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Immer Sauerstoff bei Myokardinfarkt?
- r -- Hofmann R, James SK, Jernberg T et al. Oxygen therapy in suspected acute myocardial infarction. N Engl J Med 2017 (28. September); 377: 1240-49 [Link]
- Zusammenfassung:
- infomed screen Jahrgang 21 (2017)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 5. Dezember 2017 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Seit mehr als einem Jahrhundert wird beim akuten Myokardinfarkt routinemässig Sauerstoff verabreicht. Dies in der Hoffnung, dadurch den Sauerstofftransport ins schlecht durchblutete Herzmuskelgewebe zu verbessern und so das Infarktareal verkleinern zu können. Unterdessen weiss man aber, dass ein erhöhter Sauerstoffgehalt im Blut auch zu einer Vasokonstriktion und der vermehrten Bildung von reaktiven Sauerstoffverbindungen führen kann, was eher den gegenteiligen Effekt hätte. Da es zu dieser Fragestellung kaum Studien mit harten klinischen Endpunkten gibt, sollte im Rahmen der vorliegenden Studie aus Schweden der Einfluss einer Sauerstoffgabe bei akutem Myokardinfarkt ohne Hypoxämie untersucht werden. Personen im Alter von mindestens 30 Jahren mit Verdacht auf einen akuten Myokardinfarkt und einer Sauerstoffsättigung von mindestens 90% wurde nach dem Zufall entweder Sauerstoff (6 Liter pro Minute für 6 bis 12 Stunden über eine Gesichtsmaske) oder Raumluft verabreicht. Primärer Endpunkt war die Gesamtsterblichkeit nach einem Jahr.
Es konnten insgesamt 6'629 Personen untersucht werden, bei 5'010 davon bestätigte sich im Verlauf die Verdachtsdiagnose eines Myokardinfarktes. Ein Jahr nach Studienbeginn waren von den mit Sauerstoff behandelten Personen 5,0% (166 von 3'311) gestorben, in der Kontrollgruppe mit Raumluft waren es 5,1% (168 von 3'318). Somit konnte diesbezüglich kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen nachgewiesen werden («Hazard Ratio» von 0,97; 95% CI 0,79-1,21). Auch bezüglich Rehospitalisationsrate aufgrund eines weiteren Herzinfarktes innerhalb des ersten Jahres unterschieden sich die beiden Gruppen nicht.
Die routinemässige Sauerstoffgabe bei akutem Herzinfarkt scheint also – zumindest wenn keine Hypoxämie vorliegt - weder zu nützen noch zu schaden. Was schon immer so gemacht wurde oder auf den ersten Blick pathophysiologisch Sinn macht, muss nicht immer der Weisheit letzter Schluss sein. Leider ist es bei vielen Fragestellungen nicht möglich, langjähriges Erfahrungswissen mit den Mitteln der «Evidence Based Medicine» zu überprüfen, sei es aus ethischen oder finanziellen Gründen. Dass ein Hinterfragen von altvertrauten Konzepten aber durchaus neue Perspektiven eröffnen kann, zeigt diese Studie in exemplarischer Art und Weise.
Zusammengefasst und kommentiert von Alexandra Röllin
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