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Vertebroplastie für osteoporotische Wirbelkörperfrakturen: out?
- r -- Firanescu CE, de Vries J, Lodder P et al. Vertebroplasty versus sham procedure for painful acute osteoporotic vertebral compression fractures (VERTOS IV): randomized sham controlled clinical trial. BMJ 2018 (9. Mai); 361: k1551 [Link]
- Zusammenfassung: Markus Häusermann
- infomed screen Jahrgang 22 (2018)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 11. Oktober 2018 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Die Aufrichtung osteoporotischer Wirbelkörper-Kompressionsfrakturen durch Knochenzement-Injektion (Vertebroplastie) erscheint als biomechanisches Behandlungskonzept plausibel; in randomisierten Studien konnte bisher ein Nutzen allerdings nicht nachgewiesen werden. Von 1280 Männern und Frauen mit fokalen Rückenschmerzen und einer bis drei frischen thorakolumbalen Kompressionsfrakturen mit im MRI nachgewiesenem Knochenödem erfüllten 176 alle Einschlusskriterien und waren mit einer Behandlung nach dem Zufall einverstanden. 90 Betroffene erhielten eine Vertebroplastie in Lokalanästhesie und 86 einen Scheineingriff, bei dem nur eine Lokalanästhesie am Wirbelkörperperiost ohne Zementinjektion durchgeführt wurde. Primärer Endpunkt waren die Schmerzen im Verlauf von 12 Monaten nach dem Eingriff, sekundäre Endpunkte zwei Scores zur Lebensqualität und dem Funktionieren im Alltag.
In beiden Gruppen waren die Schmerzen schon am ersten Tag nach dem Eingriff stark reduziert und nahmen in den folgenden drei Monaten weiter ab. Zu keinem Zeitpunkt unterschied sich die Schmerzintensität auf der visuellen Analogskala zwischen den beiden Gruppen, auch waren Lebensqualität und Funktionen im Alltag identisch. Unterschiede zwischen beiden Gruppen gab es nur in unbedeutenden Nebenpunkten: So brauchten im ersten Monat nach einer Vertebroplastie etwas weniger Behandelte starke Opiat-Analgetika als nach dem Scheineingriff, und frakturierte Wirbelkörper sinterten nach der Vertebroplastie erwartungsgemäss weniger oft sekundär zusammen. Frakturen an initial nicht betroffenen Stellen ergaben sich im weiteren Verlauf gar keine. Die Studienverantwortlichen folgern, dass in der untersuchten Gruppe mit osteoporotischen Kompressionsfrakturen eine Vertebroplastie keinen Nutzen bringt.
Besser als in dieser Studie kann man einen orthopädischen Eingriff nicht verblinden: In beiden Gruppen glaubten nach dem Eingriff 80% der Behandelten, bei ihnen sei eine Vertebroplastie durchgeführt worden. Man könnte einwenden, dass die Auswahl aufgrund der notwendigerweise strengen Ausschlusskriterien nicht ganz dem klinischen Alltag entspricht. Nichtsdestotrotz ist es eine qualitativ hervorragende und entsprechend hoch zu gewichtende Studie, die mit den früheren negativen randomisierten Studien zur Vertebroplastie im Einklang steht. Die zeitlichen Schmerzverläufe mit und ohne Vertebroplastie sind absolut deckungsgleich, obschon in der «Placebo»-Gruppe nur eine Lokalanästhesie angelegt worden war, deren pharmakologische Wirkung nach wenigen Stunden abgeklungen war. Dies entspricht unserer klinischen Erfahrung, dass eine therapeutische Lokalanästhesie «loco dolenti» oft viel länger wirkt, als pharmakologisch zu erwarten ist, und zeigt darüber hinaus sehr schön den grossen Placeboeffekt einer Operation.
Auch diese Studie gibt keine Antwort auf die Frage nach einem Langzeitnutzen der Vertebroplastie. Immerhin waren neue Frakturen angrenzender Segmente nach der Vertebroplastie innert einem Jahr nicht häufiger als nach dem Placeboeingriff. Die Vertebroplastie kann nicht mehr als Routinebehandlung für osteoporotische Kompesssonsfrakturen empfohlen werden; ob Untergruppen von Kranken doch noch davon profitieren könnten, müsste in weiteren mit Scheineingriffen kontrollierten randomisierten Studien untersucht werden.
Zusammengefasst und kommentiert von Markus Häusermann
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