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Behandlungsmodalitäten bei Prostata-Karzinom im Vergleich
- r -- Hamdy FC, Donovan JL, Lane JA et al. 10-year outcomes after monitoring, surgery, or radiotherapy for localized prostate cancer. N Engl J Med 2016 (13. Oktober; 375: 1415-24 [Link]
- Zusammenfassung: Felix Tapernoux
- Kommentar: Urs Lütolf
- infomed screen Jahrgang 21 (2017)
, Nummer 1
Publikationsdatum: 25. Januar 2017 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Aufgrund der langsamen Krankheitsprogression eines durch Screening entdeckten, lokalisierten Prostatakarzinoms sind die vergleichenden Daten zu den verschiedenen Behandlungsmodalitäten noch immer mangelhaft. Anhand dieser langfristig angelegten randomisierten Studie, deren Resultate in zwei gleichzeitig erschienenen Artikeln im «New England Journal of Medicine» publiziert wurden, sollte diese Wissenslücke gestopft werden.
Methoden
Von 2'664 Männern im Alter von 50 bis 69 Jahren, bei denen im Rahmen eines britischen PSA-Screeningprogrammes die Diagnose eines lokalisierten Prostatakarzinoms gestellt wurde, willigten 1'643 ein, an einer randomisierten Studie teilzunehmen und wurden nach dem Zufall mit aktiver Überwachung, radikaler Prostatektomie oder Radiotherapie behandelt. Bei einem Fortschreiten der Erkrankung wurden auch Männer in der Überwachungsgruppe aktiv behandelt. Primärer Studienendpunkt für die erste Publikation war die Prostatakarzinom-bedingte Sterblichkeit nach einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 10 Jahren; des Weiteren interessierte die gesamte Sterblichkeit, sowie das Risiko für eine Krankheitsprogression. Die zweite Publikation fokussierte auf das subjektive Behandlungsergebnis, insbesondere auf unerwünschte Wirkungen wie Inkontinenz, eingeschränkte Sexualfunktion und Verdauungsbeschwerden, sowie die allgemeine Lebensqualität.
Ergebnisse
Von den 553 operierten Männern starben 5 aufgrund des Prostatakarzinoms, bei den 545 mit Radiotherapie behandelten Männern waren es 4 und bei den 545 lediglich aktiv Überwachten 8. Damit war die Prostatakarzinom-bedingte Sterblichkeit in allen Gruppen sehr gering (maximal 1,2%, ohne statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen). Auch bezüglich der gesamten Sterblichkeit fand sich kein Unterschied. Hingegen kam es bei Männern unter Überwachung deutlich häufiger zu einer Krankheitsprogression oder Metastasen als bei Operierten oder mit Radiotherapie Behandelten. Dabei müssten sich 9 Männer einer Prostatektomie unterziehen oder bestrahlen lassen, um im Vergleich mit der aktiv überwachten Gruppe eine Krankheitsprogression zu verhindern («number needed to treat»).
Hinsichtlich der unerwünschten Wirkungen unterschieden sich die drei Gruppen ebenfalls: Den grössten negativen Einfluss auf Kontinenz und Miktionsbeschwerden hatte die operative Behandlung. Nach 6 Jahren mussten 17% in der Prostatektomiegruppe Inkontinenzeinlagen benützen gegenüber 8% der Überwachungsgruppe und 4% in der Radiotherapiegruppe. Auch Erektionsprobleme waren nach radikaler Prostatektomie am häufigsten, nahmen aber über die Jahre in allen Gruppen zu. Verdauungsbeschwerden und insbesondere blutige Stühle waren nach einer Radiotherapie am häufigsten. Bezüglich allgemeiner Lebensqualität war kein Unterschied zwischen den Gruppen auszumachen.
Schlussfolgerungen
Mit aktiver Überwachung ist die Prostata-spezifische und gesamte Sterblichkeit nach 10 Jahren gleich hoch wie mit Prostatektomie oder Radiotherapie, doch es kommt dabei häufiger zu einem Fortschreiten der Erkrankung oder zu Metastasen. Hinsichtlich unerwünschter Wirkungen hingegen schneiden die «aktiven Behandlungen» – insbesondere die Prostatektomie – schlechter ab.
Zusammengefasst von Felix Tapernoux
Endlich einmal eine randomisierte Studie, welche Langzeitresultate von Operation, Bestrahlung und Zuwarten (mit Handlungsoptionen) beim PSA-entdeckten frühen Prostatakarzinom vergleicht. Und es wurde anständige 10 Jahre gewartet, sowie genau auf die Therapienebenwirkungen geschaut. Ein sauberes Stück klinischer Forschung, das untermauert, was man eigentlich bereits wusste: Die drei Vorgehensweisen lassen sich bezüglich Überleben – das sich im 99%-Bereich bewegt – nicht unterscheiden. Operation und Strahlentherapie sind identisch, was das Auftreten von Metastasen betrifft, Unterschiede gibt es zur Beobachtungsgruppe. Und die Nebenwirkungen? Die Operation hat die negativsten Auswirkungen auf Sexualfunktion und Kontinenz.
Alles klar? Eigentlich schon. Bleibt zu hoffen, dass beim Aufklärungsgespräch die betroffenen Männer fair informiert werden: Operieren ist nicht «ein bisschen sicherer», Bestrahlen oder Operieren können auch warten. Keine einfachen Gespräche...
Urs Lütolf
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