Verminderte Mortalität dank Opioid-Substitution

  • m -- Sordo L, Barrio G, Bravo MJ et al. Mortality risk during and after opioid substitution treatment: systematic review and meta-analysis of cohort studies. BMJ 2017 (26. April); 357: j1550 [Link]
  • Zusammenfassung: Barbara Loeliger
  • Kommentar: Ruedi Stohler
  • infomed screen Jahrgang 21 (2017) , Nummer 5
    Publikationsdatum: 26. September 2017
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Studienziele

Die Substitutionstherapie ist heutzutage ein Eckpfeiler der Behandlung Opiatabhängiger und scheint die Mortalität der Betroffenen zu reduzieren. Anhand der vorliegenden systematischen Übersichtsarbeit sollte dieser Einfluss genauer untersucht werden.

Methoden

In verschiedenen elektronischen Datenbanken wurde nach Kohortenstudien zur Methadon- oder Buprenorphin-Substitutionstherapie gesucht, in welchen entweder die gesamte Sterblichkeit und/oder die Sterblichkeit aufgrund letaler Überdosen während der Zeit innerhalb und ausserhalb des Substitutionsprogrammes erfasst worden war. Die spezifischen Mortalitätsraten (angegeben in Todesfällen pro 1000 Personenjahre [T/TPJ]) der einzelnen Studien wurden in einer Meta-Analyse zusammengefasst. Aufgrund der noch etwas detaillierteren Angaben in einzelnen Studien konnte auch der Sterblichkeits-Verlauf nach Beginn und Wiederabsetzen der Substitutionsbehandlung genauer untersucht werden.

Ergebnisse

19 Studien entsprachen den Einschlusskriterien, 18 davon lieferten Zahlen zur Methadon- und 3 zur Buprenorphin-Substitution. Insgesamt erhielten 122'885 Personen Methadon (mittlere Tagesdosis in den verschiedenen Studien zwischen 47 und 116 mg) und 15'831 Buprenorphin (mittlere Tagesdosis 10-12 mg). Das mittlere Alter der Untersuchten bewegte sich zwischen 23 und 40 Jahren; 70% waren Männer. Während der Substitutionstherapie mit Methadon betrug die Gesamtsterblichkeit 11,3 und ausserhalb der Therapie 36,1 T/TPJ. Dies entspricht einem 3,2-fachen Sterberisiko für Abhängige ausserhalb des Methadonprogrammes. Die Gesamtsterblichkeit während der Substitution mit Buprenorphin betrug 4,3 T/TPJ, ausserhalb der Therapie war sie mit 9,5 T/TPJ rund doppelt so hoch. Die Zahlen für die Sterblichkeit aufgrund letaler Überdosen sind ähnlich. Für die ersten vier Wochen unter Methadon errechnete sich eine Mortalität von 11,4, für die nachfolgende Zeit betrug sie nur noch 5,8 T/TPJ. In den ersten vier Wochen nach Verlassen des Methadonprogrammes betrug die Sterblichkeit 32,1 und fiel danach auf 13,5 T/TPJ ab. Für Buprenorphin fand sich keine erhöhte Sterblichkeit in den ersten vier Wochen nach Therapiebeginn, innerhalb der ersten 4 Wochen nach Absetzen war auch hier die Sterblichkeit jedoch deutlich erhöht.

Schlussfolgerungen

Die Sterblichkeit von Opiatabhängigen ist markant tiefer, solange die Betroffenen in einem Substitutionsprogramm mit Methadon oder Buprenorphin eingebettet sind. In den ersten vier Wochen nach Beginn oder Absetzen der Substitutionstherapie steigt das Sterberisiko vorübergehend deutlich an. Möglicherweise weist Buprenorphin diesbezüglich ein etwas günstigeres Sicherheitsprofil auf, allerdings gibt es zu dieser Substanz nur eine äusserst begrenzte Anzahl von Studien.

Zusammengefasst von Barbara Loeliger

Die Studie findet eine Reduktion der Sterblichkeit opiat­abhängiger Personen in Methadon- oder Buprenorphin-Behandlungen um einen Faktor drei gegenüber Zeiten ohne Substitutionsbehandlung. Vor allem die ersten zwei Wochen nach Behandlungsbeendigung und die ersten vier Wochen zu Beginn einer Methadonbehandlung sind Perioden, die mit einem höheren Sterberisiko einhergehen. Es ergeben sich somit drei hauptsächliche Lehren aus dieser Untersuchung:

1. Nach wie vor sind Substitutionsbehandlungen die Behandlungen der Wahl für opiatabhängige Personen.

2. Speziell bei Methadonbehandlungen ist eine genaue Aufklärung über das erhöhte Mortalitätsrisiko zu Beginn einer Behandlung dringend indiziert.

3. Eine Beendigung von Substitutionsbehandlungen birgt hohe Risiken. Eine solche sollte, wenn überhaupt, nur nach sorgfältigster Vorbereitung erfolgen.

Rudolf Stohler

Standpunkte und Meinungen
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