Medikamentöse Therapie des Migräneanfalls
- Reviewer: Hansruedi Isler, Gerhard Jenzer, Hans-Peter Ludin, Heinrich Mattle, Christian Meyer
- pharma-kritik-Jahrgang 15
, Nummer 07, PK511
Redaktionsschluss: 14. April 1993 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Übersicht
Migräne ist eine familiär gehäuft vorkommende Krankheit mit anfallsweise auftretenden Kopfschmerzen. Die Prävalenz wird bei Frauen auf etwa 20% und bei Männern auf etwa 7% geschätzt. Die zwei häufigsten Migräneformen sind die Migräne ohne Aura (gewöhnliche Migräne) und die Migräne mit Aura (klassische Migräne, Migraine accompagnée). Die Migräne ist charakterisiert durch 4 bis 72 Stunden anhaltende, oft pulsierende und einseitige Kopfschmerzen, häufig begleitet von einer Gastroparese, Übelkeit und Erbrechen sowie Licht- und Lärmempfindlichkeit. Bei der Migräne mit Aura gehen den Kopfschmerzen neurologische Reiz- oder Ausfallserscheinungen voraus.
Faktoren, die bei der Pathogenese der Migräne mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Rolle spielen, sind abnorm erweiterte als auch abnorm enggestellte Gefässe innerhalb und ausserhalb des Schädels, perivaskuläre aseptische Entzündungen von Duragefässen sowie Veränderungen der Konzentrationen verschiedener Neuropeptide (z.B. Serotonin, Katecholamine). Bisher ist es jedoch nicht gelungen, diese Puzzleteile zu einem überzeugenden pathophysiologischen Modell zusammenzusetzen. Überwiegend herrscht heute die Meinung vor, dass Migräne ein konstitutionelles Anfallssyndrom ist, das auf einer gestörten Balance zentraler Neurotransmittersysteme beruht.
Eine Migräne beeinträchtigt zwar die Lebensqualität der Betroffenen, stellt aber keinerlei Lebensbedrohung dar. Gefahren können jedoch bei unsachgemässer Anwendung von Medikamenten entstehen. Auch in der Therapie des Migräneanfalls sind deshalb nicht-medikamentöse Massnahmen wichtig. Ruhe, Dunkelheit, Schlaf oder Auflegen eines Eisbeutels können Erleichterung bringen. Verschiedene Methoden wie Vasokonstriktions- oder Entspannungstraining sollen betroffenen Personen helfen, Migräneattacken erträglicher zu machen. In allen Fällen ist es entscheidend, auch die psychosoziale Situation zu erfassen und so den ganzen Menschen zu behandeln.
Die Medikamente
Zur Anfallsbehandlung der Migräne werden Analgetika, Antiemetika, Ergotalkaloide und seit kurzem der neue Serotoninagonist Sumatriptan eingesetzt. Die Erklärung der Wirkungsweise dieser Medikamente bleibt grösstenteils hypothetisch. Mit Ausnahme von Sumatriptan wurden alle Medikamente empirisch in die Migränetherapie eingeführt und sind nicht umfassend in methodisch befriedigenden Studien dokumentiert worden. Viele Therapieempfehlungen beruhen vorwiegend auf Erfahrung und Fallstudien. In diesem Artikel werden die Medikamente hauptsächlich aufgrund kontrollierter Placebo- und Vergleichsstudien beurteilt. In diese Studien wurden Patienten eingeschlossen, die unter Migräne mit Aura oder Migräne ohne Aura litten. Als Beurteilungskriterien dienten Intensität und Dauer der Kopfschmerzen, Erbrechen, Bedarf an zusätzlichen Medikamenten und die Einschätzung durch die Patienten.
Analgetika
Acetylsalicylsäure (Aspirin® u.a.) und viele nicht-steroidale Entzündungshemmer sind bei Migräneanfällen wirksam. Von den Entzündungshemmern sind besonders Ibuprofen (Brufen® u.a.), Naproxen (Proxen® u.a.) und Tolfenaminsäure (Clotam®) gut untersucht worden.(1-3) Nach oraler Applikation in üblichen analgetischen Dosen vermindern sie alle nach 1 bis 2 Stunden die Intensität der Kopfschmerzen; in einigen Studien fand sich auch eine Verkürzung der Attackendauer. Auf das Erbrechen haben sie kaum einen Einfluss.
