Neugeborene nicht zu früh nach Hause entlassen
- k -- Lock M, Ray JG. Higher neonatal morbidity after routine early hospital discharge: are we sending newborns home too early? CMAJ 1999 (10. August); 161: 249-53 [Link]
- Kommentar: Hans-Ulrich Bucher
- infomed screen Jahrgang 3 (1999)
, Nummer 9
Publikationsdatum: 1. Oktober 1999 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Seit einigen Jahren besteht der Trend, Mütter und ihre Neugeborenen nach einer unkomplizierten Geburt immer früher nach Hause zu entlassen. Einerseits wird die Auffassung vertreten, dass die Geburt ein natürliches Ereignis ist. Andererseits können durch eine verkürzte Hospitalisation Kosten gespart werden. Es gibt aber kleinere Untersuchungen, die zeigen, dass eine frühe Entlassung zu häufigeren Wiedereintritten führen kann. Die Autoren wollten diese Frage an einem grösseren Kollektiv klären.
Methoden
In dieser retrospektiven Studie wurden die Auswirkungen einer Guideline an einer Klinik in Toronto untersucht. Diese Guideline hatte zum Ziel, die Neugeborenen innerhalb von 24 Stunden nach Hause zu entlassen. Bei rund 7'000 Neugeborenen – 6'000 vor, 1'000 nach Einführung der Guideline – wurde überprüft, ob sie innerhalb eines Monats nach Entlassung wieder hospitalisiert werden mussten.
Ergebnisse
Schon vor Einführung der Guideline (1994-1996) hatte die Aufenthaltsdauer der Neugeborenen von durchschnittlich 2,25 auf 1,88 Tage abgenommen. Nach Einführung der Guideline wurden die Säuglinge im Mittel 1,62 Tage nach der Geburt nach Hause entlassen. Vor Einführung der Guideline betrug die Häufigkeit der Wiedereintritte in den ersten sieben Tagen nach Entlassung 4,7%, innerhalb von 30 Tagen 6,7%. Nach Einführung der Guideline waren es 10,9% bzw. 11,7%. Häufigster Grund für einen Wiedereintritt war ein Neugeborenen-Ikterus (3,1% bzw. 8,6%).
Schlussfolgerung
Wenn Säuglinge nach der Geburt zuwenig lange im Spital beobachtet werden, müssen sie häufiger rehospitalisiert werden. Die optimale Hospitalisationsdauer, die einerseits die Kosten tief hält und andererseits eine möglichst gute Pflege der Neugeborenen gewährleistet, kann mit dieser Studie noch nicht angegeben werden, dürfte aber kaum unter 24 bis 36 Stunden betragen.
In der Schweiz bleiben Wöchnerinnen nach komplika-tionsloser Spontangeburt 3 bis 5 Tage im Spital, also deutlich länger als in der Kontrollperiode in dieser Studie. Die Zeit wird genutzt zur Beobachtung des Kindes, für das Screening nach seltenen Stoffwechselkrankheiten, zum Anlernen der Mutter in der Babypflege und beim Stillen. Die meisten medizinischen Probleme können so früh erkannt und rechtzeitig behandelt werden. Deshalb ist eine Rehospitalisation im ersten Monat eine grosse Ausnahme (unter 1% verglichen mit 6,7% und 11,7% in dieser Studie). Die kanadischen Erfahrungen sind eine Warnung, dass das Wochenbett nicht beliebig verkürzt werden kann.
Hans Ulrich Bucher
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