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Bei arterieller Erkrankung zusätzlich antikoagulieren?
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- Zusammenfassung:
- Kommentar: Henri Bounameaux
- infomed screen Jahrgang 22 (2018)
, Nummer 2
Publikationsdatum: 3. April 2018 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Koronare und periphere arterielle Erkrankungen sind Ursache gefährlicher kardiovaskulärer Ereignisse (Todesfälle, Herzinfarkte, zerebrale Schlaganfälle). Zur Prophylaxe werden (unter anderem) Plättchenhemmer eingesetzt. Nach den bisher vorliegenden Studien ist dagegen eine «übliche» orale Antikoagulation, z.B. mit Vitamin-K-Antagonisten, mit einem ungünstigen Nutzen/Risiko-Verhältnis – insbesondere mit einem zu hohen Blutungsrisiko – verbunden.
In einer grossen Doppelblindstudie (COMPASS = «Cardiovascular Outcomes for people using anticoagulation strategies») wurde nun untersucht, wie sich die Zugabe einer niedrigen Dosis von Rivaroxaban (Xarelto®) zu Acetylsalicylsäure (Aspirin® u.a.) bei Personen mit einer arteriellen Gefässerkrankung auswirkt. In dieser internationalen Studie mit über 27'000 Teilnehmenden wurden drei gleich grosse Gruppen gebildet, die folgendermassen behandelt wurden: (1) Rivaroxaban (zweimal täglich 2,5 mg) + Acetylsalicylsäure (100 mg/Tag); (2) nur Rivaroxaban (zweimal täglich 5 mg); (3) nur Acetylsalicylsäure (100 mg/Tag). Der kombinierte primäre Endpunkt der Studie entsprach einem kardiovaskulär bedingten Tod bzw. dem ersten Auftreten eines Herzinfarkts oder eines Hirnschlags. Gefährliche Blutungen (Todesfälle oder Blutungen in wichtige Organe oder Regionen sowie blutungsbedingte Spitalaufenthalte) waren die primären Sicherheits-Endpunkte.
Die Resultate der Studie wurden in zwei separaten Texten veröffentlicht, der eine zu den Teilnehmenden mit einer koronaren Herzkrankheit, der andere zu denjenigen mit einer Karotisstenose oder einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK).
Karotisstenose / PAVK
Dieser Teil der Studie umfasst 7470 Personen, die im Wesentlichen eine klinisch eindeutige PAVK der unteren Extremitäten oder eine Karotisstenose (von mindestens 50% bzw. mit einer Revaskularisations-Anamnese) hatten. Behandlungsgruppen und Endpunkte entsprachen den oben beschriebenen Definitionen. Zusätzlich wurden Komplikationen der PAVK (insbesondere Amputationen) erfasst. Die mediane Behandlungsdauer betrug 21 Monate.
Ergebnisse
Der primäre Endpunkt ereignete sich in der kombiniert behandelten Gruppe (1) bei 5%, in der nur mit dem Plättchenhemmer behandelten Gruppe (3) dagegen bei 7% der Teilnehmenden. Das heisst: die Kombination führte zu signifikant selteneren Ereignissen (relative Reduktion um 28%). Auch PAVK-Komplikationen waren unter der Kombination seltener (bei 1% gegenüber 2% unter Acetylsalicylsäure allein). Mit Rivaroxaban allein ergab sich in Bezug auf den primären Endpunkt kein Vorteil gegenüber der Monotherapie mit Acetylsalicylsäure; PAVK-Komplikationen waren jedoch unter Rivaroxaban allein seltener als unter Acetylsalicylsäure allein. Die Kombinationstherapie (Gruppe 1) führte zu 77, die Rivaroxaban-Monotherapie (Gruppe 2) zu 79 gefährlichen Blutungen, signifikant häufiger als die reine Plättchenhemmung (48 Fälle). Es traten aber keine tödlichen Blutungen auf.
Schlussfolgerungen
Im Vergleich mit Acetylsalicylsäure allein führt die Kombination von Acetylsalicylsäure (100 mg/Tag) mit Rivaroxaban in ganz niedriger Dosis (zweimal 2,5 mg/Tag) zu einer Abnahme kardiovaskulärer Komplikationen. Blutungen («major bleeding») sind aber unter der Kombination deutlich häufiger.
Koronare Herzkrankheit
Dieser Teil der Studie umfasst 24'824 Personen mit einer klinisch eindeutig nachgewiesenen koronaren Herzkrankheit (69% davon mit der Anamnese eines Herzinfarkts). Behandlungsgruppen und Endpunkte entsprachen den oben beschriebenen Definitionen. Die mittlere Beobachtungsdauer betrug annähernd 2 Jahre.
Ergebnisse
Der primäre Endpunkt ereignete sich in der kombiniert behandelten Gruppe (1) bei 4% (n=347), in der nur mit dem Plättchenhemmer behandelten Gruppe (3) dagegen signifikant häufiger bei 6% (n=460) der Teilnehmenden. Mit Rivaroxaban allein ergab sich in Bezug auf den primären Endpunkt kein signifikanter Vorteil gegenüber der Monotherapie mit Acetylsalicylsäure. Die Kombinationstherapie (Gruppe 1) führte zu 263, die Rivaroxaban-Monotherapie (Gruppe 2) zu 236 gefährlichen Blutungen, signifikant häufiger als die reine Plättchenhemmung (158 Fälle).
Schlussfolgerungen
Die Studienverantwortlichen kommen zum Schluss, die Kombination von Rivaroxaban mit Acetylsalicylsäure führe gegenüber der reinen Plättchenhemmung gesamthaft zu einem besseren Resultat.
Zusammengefasst von Bettina Wortmann
In beiden Studien traten unter der Kombination Acetylsalicylsäure/Rivaroxaban etwa 25% weniger Ereignisse auf als unter der Monotherapie mit Acetylsalicylsäure (2% absolute Reduktion); gefährliche Blutungen waren unter der Kombination um etwa 60% häufiger (1% absolute Zunahme). In der Studie bei Koronarkranken ergab die Kombination eine Reduktion der Mortalität um 23% (1% absolute Reduktion) gegenüber der Monotherapie mit Acetylsalicylsäure. Somit kann durch die niedrigdosierte Zugabe eines direkten Antikoagulans zur Acetylsalicylsäure eine höhere Wirksamkeit erreicht werden, allerdings begleitet von einer moderaten Zunahme des Blutungsrisikos. Bevor jemandem mit einer «stabilen» Herz-Kreislauferkrankung eine solche zusätzliche Antikoagulation verschrieben wird, ist jedenfalls das individuelle Blutungsrisiko sorgfältig zu prüfen.
Henri Bounameaux
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