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Lithium vermindert Suizidrisiko bei Affektstörungen
- m -- Cipriani A, Hawton K, Stockton S et al. Lithium in the prevention of suicide in mood disorders: updated systematic review and meta-analysis. BMJ 2013 (27. Juni); 346: f364 [Link]
- Zusammengefasst von: Felix Tapernoux
- Kommentiert von:
- infomed screen Jahrgang 17 (2013)
, Nummer 5
Datum der Ausgabe: Oktober 2013
Studienziele
Das Suizidrisiko von uni- und bipolaren Affektstörungen liegt zwischen 6 und 10% und erreicht bei Männern, die stationär psychiatrisch behandelt werden bis zu 26%. Mit dieser italienisch-britischen Meta-Analyse sollte untersucht werden, ob sich Lithium spezifisch präventiv auf die Suizidrate von Menschen mit bipolaren und monopolaren Störungen auswirkt. Es handelt sich um eine Erweiterung und Vertiefung einer Studie von 2005,1 die wegen der relativ geringen Anzahl Ereignisse mit Unsicherheiten behaftet war.
Methoden
In medizinischen Datenbanken und Studienregistern wurden randomisierte Studien gesucht, in denen Lithium, das mindestens 12 Wochen verabreicht wurde, mit Placebo oder anderen Substanzen verglichen wurde, die für die Behandlung von Affektstörungen geeignet sind. Primäre Endpunkte waren die Anzahl der Suizide oder der absichtlichen Selbstschädigungen sowie die Gesamtmortalität.
Ergebnisse
48 von 1'491 Studien aus den Jahren 1968 bis 2013 mit total 6'674 Personen erfüllten die Aufnahmekriterien. Zusätzlich zu Placebo wurden Antidepressiva, Neuroleptika, Schilddrüsenhormone oder Antiepileptika wie z.B. Carbamazepin (Tegretol® u.a.) verabreicht. Die mittlere Studiendauer betrug 19 Monate. Lithium reduzierte die Suizidrate (Odds Ratio = OR 0,13; 95%-CI 0,03-0,66) und die Gesamtmortalität (OR 0,38; 95%-CI 0,15-0,95) wirksamer als ein Placebo. Bezüglich Selbstschädigungen ergab sich kein signifikanter Vorteil der Behandlung mit Lithium (OR 0,60; CI 0,27-1,32). Wurde Lithium mit den anderen zur Studie zugelassenen Substanzen verglichen, ergab sich bezüglich Suizid und Gesamtmortalität kein signifikanter Unterschied. Lithium war einzig in der Vermeidung von Selbstschädigungen wirksamer als Carbamazepin.
Schlussfolgerungen
Lithium ist eine wirksame Behandlung zur Reduktion des Suizidrisikos von Menschen mit Affektstörungen.
Zusammengefasst von Felix Tapernoux
Die Studienverantwortlichen erweitern ihre 2005 publizierte systematische Review (1) und bestätigen ihre damaligen Ergebnisse: Gegenüber Placebo fällt die signifikante antisuizidale Wirkung von Lithium etwas deutlicher aus, dagegen zeitigen Vergleiche zu einzelnen Wirksubstanzen (u.a. Valproat, Lamotrigin oder Olanzapin) erneut keine erheblichen Unterschiede. Die Heterogenität der einbezogenen Studien bleibt beträchtlich, was sich in den Varianzen, aber auch in den Nachuntersuchungszeiten (4 bis 48, durchschnittlich 19 Monate) zeigt. Die Frage von Roy H. Perlis in seinem Editorial zu «Clinical Trials to Reduce Suicide» (2) muss aber weiterhin ebenso wichtig wie rhetorisch bleiben: «How can psychiatry address hard outcomes?» Bei relativ seltenen Ereignissen sind hierfür relativ grosse und langfristige Studien erforderlich. Gleichzeitig könnte bei der verfügbaren Datenlage eine einzelne, gross angelegte Untersuchung die vorgelegten Ergebnisse annullieren. Als praktisches Fazit bleibt dennoch: Lithium wirkt antisuizidal und behauptet auch dadurch seinen ersten Rang als Stimmungsstabilisator. Dass diese Wirkung spezifisch sein soll, lässt sich weiterhin nicht belegen. Die antisuizidale Wirkung kann ebenso durch die generelle stimmungsstabilisierende Wirkung, durch das relativ engmaschige Behandlungssetting (mit inbegriffener Compliancekontrolle) oder eine – schon öfters diskutierte – Reduktion impulsiven Verhaltens vermittelt sein. Im Endeffekt jedoch: So what?!
Peter Zingg
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