Erhöhen ACE-Hemmer das Lungenkrebs-Risiko?

  • k -- Hicks BM, Filion KB, Yin H et al. Angiotensin converting enzyme inhibitors and risk of lung cancer: population based cohort study. BMJ. 2018 Oct 24;363: k4209 [Link]
  • Zusammenfassung: Natalie Marty
  • Kommentar: Etzel Gysling
  • infomed screen Jahrgang 23 (2019) , Nummer 1
    Publikationsdatum: 21. Februar 2019
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Warum diese Studie?

Wiederholt wurden Bedenken geäussert, dass die lang­fristige Einnahme von ACE-Hemmern mit einem erhöh­ten Krebs­risiko einhergehen könnte. Die vor­han­denen Studiendaten sind aber widersprüchlich und von geringer Evidenz. In dieser grossen Kohortenstudie wurde unter­sucht, ob die Ver­wen­dung von ACE-Hemmern im Vergleich zu Angiotensin-Re­zep­torant­agonisten das Risiko für Lungen­krebs negativ be­ein­flusst.

Was hat man gefunden?

Die Kohorte umfasste 992’061 Personen, die neu blut­druck­senkende Medikamente erhalten hatten. Sie wur­den über ei­nen Zeitraum von durchschnittlich 6,4 Jahren beobachtet. Insgesamt erkrankten 7952 Frauen und Männer an Lungen­krebs (entsprechend 1,3 Fällen auf 1000 Personenjahre). Im Vergleich mit den Personen, die Angiotensin-Rezeptor­antagonisten erhielten, war das errechnete Risiko von Lun­gen­krebs bei solchen, die mit ACE-Hemmern behandelt wur­den, um 14% höher (Hazard Ratio [HR] 1,14, 95% CI 1,01-1,29). Es stieg ab einer Ein­nahmedauer von 5 und mehr Jah­ren kon­tinuierlich an (HR 1,22 bei 5-10 Jahren Einnahme­dauer und 1,31 bei mehr als 10 Jahren).

Wie wird es gedeutet?

Die Auswertung dieser Kohortenstudie stellt ein erhöhtes Lungenkrebs-Risiko unter Einnahme von ACE-Hemmern fest. Die Studienverantwortlichen betonen, dass bei einer so häu­fig verschriebenen Me­di­ka­mentenklasse auch kleine relative Effekte für eine grosse An­zahl von Betroffe­nen von Bedeu­tung sein könn­ten und dass ihre Ergebnisse deshalb in weite­ren Studien überprüft werden müssen.

Zusammengefasst von Natalie Marty

Screen-Kommentar

Auch bei Medikamenten, die seit vie­len Jahren verwen­det wer­den, können noch bisher unbe­kannte Risiken entdeckt wer­den. Die Frage, ob ACE-Hemmer das Ri­siko einer Lungen­krebs-Erkrankung erhöhen könnten, ist deshalb durchaus be­rechtigt. Die vorliegende Ko­hortenstudie scheint Argumente dafür zu liefern, dass ein Lungenkrebs tat­sächlich unter ACE-Hemmern häu­figer als unter anderen An­tihypertensiva auftritt. Eine sel­tene oder sehr seltene Neben­wirkung zuverlässig ei­nem Medi­kament zuzuordnen, ist je­doch eine unge­wöhnlich schwierige Aufgabe – die ent­sprechen­den Daten müssen gut überprüft und zurückhal­tend inter­pretiert werden. Unter den zahlrei­chen Vorbehal­ten, die sich zur vorliegenden Studie nennen lassen, sind mei­nes Er­achtens diejenigen am bedeut­samsten, die sich auf das Rau­chen beziehen. Weitaus die meisten Lun­genkrebs-Fälle sind eine Folge des Rauchens. Die in dieser Stu­die verfügbaren In­formationen zu den Rau­cher­gewohnheiten sind jedoch we­nig zuverlässig, eine ergänzende Statistik bei nicht-rauchenden Personen hat kein signifikantes Resultat er­geben und Angaben zum Passivrauchen fehlen voll­ständig. Auch wäre es auf­schlussreich, ACE-Hemmer und An­giotensin-Rezep­torantago­nisten hinsichtlich der Gesamtmor­talität ver­gleichen zu kön­nen – entsprechende Daten sind je­doch nicht bekannt. Zu­sammenfassend wäre es nicht sinn­voll, aktuell auf ein höheres Lungenkrebs-Risiko der ACE-Hemmer zu schlies­sen.

Etzel Gysling 

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Erhöhen ACE-Hemmer das Lungenkrebs-Risiko? ( 2019)