Im Vergleich mit Ergotamin-Coffein-Kombinationen zeigen Tolfenaminsäure und Naproxen eine mindestens gleich gute, Acetylsalicylsäure möglicherweise eine etwas schwächere Wirkung. Die Analgetika verursachen deutlich weniger Erbrechen als Ergotamin.(4-6)
Paracetamol (Panadol® u.a.) ist gegen den Migränekopfschmerz signifikant weniger wirksam als Ibuprofen oder Tolfenaminsäure.(7,8)
Acetylsalicylsäure und die nicht-steroidalen Entzündungshemmer besitzen ein ähnliches Spektrum an unerwünschten Wirkungen. Gastrointestinale Beschwerden kommen oft vor. Magen-Darmblutungen sind unter Acetylsalicylsäure am häufigsten. Regelmässige Einnahme von nicht-steroidalen Entzündungshemmern kann die medikamentöse Blutdruckkontrolle bei Hypertonikern erschweren. Bei gastroduodenalen Ulzera, schweren Nierenerkrankungen und Blutgerinnungsstörungen sind diese Medikamente nicht oder nur mit grosser Vorsicht anzuwenden. Bei dauernder Einnahme ist mit der Chronifizierung der Kopfschmerzen zu rechnen.
Mutterkorn-Alkaloide
Die Ergotalkaloide Ergotamin und Dihydroergotamin wirken als partielle Antagonisten an Noradrenalin-, Dopamin- und Serotoninrezeptoren. Für ihre Wirkung bei Migräne ist möglicherweise die über eine Stimulation des Serotoninrezeptors 5-HT1D vermittelte Vasokonstriktion der zerebralen Arterien verantwortlich. Nach neuesten Untersuchungen können Ergotamin wie auch Sumatriptan durch elektrische Stimulation erzeugte Gefässentzündungen hemmen. Dihydroergotamin unterscheidet sich durch eine weniger ausgeprägte vasokonstriktorische und eine stärkere a-adrenerge Wirkung von Ergotamin. Die Kinetik der Ergotalkaloide ist noch nicht genau bekannt. Ergotamin und Dihydroergotamin werden aus dem Magen-Darmtrakt unvollständig resorbiert und über einen ausgeprägten präsystemischen Metabolismus zu (teilweise biologisch aktiven) Metaboliten abgebaut. Ihre biologische Verfügbarkeit liegt nach oraler und rektaler Applikation im Bereich von 0,5 bis 2% und ist individuell sehr variabel. Mit Ergotamin wird nach oraler Verabreichung nicht immer die Plasmakonzentration erreicht, die für eine therapeutische Wirkung als notwendig erachtet wird. Eine Verbesserung der gastrointestinalen Resorption mit Coffein konnte in verschiedenen Studien nicht sicher belegt werden. Rektal sind therapeutisch wirksame Blutspiegel etwas zuverlässiger zu erreichen. Wenige Untersuchungen mit Sublingualtabletten lassen eine adäquate Resorption als unwahrscheinlich erscheinen.(9) Orale oder rektale Verabreichung von Dihydroergotamin gilt als wenig wirksam. Nach nasaler Applikation beträgt die biologische Verfügbarkeit 35%. Die Ergotalkaloide werden in zwei Phasen ausgeschieden; die zweite Phase dauert bei Dihydroergotamin 15 Stunden und bei Ergotamin über 20 Stunden. Noch 22 Stunden nach einer einmaligen Ergotamin- Dosis konnte eine Verengung peripherer Arterien beobachtet werden. Bei häufiger Einnahme kann Ergotamin kumulieren und zu Ergotismus führen.
