drug Invest 1991; 3 (Suppl 4): 38-44
- 11) Clementy J. Drug Invest 1991; 3 (Suppl 4): 45-53
- 12) Miller WE. Drug Invest 1991; 3 (Suppl 4): 32-7
- 13) Weber MA. Drug Invest 1991; 3 (Suppl 4): 3-11
Standpunkte und Meinungen
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