Kann man Metaanalysen trauen?
- m -- Jüni P, Witschi A, Bloch R, Egger M. The hazards of scoring the quality of clinical trials for meta-analysis. JAMA 1999 (15. September); 282: 1054-60 [Link]
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 3 (1999)
, Nummer 9
Publikationsdatum: 1. Oktober 1999 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Bei der Durchführung einer Metaanalyse müssen die Qualitäten der vorhandenen Einzelstudien gewichtet werden. Mindestens 25 zum Teil sehr unterschiedliche Skalen zur Beurteilung der Studienqualität sind bekannt. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, wie sich verschiedene Skalen auf die Resultate einer früher von anderen Autoren veröffentlichten Metaanalyse auswirken.
Methoden
Basis der Studie war eine 1992 veröffentlichte Metaanalyse, in der 17 Studien zur postoperativen Heparinanwendung analysiert wurden.1 Diese konnte nur dann einen Vorteil niedermolekularer Heparine gegenüber unfraktioniertem Heparin zeigen, wenn auch Einzelstudien geringerer methodologischer Qualität berücksichtigt wurden. Die in dieser Metaanalyse berücksichtigten Studien wurden neu mit den erwähnten 25 Beurteilungsskalen gewertet. Aufgrund dieser Wertungen wurden die Studien als qualitativ hoch- bzw. geringwertig eingeteilt und für beide Gruppen das relative Risiko einer tiefen Venenthrombose unter niedermolekularem bzw. unfraktioniertem Heparin errechnet. Speziell wurde untersucht, wie sich die Qualität von 3 Schlüsselelementen (Verblindung bezüglich Behandlungszuteilung und -resultat sowie Berücksichtigung von Studienabbrüchen) auswirkte.
Ergebnisse
Je nach Beurteilungsskala ergab sich für qualitativ hochwertige Studien unter niedermolekularem Heparin ein relatives Thromboserisiko von 0,63 bis 0,90. Für qualitativ geringwertige Studien betrug das relative Risiko 0,52 bis 1,13. Nach 6 Beurteilungsskalen lag das relative Thromboserisiko in hochwertigen Studien nahe bei 1, in geringwertigen Studien dagegen signifikant unter 1. Sieben andere Skalen zeigten dagegen gerade in hochwertigen Studien einen Vorteil von niedermolekularem Heparin, während dieselben Skalen in geringwertigen Studien keinen signifikanten Vorteil aufzeigten. Die übrigen 12 Skalen ergaben für hoch- und geringwertige Studien ähnliche Resultate. Für Studien, in denen die Behandlungsresultate offen beurteilt wurden, ergab sich eine signifikante Auswirkung auf das Resultat: durchschnittlich wurde die Wirkung von niedermolekularem Heparin in diesen Studien um 35% überschätzt.
Schlussfolgerungen
Beurteilungsskalen können qualitativ hochstehende Studien nicht zuverlässig identifizieren. Methodologische Einzelheiten sollten individuell berücksichtigt werden.
Meine Skepsis gegenüber Metaanalysen ist also nicht ganz unberechtigt. Es ist offensichtlich möglich, dass die Resultate von Metaanalysen durch die Wahl anderer Studien-Beurteilungskriterien in ihr Gegenteil verkehrt werden können. Gefreut hat mich, dass diese kritische Studie von Matthias Egger und einer uns wohlvertrauten Schweizer Gruppe stammt.
Etzel Gysling1 Nurmohamed MT, Rosendaal FR, Buller HR et al. Low-molecular-weightheparin versus standard heparin in general and orthopaedic surgery: a metaanalysis.Lancet 1992; 340: 152-6
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