In zahlreichen offenen Studien zeigte Ergotamin, meist kombiniert mit Coffein (Cafergot®, oral oder rektal) innerhalb von 1 bis 2 Stunden bei 50 bis 90% der Patienten eine gute bis sehr gute Wirkung. In Doppelblindstudien wurde Ergotamin nur oral getestet. Seine Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo war dabei weniger eindeutig. In einer Studie sprachen 70% der Patienten auf Ergotamin an, 39% auf Placebo.(10) Einer weiteren positiven Studie1 stehen zwei negative gegenüber, in denen Ergotamin nicht besser wirkte als Placebo.(11) Im Vergleich mit Acetylsalicylsäure oder nicht-steroidalen Entzündungshemmern erwies sich Ergotamin als ungefähr gleichwertig. Ergotamin verursachte durchwegs mehr Erbrechen als die Analgetika. Der Zusatz von Belladonna-Alkaloiden und eines Barbiturates verbesserte in offenen Studien die Ergotaminwirkung nicht. In einer Doppelblindstudie wirkte jedoch die Kombination von Ergotamin, Coffein, Barbiturat und Belladonnaextrakt (Cafergot PB®) bezüglich Intensität der Kopfschmerzen und Erbrechen signifikant besser als Ergotamin mit Coffein.(11)
Die Wirksamkeit von Dihydroergotamin in Form eines Nasalsprays (Dihydergot®) wurde in acht placebokontrollierten Studien bei insgesamt 710 Patienten geprüft. Die maximale Dosis pro Attacke betrug jeweils 2 mg, in einer Studie 4 mg.(12) 17% der Studienteilnehmer brachen die Behandlung vorzeitig ab. Insgesamt war die Behandlung mit Dihydroergotamin bei 34 bis 52% der Erkrankten wirksam, mit Placebo bei 20 bis 43%. Nur in fünf von acht Studien wirkte der Dihydroergotamin-Spray signifikant besser als Placebo. Die Attackendauer wurde in zwei von den drei Studien, die dieses Kriterium beurteilten, verkürzt. Bei 191 Patienten war in einer doppelblinden Crossoverstudie kein Unterschied zwischen der Wirkung von 2 mg Dihydroergotamin-Spray und Ergotamin-Coffein (3 mg + 300 mg, oral) erkennbar.(13) Der Spray war gleichermassen wirksam, ob er in der Auraphase oder zwei Stunden nach Beginn der Attacke appliziert wurde. Nachteile des im Handel angebotenen Sprays sind die schwierige Handhabung, die kurze Haltbarkeit einer angebrochenen Ampulle (nur 24 Stunden) und der relativ hohe Preis von 14 Franken pro Ampulle. Dihydroergotamin ist in Kombination mit Coffein und Propyphenazon (Tonopan®) in Tabletten und Suppositorien enthalten. Ob das Alkaloid zur Wirksamkeit der Kombination beiträgt, ist nicht in klinischen Studien belegt worden.
Unerwünschte Wirkungen von Ergotamin: Übelkeit und Erbrechen sind häufig. Als Folge der Vasokonstriktion kommmen vor: Schwäche in den Beinen, Muskelschmerzen und -krämpfe in den Extremitäten, Parästhesien, Angina- pectoris-artige Schmerzen, Tachykardie oder Bradykardie und bei sensiblen Patienten lokalisierte Ödeme und Juckreiz. Nach langdauernder, regelmässiger Anwendung können sich schwere Zirkulationsstörungen (Ergotismus), fibrotische Veränderungen in Pleura und Retroperitonealraum und bei Verwendung von Suppositorien anorektale Ulzerationen und Stenosen entwickeln.
Werden Dosen von 4 bis 6 mg pro Attacke und Tag bzw. 10 mg pro Woche nicht überschritten, sind in der Regel keine Ergotismus-Symptome zu erwarten. Bei sensiblen Personen können jedoch Zirkulationsstörungen schon bei kleineren Dosen (z.B. 8 mg in 10 Tagen) auftreten. Wegen eines erhöhten Risikos vaskulärer Komplikationen ist Ergotamin bei peripheren vaskulären Krankheiten, ischämischen Herzkrankheiten, schwerer Hypertonie, Leberund Nierenerkrankungen, Sepsis und Thrombophlebitis kontraindiziert. Zu vermeiden ist die gleichzeitige Verabreichung von Sympathomimetika oder Makrolid-Antibiotika.
Dihydroergotamin hat ähnliche unerwünschte Wirkungen wie Ergotamin; die vaskulären Komplikationen scheinen aber geringer zu sein. Bei der Verwendung des Nasalsprays können verstopfte Nase, trockene Schleimhäute oder Rhinorrhoe vorkommen.
Zusammenfassend ist somit anzunehmen, dass ein Teil der Migränekranken von einer Therapie mit Ergotalkaloiden profitiert. Voraussetzung dafür ist, dass ein möglichst zuverlässiger Resorptionsweg gewählt wird und dass für jedes Individuum die minimal wirksame und maximal verträgliche Dosis gefunden wird. In der Form von Suppositorien oder als Spray werden die Ergotalkaloide besser resorbiert als in oralen Formen. Dies gilt besonders, wenn die Medikamente erst während des Anfalls verabreicht werden oder wenn die Attacke von Erbrechen begleitet ist. In Anbetracht der langen Halbwertszeiten wurde vorgeschlagen, die bei einer früheren Attacke stufenweise ermittelte wirksame und verträgliche Dosis bei einem weiteren Anfall auf einmal zu verabreichen (siehe Tabelle 1).
