Neue Daten zur oralen Antikoagulation bei Vorhofflimmern
- m -- Agarwal S, Hachamovitch R, Menon V. Current trial-associated outcomes with warfarin in prevention of stroke in patients with nonvalvular atrial fibrillation: a meta-analysis. Arch Intern Med 2012 (23. April); 172: 623-31 [Link]
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 16 (2012)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 30. Juli 2012 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Durch eine orale Antikoagulation kann das Risiko für einen Schlaganfall bei chronischem Vorhofflimmern vermindert werden. Aufgrund der breiten Verfügbarkeit und geringen Behandlungskosten bleibt diese Behandlung trotz ihrer Mängel (regelmässig notwendige Laborkontrollen, Interaktionen mit Medikamenten und Nahrungsmitteln) wichtig, obwohl unterdessen diverse neue antithrombotische Substanzen entwickelt worden sind. Da die meisten Daten zur oralen Antikoagulation aus Meta-Analysen älterer Studien stammen, sollte hier die Evidenzlage zu diesem Thema aktualisiert werden.
Methoden
In verschiedenen Online-Datenbanken wurde nach randomisierten Studien aus den letzten zehn Jahren gesucht, in denen Warfarin als Prophylaxe bei Vorhofflimmern mit anderen antithrombotischen Substanzen verglichen worden war. Es wurden jedoch nur die mit Warfarin behandelten Personen berücksichtigt, da das absolute Risiko für einen Schlaganfall oder eine systemische Embolie unter Warfarin als primärer Endpunkt berechnet werden sollte. Des Weiteren interessierte das Risiko für grössere Blutungen.
Ergebnisse
Es konnten acht randomisierte Studien mit insgesamt 55'789 Personenjahren Warfarin-Therapie ausgewertet werden. Die orale Antikoagulation erreichte während 55 bis 68% der Zeit den therapeutischen Bereich. Die jährliche Inzidenz für einen Schlaganfall oder eine systemische Embolie betrug 1,7% (95% CI 1,41-1,91%). Dieses Risiko war deutlich höher für ältere Personen (2,3%), für Frauen (2,1%), nach einem durchgemachten Schlaganfall (2,6%) oder ohne vorgängige Erfahrung mit Vitamin-K-Antagonisten (2,0%). Aufgrund unterschiedlicher Endpunkt-Definitionen konnte die Rate schwerer Blutungen nicht in einer Meta-Analyse kombiniert werden, sie variierte in den einzelnen Studien von 1,4% bis 3,4%.
Schlussfolgerungen
Es erleiden nur noch wenige Personen mit Vorhofflimmern trotz oraler Antikoagulation einen Schlaganfall oder eine systemische Embolie. Im Vergleich zu einer früheren Meta-Analyse aus dem Jahre 19991 erreicht im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die orale Antikoagulation häufiger den therapeutischen Bereich, was schliesslich auch in einer niedrigeren Rate von Schlaganfällen resultiert (1,7% gegenüber 2,1%).
Zusammengefasst von Alexandra Röllin
In einer Zeit, wo Industrie-gesponserte Fachleute die vermeintlichen Vorteile neuer Antikoagulantien nicht genug loben können, ist es wichtig, sich der Qualitäten der «alten» oralen Antikoagulantien – wie Warfarin oder Phenprocoumon (Marcoumar®) – bewusst zu bleiben. Wie die vorliegende Arbeit zeigt, wird sogar mit einer vergleichsweise unbefriedigenden (da zu wenig konstanten) Antikoagulation eine überraschend gute Senkung des Schlaganfallrisikos bei Vorhofflimmern erreicht. Die durchschnittliche Qualität der Antikoagulation in der Schweiz ist zwar nicht genügend dokumentiert; ich würde jedoch vermuten, dass die INR-Werte in der Schweizer Praxis viel konstanter gehalten werden als in den hier verwerteten Studien, in denen sich die Werte nur während etwas über 60% der Beobachtungszeit im therapeutischen Bereich zwischen 2,0 und 3,0 befanden. Mit anderen Worten: bei guter «traditioneller» Antikoagulation darf mit einem noch günstigeren Nutzen/Risiko-Verhältnis gerechnet werden.
Etzel Gysling
1 Hart RG, Benavente O, McBride R et al. Antithrombotic therapy to prevent stroke in patients with atrial fibrillation: a meta-analysis. Ann Intern Med 1999 (5. Oktober); 131: 492-501
Standpunkte und Meinungen
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