Einkommensunterschiede gefährden Gesundheit
- k -- Wolfson M, Kaplan G, Lynch J et al. Relation between income inequality and mortality: empirical demonstration. BMJ 1999 (9. Oktober); 319: 953-5 [Link]
- Kommentar: George Davey Smith
- infomed screen Jahrgang 3 (1999)
, Nummer 10
Publikationsdatum: 1. November 1999 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Statistiken haben gezeigt, dass die Sterblichkeitsrate in einer ganzen Bevölkerung höher ist, wenn grössere Einkommensunterschiede bestehen. Es wurde behauptet, dass es sich hier um statistische Artefakte handelt, verursacht durch die nicht-lineare Beziehung zwischen Einkommen und Sterblichkeit beim Individuum: durch Zunahme des Einkommens sinkt die Sterblichkeit im Bereich der niedrigen Einkommen viel stärker als im Bereich der mittleren bis hohen Einkommen. In Ländern mit vielen Menschen mit mittlerem Einkommen wird deshalb rein statistisch die Sterblichkeit gesenkt, weil diese Menschen eine viel niedrigere Sterblichkeit haben als Leute mit niedrigem Einkommen. Mit dieser Studie sollte untersucht werden, ob die unterschiedlichen Sterblichkeitsraten ganzer Populationen wirklich nur durch solche statistische Artefakte verursacht werden.
Methoden
Aus der «National Longitudinal Mortality Study» der USA wurde der Zusammenhang zwischen dem Einkommen und der Sterblichkeitsrate auf der Stufe «Individuum» herausgelesen. Die Volkszählung in den USA von 1990 lieferte die Alters- und Geschlechtszusammensetzung der Bevölkerung aller US-Staaten. Mit diesen beiden Datensätzen konnte die theoretische Sterblichkeitsrate auf der Stufe «Staat» für alle US-Staaten berechnet werden, wie sie allein durch das statistische Artefakt zustandekäme. Die «Centers for Disease Control and Prevention» lieferten die tatsächliche Sterblichkeitsrate der Staaten, mit der nun die theoretische Sterblichkeitsrate verglichen werden konnte.
Ergebnisse
Die Sterblichkeitsrate in Staaten mit grossen Einkommensunterschieden wich viel stärker von derjenigen der Staaten mit kleinen Einkommensunterschieden ab, als rein aufgrund des statistischen Artefakts erwartet werden konnte.
Schlussfolgerungen
Die Hypothese des statistischen Artefakts kann die höhere Sterblichkeitsrate von Staaten mit grossen Einkommensunterschieden nur zu einem kleinen Teil erklären. Das Leben in einem Staat mit grossen Einkommensunterschieden ist also mit dem Risiko einer höheren Sterblichkeit verbunden. Forschung zur Begründung einer Politik der öffentlichen Gesundheit sollte die Bedeutung des sozialen Milieus als wesentlichen Gesundheitsfaktor immer vor Augen haben.
Je grösser die Einkommensunterschiede, desto ungünstiger die Gesundheitsindikatoren einer Gesellschaft. Dieser Zusammenhang ist in verschiedenen Studien gezeigt geworden. Es wurde argumentiert, dass dies auf den bekannten Zusammenhang zwischen individuell verfügbaren materiellen Ressourcen, Gesundheitsverhalten und Gesundheit zurückgeführt werden kann. Je ungleicher die Einkommensverteilung, desto grösser der Anteil Menschen, die materiell schlecht gestellt und vermehrt gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind.
Die vorliegende, elegante Simulationsstudie aus den USA zeigt nun, dass dieser Ansatz nur einen relativ kleinen Teil des Zusammenhangs zu erklären vermag. Ausgeprägte Einkommensunterschiede sind wahrscheinlich ein Marker für «ungesunde Gesellschaften»,1 die wenig in soziale Anliegen und die öffentliche Gesundheit investieren.
George Davey Smith1 Wilkinson R. Unhealthy Societies. The Afflictions of Inequalities. 1996 London:Routledge
Standpunkte und Meinungen
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