Weniger geburtshilfliche Eingriffe bei Wassergeburt
- r -- Cluett ER, Pickering RM, Getliffe K et al. Randomised controlled trial of labouring in water compared with standard of augmentation for management of dystocia in first stage of labour. BMJ 2004 (7. Februar); 328: 314-8 [Link]
- Zusammengefasst von:
- Kommentiert von: Niklaus Deseö
- infomed screen Jahrgang 8 (2004)
, Nummer 5
Datum der Ausgabe: Mai 2004 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Ein ungenügendes Fortschreiten der Geburt (Dystokie) ist Ursache für 20% der Kaiserschnitte und 40% der instrumentellen Entbindungen. Die Behandlungsstrategien bei Dystokie sind sehr unterschiedlich und schlecht miteinander vergleichbar. Ein Wasserbad kann Gebärende beruhigen und die Schmerzen lindern, was möglicherweise zu einem besseren Geburtsverlauf führt. In einer Machbarkeitsstudie verglich man die Wassergeburt bei Erstgebärenden mit Dystokie mit einer üblichen Wehenunterstützung.Methoden
An einer grossen englischen Universitätsklinik wurden 99 Erstgebärende mit einer Dystokie (Zervixdilatation von weniger als 1 cm/h) randomisiert zwei gleich grossen Gruppen zugeteilt. Die Gebärenden der ersten Gruppe erhielten eine Wehenunterstützung mit Blasensprengung und/oder einer Infusion mit Oxytocin (Syntocinon®), die Frauen der zweiten Gruppe wurden während der weiteren Eröffnungsphase in einer Gebärwanne (bei einer Temperatur von 36° bis 37°) betreut. In beiden Gruppen war eine Hebamme einer Gebärenden zugeteilt. Primärer Endpunkt war die Häufigkeit einer Periduralanästhesie und eines operativen Geburtseingriffes, sekundäre Endpunkte die Morbidität von Mutter und Kind.
Ergebnisse
Die Frauen mit der herkömmlichen Behandlung brauchten häufiger eine Periduralanästhesie als die Frauen in der Gebärwanne (66% gegenüber 47%). Operative Geburtseingriffe (Kaiserschnitt, Zangenextraktion) waren in beiden Gruppen gleich häufig (etwa 50%). Mindestens eine geburtshilfliche Intervention (Blasensprengung, Oxytocin, Periduralanästhesie oder operativer Geburtseingriff) erhielten in der Gruppe mit herkömmlicher Behandlung 98% gegenüber 80% in der Gebärwanne. In der «Wasser»-Gruppe mussten mehr Kinder auf der Intensivstation betreut werden (6 gegenüber 0); der Apgar-Index nach der Geburt, der Nabelschnur-pH und die Infektionshäufigkeit waren aber in beiden Gruppen gleich.
Schlussfolgerungen
Die Gebärwanne ist eine Alternative bei langsamem Geburtsverlauf. Verglichen mit herkömmlichen Methoden zur Wehenunterstützung werden weniger geburtshilfliche Interventionen notwendig.
Zusammengefasst von Peter Koller
Es ist bekannt, dass man während einer Eröffnungsperiode in der Gebärwanne mit weniger Analgetika bzw. Periduralanästhesien auskommt. Dass aber das warme Wasser bei protrahiertem Geburtsverlauf in gut 20% der Fälle die Oxytocin-Gabe oder die Amniotomie ersetzt, ist neu. Es stimmt nachdenklich, dass nur die Neugeborenen der «Wasser»-Gruppe in über 10% der Fälle (in einem low-risk-Kollektiv!) mindestens vorübergehend auf die Neonatologie verlegt werden mussten, ein Drittel davon wegen Unterkühlung. Wie schwierig die praktische Durchführung einer solchen Studie ist, zeigt schon die Tatsache, dass von 3'825 Erstgebärenden nur 99 Frauen daran teilgenommen haben.Standpunkte und Meinungen
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