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Hohe Behandlungskontinuität lohnt sich
- a -- Barker I, Steventon A, Deeny SR. Association between continuity of care in general practice and hospital admissions for ambulatory care sensitive conditions: cross sectional study of routinely collected, person level data. BMJ 2017 (1. Februar); 356: [Link]
- Zusammenfassung: Felix Tapernoux
- Kommentar: Kevin Selby
- infomed screen Jahrgang 21 (2017)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 13. Juni 2017 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Weltweit nehmen ungeplante Hospitalisationen zu und verteuern die Gesundheitsversorgung massgeblich. Bisher wurde hauptsächlich angestrebt, solch ungeplante Hospitalisationen durch einen vereinfachten Zugang zur Primärversorgung zu verhindern. Ein einfacherer Zugang (z.B. kürzere Wartefristen, längere Praxisöffnungszeiten) könnte allerdings die Behandlungskontinuität negativ beeinflussen, welche von den Grundversorgerinnen und Grundversorgern als Kernkompetenz ihres Berufs betrachtet wird und mit einer hohen Zufriedenheit bei den Behandelten verknüpft ist. Inwiefern sich die Behandlungskontinuität auf die Anzahl Spitaleinweisungen auswirkt, war bislang unklar und sollte in der vorliegenden Studie untersucht werden.
Methoden
Im Rahmen der vorliegenden Querschnitts-Studie wurden Personen im Alter von 62 bis 82 Jahren untersucht, die zwischen April 2011 und März 2013 mindestens zweimal in einer der 200 englischen Grundversorgungspraxen behandelt wurden, welche sich an der Forschungsdatenbank «Clinical Practice Resarch Datalink» beteiligen. Dabei interessierte der Zusammenhang zwischen Behandlungskontinuität und der Anzahl Hospitalisationen aufgrund von Gesundheitsproblemen, welche als in der Grundversorgung ambulant behandelbar gelten.
Die Behandlungskontinuität wurde erfasst als Index der Konsultationen, welche durch die jeweils primär verantwortlichen Ärzte oder Ärztinnen durchgeführt worden waren – wenn beispielsweise 7 von 10 Kontakten durch diese erfolgten, betrug der Index 0,7. Für die weitere Auswertung wurde die Behandlungskontinuität in drei Gruppen eingeteilt: geringe (Index 0-0,4), mittlere (0,4-0,7) und hohe Behandlungskontinuität (0,7 bis 1).
Ergebnisse
230'472 Personen hatten im untersuchten Zeitraum mindestens zwei Behandlungskontakte in der Grundversorgung. Die durchschnittliche Anzahl Kontakte betrug 11,4. Im Mittel konnte ein Kontinuitäts-Index von 0,61 erhoben werden. Je grösser die Praxis war, desto kleiner fiel dieser aus. Bei 52'550 Personen (23%) lag eine geringe, bei 96'902 Personen (42%) eine mittlere und bei 81'020 Personen (35%) eine hohe Behandlungskontinuität vor. Je höher die Betreuungskontinuität war, desto seltener kam es zu Hospitalisationen. In der Gruppe mit hoher Kontinuität gab es 12,5% weniger Einweisungen als in der Gruppe mit geringer Kontinuität. Eine Steigerung des Kontinuitäts-Indexes um 0,2 führte zu einer Verminderung der Anzahl Hospitalisationen um 6,22%. Bei den Kranken mit dem grössten Betreuungsaufwand war der Zusammenhang besonders stark ausgeprägt.
Schlussfolgerungen
Durch eine Verbesserung der Behandlungskontinuität in der Grundversorgung können unnötige Hospitalisationen vermieden werden. Dies scheint sich insbesondere bei Kranken mit besonders hohem Betreuungsaufwand zu lohnen.
Zusammengefasst von Felix Tapernoux
Die meisten Grundversorgungs-Studien zielen darauf ab, den Zugang zur ambulanten Notfallversorgung zu verbessern, was Hospitalisationen vermeiden, aber auch die Behandlungskontinuität verschlechtern kann. Deshalb ist diese Studie äusserst wichtig. Durch sie wird mit harten Fakten untermauert, was wir intuitiv erkennen, aber nur schlecht belegen können: Wir behandeln unsere Patientinnen und Patienten besser, wenn wir sie kennen. Und dies führt schliesslich auch zu besseren Behandlungsergebnissen. Beim aktuellen Trend zu Gruppenpraxen und Teilzeitarbeit wird die Aufgabe, eine gute Behandlungskontinuität zu bewahren, allerdings auch in der Schweiz zunehmend zur Herausforderung. Somit lohnt es sich, nach Wegen zu suchen, wie diese Entwicklungen allenfalls kompensiert werden können, beispielsweise durch eine bessere Koordination der Behandlung oder einen erleichterten Zugang zum Behandlungsdossier.
Kevin Selby
Standpunkte und Meinungen
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