Rascher Opiatentzug schlecht dokumentiert
- m -- O‘Connor PG, Kosten TR. Rapid and ultrarapid opioid detoxification techniques. JAMA 1998 (21. Januar); 279: 229-34 [Link]
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- infomed screen Jahrgang 2 (1998)
, Nummer 2
Datum der Ausgabe: Februar 1998
Studienziele
Die Therapie mit Opiatantagonisten erweist sich vor allem bei hochmotivierten, sozial gut integrierten Opiatsüchtigen als probate Entzugsmöglichkeit. Diese amerikanische Metaanalyse versuchte den Nutzen zweier verschiedener Entzugsmethoden mit Opiatantagonisten zu dokumentieren.
Methoden
Einerseits interessierten Ergebnisse zur raschen körperlichen Opiatentwöhnung (über Monate) mit Naloxon (z.B. Narcan®) oder Naltrexon (z.B. Nemexin®), andererseits Resultate zum sehr raschen Opiatentzug (innerhalb von Stunden) mittels Kombination Naloxon/Naltrexon in einer Vollnarkose oder unter starker Sedierung. Die Medline-Datenbank wurde zu diesem Themenkreis nach Arbeiten, die zwischen 1966 und 1997 erschienen waren, durchsucht.
Ergebnisse
Es liessen sich 12 Studien über den raschen Entzug mit insgesamt 641 Süchtigen finden. Neun Studien mit total 424 Abhängigen behandelten den sehr raschen Entzug. In den meisten Studien wurden weniger als 50 Süchtige untersucht. Neben Opiatkonsumenten mit unterschiedlichem Abhängigkeitsgrad wurden oft auch Personen aus Methadonprogrammen in die Studien aufgenommen. Die Studienprotokolle waren sehr heterogen: meist keine randomisierten Studien, kein Einbezug von Kontrollgruppen, verschiedene Studienziele. In den einzelnen Studien wurden sowohl Substanzkombinationen wie auch Dosierungen der Einzelsubstanzen sehr variabel gehandhabt. Zudem wurde in vielen Studien nur der Kurzzeitverlauf – Beobachtungszeit nicht länger als 1 Monat – des Entzuges berücksichtigt.
Schlussfolgerungen
Die existierende Literatur über rasche bzw. sehr rasche Opiatentwöhnung lässt keine schlüssigen Aussagen hinsichtlich einer etablierten Behandlung zu. Randomisierte Studien sind notwendig, welche auch Langzeitwirkung, Nebenwirkungen und das Kosten-Nutzen-Verhältnis untersuchen.
Sind alternative Methoden der Opiatentgiftungsbehandlung - wie der «Blitzentzug» – effektiv(er) und effizient(er), sicher(er), zeichnen sie sich durch höhere Akzeptanz oder eine günstigere längerfristige Verlaufsprognose aus?
Diese praktisch relevanten Fragen vermag die vorliegende Review gerade nicht zu beantworten; sie beschränkt sich im wesentlichen auf eine methodologische Deskription ausgewählter, als kaum konkludent beurteilter Untersuchungen. Dadurch bleiben die unter den Schlussfolgerungen dann doch vermerkten Behandlungsrichtlinien auf dem Niveau von zwar durchaus plausiblen Mutmassungen, stellen aber keine validierten therapeutischen Differentialindikationen dar. Ob die vom BAG geplante Multizenterstudie «Entzug» hierzu nähere Aufschlüsse bieten wird?
Peter Zingg-Müller
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