Keine Antibiotika bei akuter Sinusitis
- a -- Smith SR, Montgomery LG, Williams JW. Treatment of mild to moderate sinusitis. Arch Intern Med 2012 (26. März); 172: 510-3 [Link]
- Zusammenfassung: Peter Schläppi
- infomed screen Jahrgang 16 (2012)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 30. Juli 2012 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Die «National Physicians Alliance» in den USA hat eine Liste mit Empfehlungen zu den fünf wichtigsten Bereichen der medizinischen Grundversorgung erstellt, bei denen mit wenig Aufwand eine deutliche Qualitätsverbesserung und gleichzeitig eine sinnvolle Nutzung von limitierten Ressourcen erreicht werden kann. Einer dieser Punkte betrifft die Behandlung der akuten Sinusitis, die einen sehr häufigen Konsultationsgrund darstellt: auf ihr Konto gehen in den USA 20 Millionen Konsultationen jährlich und rund ein Fünftel der Antibiotikaverschreibungen im ambulanten Bereich. Hier werden die wissenschaftlichen Daten präsentiert, auf welche sich die Empfehlungen dazu abstützen.
Aus den letzten zehn Jahren wurden vier Meta-Analysen von randomisiert-kontrollierten Studien gefunden, in welchen der Einsatz von Antibiotika gegenüber Placebo bei akuter, «moderater» Sinusitis untersucht worden war. «Akut» wurde dabei definiert als typische Symptome (klarer oder eitriger Nasenfluss, Gesichts- oder Zahnschmerzen im Bereich der Nasennebenhöhlen und die damit verbundenen typischen Untersuchungsbefunde) von bis sieben Tagen Dauer, «moderat» als Sinusitis ohne hohes Fieber und ohne sehr starke Schmerzen. Dabei zeigte sich, dass Antibiotika höchstens in der zweiten Woche zu einem leichten klinischen Vorteil gegenüber Placebo (7% bis 14% höhere Besserungsrate) führen, in der ersten Woche aber unnütz sind und unnötig Durchfall, Kosten und Resistenzprobleme verursachen.
Diese Erkenntnisse sind nicht neu, die – wohl auch bei uns – weiterhin hohen Verschreibungszahlen jedoch ein Skandal. In einer kürzlich aktualisierten Beurteilung der Datenlage durch «Clincal Evidence» (2. Dezember 2011) zu diesem Thema wurde die akute Sinusitis als «typische Symptome weniger als vier Wochen» definiert – auch hier konnten kaum Belege für einen rationalen Einsatz von Antibiotika gefunden werden: Kaum einen Nutzen für Amoxicillin und Tetrazykline, keinen für Cephalosporine und Makrolide. Dass Ärztinnen und Ärzte bei akuter Sinusitis, die ja zu über 90% durch Viren verursacht wird, noch immer nicht auf Antibiotika verzichten, stellt unter anderem auch der Art, wie sie sich fortbilden und Erkenntnisse in die Praxis umsetzen, kein gutes Zeugnis aus. Farbige Firmenprospekte, charmante Pharmavertreterinnen und -vertreter oder unverblümtes Eigeninteresse scheinen immer noch attraktiver zu sein als wissenschaftliche Resultate.
Zusammengefasst von Peter Schläppi
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