Carboplatin bei Ovarialkarzinom
- r -- ICON2: randomised trial of single-agent carboplatin against three-drug combination of CAP (cyclophosphamide, doxorubicin, and cisplatin) in women with ovarian cancer. ICON Collaborators. International Collaborative Ovarian Neoplasm Study. Lancet 1998 [Link]
- Kommentar: Beat Thürlimann
- infomed screen Jahrgang 3 (1999)
, Nummer 1
Publikationsdatum: 1. Januar 1999 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Als Standard-Chemotherapie beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom gilt die Kombinationstherapie CAP mit Cyclophosphamid (Endoxan®), Doxorubicin (Adriamycin®) und Cisplatin (Platinol®). In einer europäischen Multizenterstudie wurde geprüft, ob die viel besser verträgliche Monotherapie mit Carboplatin (Paraplatin®) in optimierter Dosierung nicht ebenso gut wirkt wie CAP.
Methoden
Insgesamt 1526 Patientinnen mit histologisch bewiesenem fortgeschrittenem Ovarialkarzinom erhielten entweder Carboplatin in einer der glomerulären Filtrationsrate angepassten, relativ hohen Dosierung oder CAP (Cyclophosphamid 500mg/m2, Doxorubicin 50mg/m2 und Cisplatin 50mg/m2). Es wurden sechs Chemotherapiezyklen im Abstand von jeweils drei Wochen durchgeführt. Ausgewertet wurden die Daten auf «intention to treat»- Basis.
Ergebnisse
Das mediane progressionsfreie Intervall betrug mit CAP 17, mit Carboplatin 15,5 Monate. Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant (p=0,20). Nach einer mittleren Beobachtungszeit von 35 Monaten waren 368 von 766 Patientinnen der CAP-Gruppe und 360 von 760 der Carboplatin-Gruppe verstorben; die mediane Überlebenszeit war mit je 33 Monaten in den beiden Gruppen identisch. Auch in den Untergruppen unterschied sich die Wirksamkeit der beiden Therapieregimes nicht signifikant. Die Nebenwirkungsrate ist nur für die italienischen Patientinnen (n=977) genau bekannt. Bei diesen war CAP wesentlich toxischer als Carboplatin, da die CAP-Kombination viel häufiger Alopezie, Leukopenie, Nausea und Erbrechen verursachte.
Schlussfolgerungen
CAP ist beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom nicht wirksamer, aber viel toxischer als eine optimal dosierte Carboplatin-Monotherapie. Die Studie wurde 1996 zugunsten der ICON3- Studie vorzeitig abgebrochen, in der die neue Kombination von Carboplatin und Paclitaxel (Taxol®) mit Carboplatin oder CAP verglichen wird. Zur Zeit kann Carboplatin in Monotherapie als wirksame und gut verträgliche Standardbehandlung des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms gelten.
Was ICON Collaborators schon seit bald 2 Jahren wissen, ist jetzt im Lancet publiziert: Die seit Anfang der Neunzigerjahre in England am meisten verwendete Therapie für das Ovarialkarzinom ist ebenso wirksam wie die viel toxischere Kombinations-Chemotherapie CAP, welche in vielen anderen Ländern als Standard-Therapie verwendet wurde. ICON2 ist die grösste je beim Ovarialkarzinom durchgeführte klinische Studie. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, wie durch internationale Zusammenarbeit nationale Behandlungs-Vorurteile überwunden werden und die Therapie auf eine evidenz-basierte Grundlage gestellt werden kann. Die einfache Dokumentation für diese Studie mit einem Zeitaufwand von etwa 2 Minuten pro Zyklus erlaubte die Teilnahme auch von kleinen Spitälern, so dass ein Selektions-Bias weitgehend entfällt. Für die Nachfolgestudie ICON3 (Carboplatin versus Carboplatin und Paclitaxel) mussten die Investigators ihre Vorurteile prospektiv schriftlich abgeben. Man wird sie dann mit den tatsächlichen Resultaten vergleichen. Fazit: Carboplatin-Monotherapie in adäquater Dosis-Intensität bleibt vorerst eine Standardtherapie für viele (vor allem ältere) Patientinnen mit Ovarialkarzinom – auch seit Taxan-Platin-Kombinationen ihre Wirksamkeit bewiesen haben.
Beat Thürlimann
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