Cranberry-Extrakt nützt wenig bei rezidivierenden Harnwegsinfekten
- Zusammenfassung: Peter Ritzmann
- infomed screen Jahrgang 15 (2011)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 1. Dezember 2011 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Neben Hinweisen zu allgemeinen Massnahmen, wie genügend zu trinken und eine gute Hygiene einzuhalten, gibt es kaum etwas, das man Frauen mit häufigen Harnwegsinfekten (HWI) raten kann. Prophylaktische Antibiotika führen zur Resistenzentwicklung bei den häufig ursächlich beteiligten E. coli-Stämmen im Magen-Darm-Trakt. Alternative Behandlungen wie das Trinken von Cranberrysaft oder die Einnahme von Präparaten mit dem Extrakt dieser aus Nordamerika stammenden Preiselbeeren wären deshalb attraktiv. Aber wirken sie tatsächlich? In dieser doppelblind geführten niederländischen Studie wurde diese Frage bei 220 Frauen vor der Menopause untersucht. Verglichen wurde eine zwölfmonatige Einnahme von Cranberry-Kapseln (2-mal 500 mg täglich) mit einer prophylaktischen Behandlung mit Cotrimoxazol (Bactrim® u.a., 1 Tablette mit 80 mg Trimethoprim und 400 mg Sulfamethoxazol täglich).
Harnwegsinfekte waren in beiden Behandlungsgruppen häufig: Deutlich mehr als die Hälfte der untersuchten Frauen erlitt während der einjährigen Behandlungszeit mindestens einen symptomatischen HWI. Bei den mit Cranberryextrakt Behandelten war dieser Anteil signifikant höher (78% gegenüber 71%) und die durchschnittliche Anzahl symptomatischer HWI ebenfalls (4,0 gegenüber 1,8). Dafür wurden nach Prophylaxe mit Cotrimoxazol im Urin und im Darm signifikant häufiger antibiotikaresistente E. coli-Stämme isoliert. Dies betraf nicht nur Resistenzen auf Cotrimoxazol, sondern auch auf Amoxicillin (Clamoxyl® u.a.) und Ciprofloxacin (Ciproxin® u.a.).
Ein Cranberry-Präparat verhindert weniger HWI-Rezidive als eine Cotrimoxazol-Prophylaxe, letztere führt aber zur Selektion von resistenten Darmkeimen. Das Resultat überrascht nicht, sondern illustriert, wie schwierig es ist, betroffene Frauen fundiert zu beraten. Aus praktischer Sicht wäre eine Placebo-Kontrollgruppe in dieser Studie hilfreich gewesen. Da nicht letztlich geklärt ist, ob das Cranberry-Präparat überhaupt etwas genützt hat, sagt die Studie lediglich aus, dass eine Cotrimoxazol-Prophylaxe einen Teil der HWI-Rezidive verhindert, aber das Risiko für Infekte mit antibiotikaresistenten Darmkeimen erhöht, was die Entscheidung für eine antibiotische Prophylaxe zu einer zweischneidigen Sache macht.
Zusammengefasst von Peter Ritzmann
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