Systemische Risiken inhalativer Kortikosteroide

  • m -- Lipworth BJ. Systemic adverse effects of inhaled corticosteroid therapy: A systematic review and meta-analysis. Arch Intern Med 1999 (10. Mai); 159: 941-55 [Link]
  • Kommentar: Martin Häcki
  • infomed screen Jahrgang 3 (1999) , Nummer 6
    Publikationsdatum: 1. Juli 1999
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Studienziele

Gemäss aktuellen Richtlinien sollen bei Asthma bronchiale inhalative Kortikosteroide früh eingesetzt werden. In Anbetracht der heute oft verwendeten hohen Dosen sollten die systemischen Nebenwirkungen der inhalativ verabreichten Kortikosteroide analysiert werden.

Methoden

Die Literaturrecherche in medizinischen Datenbanken (Medline, Embase u.a.) erfolgte mit 30 Schlüsselbegriffen und deckte die Zeit von Januar 1966 bis Juli 1998 ab. Aufgrund der verschiedenen Studienanlagen war eine Metaanalyse lediglich für die Endpunkte «Plasma- oder Serum-Kortisol um 8 Uhr» oder «Kortisol-Ausscheidung im 24-h-Urin» bzw. «über Nacht» möglich. Alle anderen Resultate betreffend Wachstumsrate, Hautveränderungen, Katarakt und Knochendichte wurden qualitativ beurteilt. Untersucht wurden die Wirkstoffe Fluticason (Axotide®), Beclometason (Becloforte® u.a.), Budesonid (Pulmicort®) und Triamcinolon (in der Schweiz kein Inhalativum erhältlich) in verschiedenen Darreichungsformen.

Ergebnisse

Alle Wirkstoffe führten ab 0,4 mg/Tag zu einer dosisabhängigen Suppression der Kortisolproduktion in der Nebenniere. Am ausgeprägtesten war dies der Fall bei Fluticason. In Bezug auf die Nebennieren-Suppression entspricht 1 mg Fluticason etwa 10 mg Prednisolon per os. In Tagesdosen von 2 mg unterdrückten Budesonid, Beclometason und Triamcinolon die Kortisolspiegel bzw. -ausscheidung um etwa 20%, Fluticason um 80%. Eine Verminderung der Wachstumsrate konnte für Budesonid und Beclometason bei Langzeittherapien mit Tagesdosen von über 0,4 mg nachgewiesen werden. Verlaufsstudien zeigen jedoch, dass sich das Wachstum lediglich verzögert und die berechnete Erwachsenengrösse trotzdem erreicht wird. Bezüglich Effekt auf die Knochendichte sind die Studienresultate nicht schlüssig. In zwei Studien fand sich ein Zusammenhang zwischen der kumulierten Steroiddosis und der lumbalen Knochendichte (allerdings nur bei Frauen), in einer Studie ergab sich eine verminderte Knochendichte im Femurhals. In 7 Studien fand man keinerei Unterschied zwischen steroidal und nicht-steroidal behandelten Asthmakranken. Die Prävalenz einer subkapsulären Katarakt erhöht sich nach langdauernder hochdosierter Therapie (über 1,5 mg/Tag) bei älteren Leuten, nicht jedoch bei Kindern. Hautatrophie und –blutungen sind dosisabhängig. Das Ausmass der Hautveränderungen entspricht demjenigen der Kortisol-Suppression.

Schlussfolgerungen

Alle inhalativen Kortikoide können dosisabhängig systemische Nebenwirkungen hervorrufen. Fluticason hat in hohen Dosen eine besonders stark ausgeprägte systemische Aktivität. Wegen grossen interindividuellen Unterschieden ist es nicht möglich vorauszusagen, ob eine bestimmte Dosierung bei einer Einzelperson systemische Nebenwirkungen zeigen wird.  

Inhalative Steroide in adäquater Dosierung haben geringe systemische Nebenwirkungen. In den letzten Jahren war aber entgegen den Erkenntnissen der Dosiswirkungskurven eine Tendenz zu immer höheren Dosen zu beobachten. Dies gilt vor allem für das Fluticason, wo Dosen von mehr als 800 mg/Tag vorwiegend systemisch wirken und genausogut und viel kostengünstiger durch orales Prednison ersetzt werden könnten! Statt die Dosis laufend zu erhöhen, sollten die inhalativen Steroide frühzeitig mit einem langwirksamen Betamimetikum kombiniert werden.

Martin Häcki

Standpunkte und Meinungen
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Systemische Risiken inhalativer Kortikosteroide ( 1999)