Abnorme MRI-Befunde bei normalen Knieröntgenbildern: relevant?
- k -- Guermazi A, Niu J, Hayashi D et al. Prevalence of abnormalities in knees detected by MRI in adults without knee osteoarthritis: population based obeservation study (Framingham Osteoarthritis Study). BMJ 2012Â (29.August); 345; e5339 [Link]
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Stefan Seidel
- infomed screen Jahrgang 16 (2012)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 10. Dezember 2012 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Die Arthrose ist weltweit die am häufigsten behandelte Gelenkserkrankung, ihre Häufigkeit dürfte wegen der Überalterung der Bevölkerung und der Zunahme von Übergewicht weiter zunehmen. In der Regel wird die Diagnose einer Arthrose klinisch und anhand von Röntgenbildern gestellt. Der Befund des Röntgenbildes korreliert aber schlecht mit den angegebenen Beschwerden. In einer MRI-Untersuchung können im Vergleich zum konventionellen Röntgenbild wichtige Gelenkstrukturen wie Knorpel, Synovia und Ligamente beurteilt werden. In dieser Kohortenstudie («Framingham Osteoarthritis Study») ging man der Frage nach, welchen zusätzlichen Nutzen das MRI bei der Beurteilung von Kniegelenken bringt, die im konventionellen Röntgenbild unauffällig sind.
Methoden
Die zufällig ausgewählten Untersuchten mussten über 50-jährig sein und im Röntgenbild keine Zeichen einer Gonarthrose aufweisen («Kellgren-Lawrence Score» von 0). Von den angefragten 2'582 Personen konnten 1'039 untersucht werden. Bei 993 konnte eine MRI-Untersuchung und bei 992 eine konventionelle Röntgenaufnahme der Knie erstellt werden. Bei 710 fand sich radiologisch ein «normales» tibio-femorales Gelenk. Knieschmerzen wurden anhand von drei gezielten Fragen und mit der validierten WOMAC-Skala beurteilt.
Ergebnisse
Von den 710 Versuchspersonen mit einem normalen Röntgenbefund waren 55% Frauen und 93% weisser Hautfarbe. Ihr Alter betrug im Durchschnitt 62 Jahre, ihr BMI 28. Insgesamt 206 Personen (29%) klagten über Knieschmerzen. Gesamthaft fanden sich im MRI in 89% der Fälle arthrotische Veränderungen. Am häufigsten waren Osteophyten, gefolgt von Knorpelschwund und Knochenmarkläsionen. Mit zunehmendem Alter nahmen typische arthrotische Veränderungen zu. Die Prävalenz mindestens eines pathologischen MRI-Befundes war bei Personen mit Knieschmerzen wie auch bei jenen ohne Knieschmerzen hoch (91% gegenüber 88%, Unterschied nicht signifikant). Keine signifikanten Unterschiede bezüglich Ausmass der arthrotischen Veränderungen fanden sich im Vergleich zwischen den Gruppen mit unterschiedlichem BMI.
Schlussfolgerungen
Bei einer Mehrzahl der Personen über 50 mit unauffälligen Knieröntgenbildern konnten mit einem MRI des Knies arthrotische Veränderungen vor allem im tibio-femoralen Gelenk nachgewiesen werden, unabhängig davon, ob Schmerzen vorhanden waren oder nicht. Die Frage, wann bei Personen mit einem unauffälligen konventionellen Röntgenbild ein MRI indiziert ist, wird leider nicht diskutiert.
Zusammengefasst von Thomas Koch
Die vorliegende Studie weist nach, dass das MRI dem konventionellen Röntgenbild in der Diagnose der frühen Gonarthrose deutlich überlegen ist. Insofern läge hier ein potentes diagnostisches Werkzeug vor, um Gelenkdegenerationen früh zu entdecken und schonend zu behandeln. Allerdings zeigt die Arbeit die Schwierigkeit «physiologische Alterungsprozesse» des Knies von echten, potentiell therapierelevanten Veränderungen zu differenzieren. So sind die MR-typischen Merkmale über die Kollektive weitgehend gleichmässig verteilt, unabhängig von Schmerz oder Beschwerdefreiheit, Geschlecht und BMI. Es muss Aufgabe kommender Studien sein, über eine höhere Spezifität das Potential des MRI in der Frühdiagnostik auszunutzen und damit den praktischen Nutzen zu erhöhen.
Stefan Seidel
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