Oxytocin oder Misoprostol bei Nachgeburts- Blutung?

  • r -- Gulmezoglu AM, Villar J, Ngoc NT et al. WHO multicentre randomised trial of misoprostol in the management of the third stage of labour. Lancet 2001 (1. September); 358: 689-95 [Link]
  • Zusammenfassung:
  • Kommentar: Daniel Passweg
  • infomed screen Jahrgang 6 (2002) , Nummer 1
    Publikationsdatum: 1. Januar 2002
  • PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)

Studienziele

Blutungen sind eine der Hauptursachen für Komplikationen und Todesfälle nach einer Geburt. Misoprostol (Cytotec®), ein Prostaglandin-E1-Derivat, das zur Behandlung von Magenulzera registriert ist, regt wie Oxytocin (Syntocinon®) das Myometrium zu Kontraktionen an. Es kann oral gegeben werden und ist kostengünstiger als Oxytocin. In dieser multizentrischen Studie wurde untersucht, ob die beiden Medikamente eine vergleichbare Wirkung in der Prophylaxe von Nachgeburts- Blutungen haben.

Methoden

18'530 Frauen aus 9 Ländern wurden in diese Doppelblindstudie aufgenommen. Nach dem Zufallsprinzip erhielten 9'264 Frauen oral 600 mg Misoprostol sowie eine Placebo- Injektion und 9'266 Frauen parenteral 10 IE Oxytocin sowie ein orales Placebo. Verabreicht wurden die Medikamente unmittelbar nach der Geburt. Primärer Endpunkt war ein Blutverlust von über 1 Liter. Daneben wurde der Einsatz von zusätzlichen Uterotonika und das Auftreten von Nebenwirkungen registriert.

Ergebnisse

Die Daten von 9'227 Frauen, welche Misoprostol erhielten und von 9'232 Frauen, welchen Oxytocin verabreicht wurde, konnten evaluiert werden. Blutverluste von über einem Liter traten unter Misoprostol häufiger auf als unter Oxytocin (4% gegen 3%). Unter Misoprostol war das Blutungsrisiko durchschnittlich um 39% höher als unter Oxytocin (CI 95% 19- 63%). Bei 15% der Frauen der Misoprostolgruppe und bei 11% der Frauen unter Oxytocin mussten zusätzliche Uterotonika verabreicht werden. Misoprostol führte signifikant häufiger zu Schüttelfrösten (18% gegen 5%) und Körpertemperaturen über 38°C (6% gegen 0,8%) in der ersten Stunde nach der Geburt. 

Schlussfolgerungen.

In der Nachgeburtsphase verhindern 10 IE Oxytocin parenteral Nachblutungen wirksamer als 600 mg Misoprostol oral. (BW)

In der Plazentarperiode ist die Mutter durch die atone Blutung gefährdet. Zur aktiven Leitung dieser Geburtsphase gehört die prophylaktische Gabe von Uterotonika. Oxytocin parenteral ist auf Grund dieser Studie besser als Misoprostol per os. In modernen Kliniken, wo der intravenöse Zugang unter der Geburt obligat ist, kann weiter Oxytocin verabreicht werden. Bei allen Geburten, die ausserhalb von modernen Kliniken stattfinden, ist Misoprostol eine hervorragende Alternative, sei es in der Prophylaxe oder besonders in der Therapie der atonen Blutung: 800 mg Misoprostol rektal (= 4 Tabletten Cytotec ®) als Sofortmassnahme!(1)

Daniel Passweg


1    Lokugamage AU, Sullivan KR, Niculescu I et al. A randomized study comparing rectally administered misoprostol versus Syntometrine combined with an oxytocin infusion for the cessation of primary post partum hemorrhage. Acta Obstet Gynecol Scand 2001 (September); 80: 835-9

Standpunkte und Meinungen
  • Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
infomed-screen 6 -- No. 1
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Oxytocin oder Misoprostol bei Nachgeburts- Blutung? ( 2002)