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Neuroleptika bei Delir in Palliativsituationen nicht geeignet
- r -- Agar MR, Lawor PG, Quinn S et al. Efficacy of oral risperidone, haloperidol, or placebo for symptoms of delirium among patients in palliative care: a randomized clinical trial. JAMA Intern Med 2017 (1. Januar); 177: 34-42 [Link]
- Zusammenfassung: Markus Gnädinger
- Kommentar: Christoph Hürny
- infomed screen Jahrgang 21 (2017)
, Nummer 2
Publikationsdatum: 4. April 2017 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Delirante Zustände sind bei Schwerkranken und am Lebensende häufig, in Palliativsituationen ist fast jede zweite Person früher oder später davon betroffen. Sofern möglich, sollte primär die Ursache des Delirs behandelt werden, des Weiteren umfasst die Therapie neben Medikamenten auch nicht-medikamentöse Massnahmen. Häufig werden Neuroleptika verwendet, obwohl deren Nutzen kaum belegt ist. In dieser Studie sollten die beiden häufig verwendeten Neuroleptika Risperidon (Risperdal® u.a.) und Haloperidol (Haldol® u.a.) mit Placebo verglichen werden.
Methoden
Die Doppelblindstudie wurde von 2008 bis 2014 auf 11 australischen Palliativ-Abteilungen durchgeführt. Behandelt wurden Personen mit einem fortgeschrittenen, nicht mehr kurativ behandelbaren Leiden, bei denen die Kriterien eines Delirs erfüllt waren. Sie erhielten nach dem Zufall entweder Risperidon, Haloperidol oder Placebo in flüssiger Form. Die Dosis wurde nach Wirkung titriert; Personen über 65 Jahren erhielten die halbe Dosis. Die gesamte Therapiedauer betrug drei Tage. Alle Betroffenen wurden zusätzlich mit nicht-medikamentösen Massnahmen unterstützt. Als primärer Endpunkt nach drei Tagen galt ein Teilscore der «Nursing Delirium Screening Scale» (NuDESC; 1-6 Punkte, höhere Punktzahl gleich stärkere Symptome), welcher die quälendsten Delir-Symptome «unangemessenes Verhalten», «unangemessene Kommunikation» sowie «Illusionen und Halluzinationen» umfasste.
Ergebnisse
Von den 306 Personen, bei denen ein Studieneinschluss erwogen wurde, konnten 249 (81%) berücksichtigt werden; 34% waren Frauen, das durchschnittliche Alter betrug 75 Jahre. Die meisten der Betroffenen litten an einem leichten bis mittelschweren Delir. Nach 3 Tagen hatten sowohl die mit Risperidon als auch die mit Haloperidol Behandelten höhere Werte im oben beschriebenen NuDESC-Teilscore als mit Placebo. Für Risperidon betrug der Unterschied im Schnitt 0,48 (95% CI 0,09-0,86) und für Haloperidol 0,24 Punkte (95% CI 0,06-0,42). Auch extrapyramidale Nebenwirkungen waren nach Gabe von Neuroleptika häufiger. Personen unter Placebo überlebten länger als unter Haloperidol, zwischen Placebo und Risperidon ergab sich diesbezüglich kein Unterschied.
Schlussfolgerungen
Neuroleptika sind zur symptomatischen Therapie bei leichtem bis mittelschwerem Delir in Palliativsituationen nicht geeignet.
Zusammengefasst von Markus Gnädinger
Neuroleptika wie Haloperidol und Risperidon werden in der Praxis häufig zur Behandlung des Delirs eingesetzt, obwohl für diese Indikation wenig und widersprüchliche Evidenz besteht. Ein Delir ist für alle Beteiligten sehr belastend und kann zu erheblichen Störungen des Spital- oder Heimalltags mit «hilflosen Helfern» führen. In dieser Situation wäre eine einfache und rasch wirksame Therapie gefragt. Offenbar werden im klinischen Alltag den Neuroleptika diese Eigenschaften zugeschrieben. Die vorliegende methodisch ausgefeilte Studie mit meist älteren Menschen zeigt eindeutig, dass Neuroleptika für die Delir-Behandlung nicht indiziert sind und Ausmass sowie Dauer sogar verschlechtern. Der Fokus der Behandlung sollte im Eruieren und Behandeln der Ursache sowie in unterstützenden Massnahmen durch Pflegende unter Einbezug der Angehörigen liegen. Die Studie hat Modellcharakter. Sie weist nach, dass etwas nicht wirkt und somit weggelassen werden muss: ein Segen für unsere alten polymorbiden Patientinnen und Patienten!
Christoph Hürny
Standpunkte und Meinungen
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