Progesteron verhindert Frühgeburten

  • r -- Meis PJ, Klebanoff M, Thom E et al. Prevention of recurrent preterm delivery by 17 alpha-hydroxyprogesterone caproate. N Engl J Med 2003 (12. Juni); 348:2379-85 [Link]
  • Kommentar: Daniel Passweg
  • infomed screen Jahrgang 7 (2003) , Nummer 9
    Publikationsdatum: 1. September 2003
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Studienziele

Frauen, welche ein Kind vor der vollendeten 37. Schwangerschafts- Woche (SSW) geboren haben, haben bei einer weiteren Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko für eine erneute Frühgeburt. Es bestand bisher wenig Evidenz, dass medikamentöse Interventionen dieses Risiko zu vermindern mögen. Immerhin zeigte ein Teil der Studien, bei welchen Progesteron einsetzt wurde, einen Nutzen. In dieser Studie wurde dieses Thema erneut aufgegriffen.

Methoden

In die Studie aufgenommen wurden Frauen, die einmal ein Kind vor vollendeter 37. SSW zur Welt gebracht hatten und erneut schwanger waren (16. bis 20. SSW). Sie erhielten bis zur 36. SSW wöchentlich eine intramuskuläre Injektion mit 250 mg 17-alpha-Hydroxyprogesteroncaproat (kein Präparat in der Schweiz) bzw. Placebo. Primärer Endpunkt war eine erneute Frühgeburt.

Ergebnisse

463 Frauen konnten randomisiert werden, 310 erhielten Progesteron, 153 Frauen Placebo. In der Progesteron-Gruppe kamen 36% Prozent der Kinder vor der 37. SSW auf die Welt, verglichen mit 55% in der Placebo-Gruppe (Unterschied signifikant; NNT von 6). 27% der Mütter unter Progesteron brachten ein Baby unter 2500 g auf die Welt, verglichen mit 41% der Frauen der Placebogruppe. Kindliche Frühgeburtskomplikationen wie Tachypnoe, Atemnotsyndrom, Retinopathie, offener Ductus arteriosus Botalli und Todesfälle in der Neugeborenenperiode wurden bei den Kindern, deren Mütter Progesteron erhielten, jeweils etwa halb so häufig beobachtet wie in der Kontrollgruppe, die Unterschiede erreichten aber nur bezüglich Sauerstoffgabe, nekrotisierender Enterokolitis und ventrikulärer Blutungen statistische Signifikanz. Häufigste unerwünschte Wirkungen waren lokale Reaktionen nach den Injektionen (bei mehr als einem Drittel der Schwangeren).

Schlussfolgerungen

Wöchentliche Injektionen von 17-alpha-Hydroxyprogesteron reduzieren bei Frauen, welche früher bereits eine Frühgeburt hatten, das Risiko einer erneuten Geburt vor vollendeter 37. Schwangerschaftswoche.

Allen Bemühungen zum Trotz konnte bisher die Frühgeburtenrate nicht relevant gesenkt werden. Machen wir hier einen Schritt nach vorne? Mit dieser grossen Doppelblindstudie bei Schwangeren mit hohem Risiko für Frühgeburtlichkeit wird gezeigt, dass die Frühgeburtenrate mit einem intramuskulär verabreichten Progesteronmetaboliten signifikant gesenkt wird. Die «number needed to treat» beeindruckt: Auf 5 bis 6 Behandlungen wird eine Frühgeburt verhindert. Zwar bleibt auch in der Behandlungs- Gruppe die Frühgeburtenrate hoch (36% gegenüber 55% in der Placebo-Gruppe). Dafür sind Nebenwirkungen im Gegensatz zu anderen prophylaktischen Massnahmen (Cerclage, Tokolyse) beim natürlichen Gestagen vernachlässigbar. Die vaginale Progesterongabe mit markterhältlichen Kapseln (Utrogestan®; 1mal 100 mg täglich) ist eine gangbare Alternative zur intramuskulären Applikation, welche in der Schweiz nicht zugelassen ist.

Daniel Passweg

1 da Fonseca EB, Bittar RE, Carvalho MH et al. Prophylactic administration of progesterone by vaginal suppository to reduce the incidence of spontaneous preterm birth in women at increased risk: a randomized placebo-controlled doubleblind study. Am J Obstet Gynecol 2003 (Februar); 188: 419-24

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Progesteron verhindert Frühgeburten ( 2003)