Ondansetron reduziert Alkoholkonsum
- Kommentar: Urs Nille
- infomed screen Jahrgang 4 (2000)
, Nummer 9
Publikationsdatum: 1. Oktober 2000 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Serotoninerge 5-HT3-Rezeptoren im limbischen System scheinen an den Wirkungen beteiligt zu sein, die Alkohol im Gehirn erzeugt. Die Blockierung dieser Rezeptoren hat in verschiedenen Tierversuchen zu einer Verminderung des Alkoholkonsums geführt. Frühes Auftreten der Alkoholkrankheit ist assoziiert mit einer Serotonindysfunktion. In dieser Studie wurde geprüft, ob Ondansetron (Zofran®) bei der Alkoholentwöhnung hilft und ob zwischen Personen, die früh bzw. spät zu trinken begonnen haben, ein Unterschied besteht.
Methoden
Die Studie wurde doppelblind durchgeführt und umfasste 271 Personen im Alter von 25 bis 65 Jahren, die – als Ausdruck einer Alkoholkrankheit – im «Michigan Alcoholism Screening Test» über fünf Punkte aufwiesen, mindestens die Menge von drei sogenannten Standarddrinks konsumierten und mit dem Trinken aufhören wollten. Es wurden vier Gruppen gebildet, in denen drei verschiedene Ondansetron-Dosen (2mal täglich 1, 4 oder 16 mg/kg) während elf Wochen Placebo gegenübergestellt wurden. Um die Compliance zu überprüfen, war allen Kapseln Riboflavin zugesetzt, das dann im Urin nachgewiesen werden konnte. Alle Personen erhielten zudem eine kognitiv-verhaltenstherapeutische Unterstützung.
Ergebnisse
Bei den Personen, die früh zu trinken begonnen hatten, zeigte sich unter allen drei Dosierungen von Ondansetron eine deutliche Reduktion der Trinkmenge, mit den beiden höheren Dosierungen auch eine Zunahme der Abstinenzrate. Mit der Ondansetron-Dosis von 4 mg/kg/Tag blieben die Personen durchschnittlich an 70% der Tage abstinent, mit Placebo durchschnittlich an 50% der Tage. Bei Personen, die spät mit dem Trinken angefangen hatten, konnte bezüglich der Abstinenzrate kein Unterschied zwischen Ondansetron und Placebo nachgewiesen werden.(FT)
Schlussfolgerungen
Bei Personen, die jung zu trinken begonnen haben, scheint Ondansetron ein nützliches Mittel zu sein, um eine Abstinenz zu unterstützen; als wirksamste Dosis hat sich 4 mg/kg 2mal täglich erwiesen.
Obwohl im menschlichen Gehirn keine Äthanolrezeptoren existieren, vermag Alkohol – vor allem bei chronischer Zufuhr – spezifische Veränderungen in bestimmten Neurotransmittersystemen zu bewirken. Mit dieser Erkenntnis drängte sich auch der Gedanke auf, dass Zusammenhänge zwischen angeborenen Neurotransmitterbesonderheiten, der Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen und deren Anfälligkeit für eine Suchtentwicklung bestehen könnte. Gelänge es, diese aufzudecken – wovon man noch weit entfernt ist –, würde es eher möglich, die einzelnen Typen von Alkoholabhängigen mit spezifischeren und damit möglicherweise wirksameren Medikamenten zu behandeln. In diesem Sinne sind solche Studien Schritte auf dem richtigen Weg. Auch Ondansetron wird gezielte psychotherapeutische Interventionen, die sich mit dem individuellen Problemen der einzelnen Suchtkranken befassen, nicht überflüssig machen, diese aber für eine spezifische Personengruppe sinnvoll ergänzen können.
Urs Nille
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