Antiemetika
Metoclopramid (Paspertin® u.a.) wird wegen seiner zentralen antiemetischen Wirkung gegen Erbrechen bei Migräneattacken eingesetzt. Ausserdem wirkt sein motilitätsfördernder Effekt der durch die Migräne ausgelösten Gastroparese entgegen. Dadurch wird die Resorptionszeit von Analgetika beschleunigt.(14)
Der Nutzen von Metoclopramid ist in einigen kleinen Studien untersucht worden. Sie zeigen, dass Metoclopramid (20 mg rektal oder 10 mg oral) in Kombination mit Analgetika das Erbrechen wahrscheinlich besser lindert als Analgetika allein. Ein Einfluss von Metoclopramid auf die Kopfschmerzen fand sich nicht.(15-17)
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind Durchfall und Sedation. Bei Kindern und jungen Erwachsenen treten nicht selten innerhalb von 72 Stunden dystonische Reaktionen auf. Nach monatelangem Gebrauch sind reversible parkinsonartige Symptome und Dyskinesien vorgekommen. Kontraindiziert ist Metoclopramid bei gastrointestinalen Obstruktionen, Hämorrhagien oder Perforationen und bei Epilepsie.
Domperidon (Motilium®) besitzt ähnliche Eigenschaften wie Metoclopramid, hat aber den Vorteil, kaum extrapyramidale Symptome hervorzurufen. Domperidon und die verschiedenen in Kombinationspräparaten enthaltenen Antihistaminika sind wenig auf ihre Wirkung bei Migräne untersucht worden.
Kombinationen
Kombinationsmedikamente gegen Migräne enthalten Ergotalkaloide und/oder Analgetika wie Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Propyphenazon, immer in Kombination mit einem zentralwirksamen Arzneimittel wie Coffein oder Codein, meist ergänzt mit einem Antiemetikum aus der Antihistaminikagruppe. Cafergot PB® enthält ein langwirkendes Barbiturat (Butalbital). Wie eine Befragung von 108 Migränepatienten zeigte, sind solche kombinierten Migränemittel, aber auch zahlreiche andere rezeptfreie Schmerzmittel-Kombinationen bei Migränepatienten sehr beliebt. Unter den zwölf am häufigsten verwendeten Medikamenten waren nur zwei Monopräparate, Acetylsalicylsäure an dritter Stelle und Metamizol (Novaminsulfon, Novalgin®) an neunter Stelle.
Alle Kombinationen bringen die Gefahr der Toleranzentwicklung, von psychischer und physischer Abhängigkeit und von Dauerkopfschmerzen mit sich; viele stellen auch ein Risiko für Nieren- und Leberschäden dar. Analgetika und Dihydroergotamin als Monosubstanzen gelten als weniger gefährlich, doch wurden nach regelmässiger Einnahme über längere Zeit ebenfalls Dauerkopfschmerzen beobachtet. Das Absetzen der Medikamente löst ein ausgeprägtes Entzugssyndrom aus, mit massiver Zunahme von Kopfschmerzen über mehrere Tage sowie Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu, Schlafstörungen, Tachykardie, Nervosität und Durchfall. Es gibt in der Literatur wenige Angaben über kritische Medikamentendosen, die zu Abhängigkeit und Kopfschmerzen führen. Ob Ergotamin allein wirklich für Dauerkopfschmerzen verantwortlich ist, kann nicht entschieden werden, da es praktisch nie allein verwendet wird. Am wichtigsten ist wohl, generell nicht häufiger als an zwei Tagen pro Woche bzw. an vier Tagen pro Monat Migränemittel einzunehmen.
Sumatriptan
Sumatriptan (Imigran®) ist ein selektiver Agonist der Serotonin-5-HT1-Rezeptoren, der bisher in der Schweiz nur als (sehr teure) Injektionslösung verfügbar ist. Bei mittelschweren bis schweren Migräneanfällen lindert eine Injektion von 6 mg bei etwa 70% der Patienten Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie die Lichtscheu und Lärmempfindlichkeit. Bei etwa 40% der erfolgreich Behandelten treten nach 24 bis 48 Stunden wieder Migränesymptome auf. Noch unklar ist die Bedeutung von koronar bedingten Beschwerden und Arrhythmien nach Sumatriptaninjektionen. Sumatriptan wurde vor kurzem ausführlicher in pharma-kritik besprochen.(18)
Behandlung schwerer Migräneattacken
Bei schweren, mittels Selbstbehandlung ungenügend beeinflussbaren Kopfschmerzen handelt es sich häufig nicht nur um Migräne, sondern auch um medikamentös induzierte Dauerkopfschmerzen oder zusätzliche Spannungskopfschmerzen.
