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Instabile Knöchelfrakturen bei älteren Personen gipsen?
- r -- Willett E, Keene DJ, Mistry D et al. Close contact casting vs surgery for initial treatment of unstable ankle fracture in older adults: a randomized clinical trial. JAMA 2016 (11. Oktober); 316: 1455-63 [Link]
- Zusammenfassung: Barbara Loeliger
- Kommentar: Marc Müller
- infomed screen Jahrgang 21 (2017)
, Nummer 1
Publikationsdatum: 25. Januar 2017 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Um ein besseres Behandlungsergebnis zu erzielen, werden instabile Knöchelfrakturen bei älteren Personen meist operativ versorgt, was allerdings zu postoperativen Komplikationen und Wundheilungsstörungen führen kann. Anhand der vorliegenden randomisierten Studie sollte untersucht werden, ob mittels sogenanntem «close contact casting», einer neuen Gipstechnik, ein ebenbürtiges Resultat mit weniger Komplikationen erzielt werden kann.
Methoden
Erwachsene im Alter von über 60 Jahren, die wegen einer instabilen, operationsbedürftigen Knöchelfraktur eines von 24 britischen Spitälern aufgesucht hatten, wurden nach dem Zufall einer von zwei Behandlungsgruppen zugeteilt. Personen mit einer offenen Fraktur, einem kognitiven Defizit oder schweren Begleiterkrankungen wurden nicht berücksichtigt. Die erste Gruppe wurde gemäss den lokalen Standards operiert. Den Personen aus der zweiten Gruppe wurde nach Fraktur-Reposition in Narkose ein «close contact cast» angelegt. Für diese neu entwickelte Art Gips wird – mit der Absicht, eine bessere Fraktur-Retention zu erzielen – ein Minimum an Polstermaterial verwendet. Die radiologische und klinische Gesamtbeurteilung erfolgte nach sechs Monaten durch eine für die Behandlung verblindete Person. Als primärer Endpunkt galt der «Olerud-Molander-Ankle Score» (OMAS; 0 bis 100 Punkte, höhere Punktzahl entspricht besserem Resultat), mit welchem Gelenkfunktion und subjektive Symptome gemessen werden.
Ergebnisse
Von den insgesamt 620 Teilnehmenden (Durchschnittsalter 71 Jahre) konnten die Daten von 267 Personen in der Gipsgruppe und 291 Personen in der Osteosynthesegruppe ausgewertet werden. 52 (19%) der mit Gips Behandelten benötigten wegen sekundärer Dislokation der Fraktur eine Osteosynthese zu einem späteren Zeitpunkt, 10 (4%) einen zweiten Gips nach erneuter Fraktur-Reposition. Nach sechs Monaten betrug der OMAS-Score 64,5 in der Gipsgruppe und 66,0 in der Osteosynthesegruppe, damit schnitten beide Behandlungsgruppen bezüglich Gelenkfunktion und subjektiven Symptomen vergleichbar ab. Wundheilungsstörungen und Infekte traten bei 10% der Operierten und 1% der konservativ Behandelten auf. Radiologisch wurden mehr Frakturheilungs-Störungen in der konservativ behandelten Gruppe dokumentiert (15% gegenüber 3%). Auch tiefe Venenthrombosen waren bei den mit Gips Behandelten etwas häufiger (4% gegenüber 1%).
Schlussfolgerungen
Die Studienverantwortlichen folgern, dass ein «close contact cast» der operativen Erstversorgung nach 6 Monaten ebenbürtig ist und weniger Wundkomplikationen verursacht. Die häufigeren Frakturheilungs-Störungen nach Gipsbehandlung gingen nicht mit mehr Schmerzen oder eingeschränkter Gelenkfunktion einher. Langzeitergebnisse, insbesondere in Bezug auf das Auftreten einer posttraumatischen Arthrose, fehlen.
Zusammengefasst von Barbara Loeliger
In den letzten Jahren ist ein zunehmender Trend zurück zur konservativen Frakturbehandlung festzustellen. Leider verlieren sich parallel dazu Lust und Erfahrung der Hausärztinnen und Hausärzte, sich mit Frakturen überhaupt auseinanderzusetzen. Stabile Weber-B-Frakturen können problemlos in der Praxis konservativ versorgt werden, sofern die Möglichkeit zu belasteten Röntgenaufnahmen besteht. Bei instabilen Frakturen sind die Herausforderungen ungleich grösser: knappes Zeitfenster bis zur Schwellung, belastete Aufnahme im Akutstadium, Reposition in Anästhesie, Gipsen mit Bildverstärker, spezielle Gipstechnik… wohl auch in Spitalambulatorien eher eine Ausnahme-Behandlung. Es ist aber beruhigend, zu wissen, dass für Verletzte mit einem erhöhten Operationsrisiko eine konservative Behandlung durchaus zum Erfolg führen kann.
Marc Müller
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