Influenzakomplikationen häufiger bei Kleinkindern
- Kommentar: Werner Wunderli
- infomed screen Jahrgang 4 (2000)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 1. März 2000 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
In den USA stellen respiratorische Infekte bei Kindern die häufigste Ursache für Arztbesuche und Spitaleinlieferungen dar. In den beiden vorliegenden Studien wurde untersucht, wie die Influenza die Häufigkeit von Arztbesuchen und Hospitalisationen beeinflusst.
Methoden
Die erste Studie wurde in den Jahren 1974 bis 1993 durchgeführt und umfasste Kinder, die unter 15 Jahren alt und dem «Medicaid-Programm» in Tennessee angeschlosssen waren. Man untersuchte, wie häufig während der Influenzasaison kardiopulmonale Erkrankungen auftraten, die zu einem Arztbesuch oder zu einer Hospitalisation führten. Diese Rate wurde mit derjenigen der übrigen Jahreszeit verglichen.
Die zweite Studie fand zwischen 1992 und 1997 bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren statt, die dem «Medical Care Programm» der Regionen San Francisco und Seattle angehörten. Es wurde untersucht – abhängig von der Saison –, wieviele Kinder wegen einer akuten Atemwegserkrankung hospitalisiert werden mussten. Ferner wurde erfasst, ob prädisponierende Erkrankungen (z.B. chronische Lungenkrankheiten) vorhanden waren. Mit Daten aus virologischen Labors wurde zudem festgestellt, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt Influenza- oder RS-Viren («Respiratory-Syncytial»-Viren) als Erreger dominierten.
Ergebnisse
In der ersten Studie wurden in den 19 Jahren über 2 Mio. Personenjahre erfasst. 46‘690 Hospitalisationen wurden verzeich-net, von denen 28% während der Influenzasaison stattfanden. Kinder aller Altersgruppen wurden während der entsprechenden Monate häufiger hospitalisiert, wobei die Hospitalisationsrate mit zunehmendem Alter abnahm: Bei den Kindern unter 6 Monaten führten akute kardiopulmonale Erkrankungen zu 104 zusätzlichen Hospitalisationen pro 10‘000 Kinder und Jahr; bei den 5- bis 15jährigen waren es 4 Hospitalisationen. Durch die Influenza wurden je nach Alterskategorie 6 bis 15 zusätzliche Arztbesuche und 3 bis 9 zusätzliche Antibiotikabehandlungen verursacht (pro 100 Kinder und Jahr).
In der zweiten Studie ergab sich für Kinder, die nicht unter zusätzlichen Krankheiten litten, folgendes: Kindern, die jünger als 2 Jahre waren, wiesen ein 12mal höheres Risiko auf, wegen einer Atemwegserkrankung hospitalisiert zu werden, als Kinder und Jugendliche, die zwischen 5 und 17 Jahre alt waren. Durch die Influenza wurden bei Kleinkindern 127 bis 151 zusätzliche Hospitalisationen pro 100‘000 Personenmonate hervorgerufen; bei den älteren Kindern lag diese Rate ein Mehrfaches darunter.
Schlussfolgerungen
Die Influenza ist auch bei Kindern ein wichtiger Grund für Konsultationen in der Arztpraxis und für Antibiotikaverschreibungen. Kleinkinder haben gegenüber älteren Kindern ein deutlich grösseres Risiko, dass sie wegen einer grippebedingten Atemwegserkrankung hospitalisiert werden müssen.
Die erste Studie zeigt eindeutig, dass das Risiko für Komplikationen umso höher ist, je jünger die Kinder sind. Kinder unter 1 Jahr erreichen eine Komplikationshäufigkeit, welche mit derjenigen von Erwachsenen mit Risikofaktoren zu vergleichen ist. Dieses Risiko nimmt jedoch sehr schnell ab mit zunehmendem Alter der Kinder. Die Studie zeigt auch, dass wegen der Grippe zusätzliche Hausbesuche und eine erhöhte Verschreibung von Antibiotika erfolgten. Leider sind die üblichen Impfstoffe für Kleinkinder nicht zugelassen und bei Kindern nicht ohne zusätzliche Probleme anzuwenden. Nasale Impfstoffe würden zum Beispiel die Anwendung bei Kleinkindern sicher erleichtern. In der gleichen Periode, in der Grippeviren auftreten, können Infektionen mit RS-Viren recht häufig sein. Die zweite Studie trägt diesem Punkt Rechnung, indem die Epidemien und deren Folgen von Influenza- und RSViren getrennt untersucht wurden. Es wurde festgestellt, dass die Häufigkeit von Hospitalisationen wegen akuten respiratorischen Erkrankungen bei Kindern unter 2 Jahren etwa 12mal höher war als bei Kindern zwischen 5 und 17 Jahren. Auch diese Arbeit liefert klare Hinweise, dass die Grippeerkrankung bei Kleinkindern nicht zu unterschätzen ist.
Werner Wunderli
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