Die bisher in solchen Fällen angewandten Verfahren sind kaum in kontrollierten Studien untersucht worden. Verschiedene Autoren empfehlen unter anderem Dihydroergotamin (1 bis 2 mg i.m.), Lysinacetylsalicylat (Aspégic®, 500 mg i.v.), Tenoxicam (Tilcotil®, 20 mg i.v.), Metamizol (500 mg i.v.), eventuell mit Chlorpromazin (Largactil®), Diazepam (Valium® u.a.) oder Metoclopramid kombiniert. Keine dieser Therapien ist problemlos. Von der Anwendung von Opioiden wird wegen der Suchtgefahr abgeraten. Es ist denkbar, dass Sumatriptan bei schweren Anfällen alle diese Therapien verdrängen wird.
Therapierichtlinien
Die Auswahl der Medikamente, die Dosierung und dieApplikationsform müssen für jeden Patienten aufgrundvon Erfahrungen, kinetischen Überlegungen und Risikobeurteilungindividuell zugeschnitten werden.
Wenn nicht-medikamentöse Massnahmen keine Hilfe bringen,kann vorerst Acetylsalicylsäure oder einer der modernerenEntzündungshemmer eingesetzt werden. Im Vergleichmit diesen Substanzen hat sich Ergotamin in kontrolliertenStudien nicht grundsätzlich überlegen gezeigt. Dennoch istbei Attacken, die nicht auf Schmerzmittel/Entzündungshemmeransprechen, ein Versuch mit Ergotaminpräparatenangezeigt. Bei Unverträglichkeit von Ergotamin stellt Dihydroergotaminals Nasalspray eine Alternative dar. Die chronischeoder gehäufte Anwendung all dieser Präparate sollteunbedingt vermieden werden.
Um Erbrechen zu mildern, kann Metoclopramid oderallenfalls ein anderes Antiemetikum eingesetzt werden.Sumatriptan bleibt vorläufig am besten für schwere Migräneanfälle,die nicht auf andere Medikamente ansprechen,reserviert.
Es ist wichtig, eine Applikationsart zu wählen, die auchwährend der Attacke eine zuverlässige Resorption gewährleistet.Besonders bei Erbrechen oder Unwirksamkeitoraler Medikamente sind Suppositorien oder Sprayund bei schweren Attacken die Injektion vorzuziehen.
Zur Vorbeugung des Medikamentenabusus ist es wichtig,die Patienten schon zu Beginn der Therapie über dieGefahren des übermässigen Medikamentenkonsums aufzuklärenund möglichst keine Kombinationspräparate mitzentralwirksamen Arzneistoffen zu empfehlen. Der Ratschlag,die Medikamente gleich bei den ersten Anzeicheneinzunehmen, fördert zwar die Wirksamkeit im Anfall,erhöht aber die Einnahmehäufigkeit und damit die Gefahrder Abhängigkeit.
Neben der Anfallsbehandlung darf die Intervallbehandlung,die in vielen Fällen nicht-medikamentöser Natursein kann, nicht vernachlässigt werden.
Literatur
- 1) Hakkarainen H et al. Lancet 1979; 2: 326-7
- 2) Todd PA,lissold SP. Drugs 1990; 40: 91-137
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- 4) Sargent JD et al. Headache 1988; 28: 263-6
- 5) Pradalier A et al. Caphalalgia 1985; 5: 107-13
- 6) Hakkarainen H et al. J Clin Pharmacol 1980; 20: 590-5
- 7) Pearce I et al. Practitioner 1983; 227: 465-7
- 8) Larsen BH et al. Acta Neurol Scand 1990; 81: 464-7
- 9) Perrin VL. Clin Pharmacokin 1985; 10: 334-52
- 10) Ostfeld AM. J Med Sci 1961; 241: 192-8
- 11) Friedman AP et al. Clin Ther 1989; 11: 170-82
- 12) Scott AK. Clin Neuropharmacol 1992; 15: 289-96
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- 15) Tokola RA et al. Cephalalgia 1984; 4: 253-63
- 16) Tfelt-Hansen P et al. J Neurol Neurosurg Psychiat 1980; 43: 369-71
- 17) Tfelt-Hansen P, Olesen J. Cephalalgia 1984; 4: 107-11
- 18) Beutler M. pharma-kritik 1993; 15: 15-6
Standpunkte und Meinungen
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