Cystatin C bei chronischer Niereninsuffizienz
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Marco Miozzari
- infomed screen Jahrgang 15 (2011)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 29. August 2011 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Die chronische Niereninsuffizienz ist assoziiert mit Nierenversagen, vorzeitiger Sterblichkeit und kardiovaskulären Erkrankungen. Für die Diagnose und Verlaufskontrolle der chronischen Niereninsuffizienz dient klassischerweise die Bestimmung der Kreatininkonzentration im Serum, welche allerdings von Muskelmasse, Alter und Ethnie abhängig ist. Die Verantwortlichen der vorliegenden Studie untersuchten, inwieweit alternative Marker der Niereninsuffizienz wie die Albumin-Kreatinin-Ratio (ACR) im Urin oder die Cystatin-C-Serum-Konzentration (Cys C) die Diagnose, Klassifikation sowie Voraussage der Prognose bei chronischer Niereninsuffizienz zu verbessern vermögen.
Methoden
Bei 26'643 Teilnehmenden einer grossen, bevölkerungsbasierten Kohortenstudie aus den USA im Alter von mindestens 45 Jahren wurden folgende prognostische Indikatoren bestimmt: einerseits die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (GFR, Normwert über 60 ml/min/1,73m2), berechnet anhand der Serumwerte von Kreatinin und von Cys C, anderseits ACR im Urin (Normwert unter 30 mg/g). Diese wurden im weiteren Verlauf hinsichtlich ihrer Voraussagekraft zu den Endpunkten «Gesamtmortalität» und «Auftreten einer terminalen Niereninsuffizienz» beurteilt.
Ergebnisse
Während der Beobachtungszeit von durchschnittlich 4,6 Jahren starben 1'940 der untersuchten Personen und 177 entwickelten eine terminale Niereninsuffizienz. 2'904 Personen qualifizierten sich aufgrund eines erhöhten Kreatininwertes für eine chronische Niereninsuffizienz – bei 701 davon war nur das Kreatinin, bei 148 zusätzlich ACR, bei 1'172 zusätzlich Cys C und bei 883 alle drei Biomarker erhöht. War nur das Kreatinin erhöht, war die Mortalität vergleichbar mit derjenigen von Personen mit drei normalen Werten. Waren jedoch Kreatinin und einer der beiden anderen Marker erhöht, so stieg die Mortalität um den Faktor 4,4. Waren alle drei Biomarker im pathologischen Bereich, so nahm die Sterblichkeit um den Faktor 7,8 und das Risiko, eine terminale Niereninsuffizienz zu entwickeln, gar um den Faktor 103 zu. Bei 3'863 Personen musste trotz normalem Kreatinin – aufgrund einer Erhöhung von Cys C und/oder ACR – eine chronische Niereninsuffizienz vermutet werden, was ebenfalls mit einer erhöhten Sterblichkeit und einem erhöhten Risiko, eine terminale Niereninsuffizienz zu entwickeln, einherging.
Schlussfolgerungen
Werden bei Verdacht auf eine chronische Niereninsuffizienz zusätzlich zum Kreatinin auch die Albumin-Kreatinin-Ratio und das Cystatin C bestimmt, so erhöht dies die Voraussagekraft hinsichtlich der Mortalität und dem Risiko, eine terminale Niereninsuffizienz zu entwickeln.
Zusammengefasst von Franz Marty
Der Ansatz der vorliegenden Studie ist nicht neu. 2009 wurde die Albumin-Kreatinin-Ratio (ACR) im Studienmodell der chronischen Nierenerkrankung zur besseren Prognoseabschätzung integriert. Peralta et al. schlagen nun zusätzlich zu Kreatinin und ACR die Bestimmung von Cystatin C (Cys C) vor. Die Datenlage zur diagnostischen und prognostischen Bedeutung von Cys C ist recht solide: Cys C erfasst eine beginnende Niereninsuffizienz sensitiver als Kreatinin und es besteht ein linearer Zusammenhang zur kardiovaskulären und zur Gesamtmortalität von Nierenpatienten, was für das Kreatinin nur in den höheren Stadien gilt. Interessanterweise ist Cys C auch unabhängig von der Nierenfunktion mit kardiovaskulären Ereignissen und Tod sowie mit konventionellen kardiovaskulären Risikofaktoren assoziiert.
Dem Einzug von Cys C als renaler und kardiovaskulärer Risikomarker in die Routine der medizinischen Grundversorgung stehen dennoch ein paar Hürden im Wege. Die wichtigsten dürften die Kosten (die Bestimmung von Cys C kostet mehr als das Achtfache von Kreatinin!) und die Komplexität des kombinierten Risikomarkers sein. Zudem ist die Frage noch offen, ob und zu welchem Preis die aufwendigere Risikostratifizierung zu einem besseren Patientenmanagement und zu einem klinisch relevanten Nutzen für die Patienten führen würde.
Marco Miozzari
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