Ambulante Therapie von akuten Lungenembolien
- Zusammenfassung: Adrian Rohrbasser
- Kommentar: Christina Jeanneret
- infomed screen Jahrgang 15 (2011)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 1. September 2011 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Tiefe Venenthrombosen werden heutzutage routinemässig ambulant behandelt. Obwohl es dazu keine klare Evidenz gibt, empfehlen gewisse Richtlinien, dies auch bei Lungenembolien mit günstigem Risikoprofil so zu handhaben. Anhand dieser Studie wurde untersucht, ob die ambulante Behandlung von akuten Lungenembolien der stationären ebenbürtig ist.
Methoden
Von 1'557 Personen mit akuter Lungenembolie, welche eine der 19 teilnehmenden Notfallaufnahmen (in CH, Frankreich, Belgien und den USA) aufsuchten, erfüllten 470 die Einschlusskriterien. Diese bestanden hauptsächlich in einem tiefen «Pulmonary Embolism Severity Index» – einem validierten Instrument zur Risikostratifizierung von Lungenembolien. Von den 344 Personen, die mit einer Studienteilnahme einverstanden waren, wurde nach dem Zufall die Hälfte hospitalisiert, die andere Hälfte möglichst bald in die ambulante Therapie entlassen. Alle erhielten eine Behandlung mit einem niedermolekularen Heparin, gefolgt von einem Vitamin K-Antagonisten über mindestens 90 Tage. Die primären Endpunkte waren: hinsichtlich Wirksamkeit die Anzahl thromboembolischer Rezidive und hinsichtlich Sicherheit die Anzahl Todesfälle und die Anzahl schwerer Blutungen.
Ergebnisse
Betreffend der Rezidive und Todesfälle nach 90 Tagen und der ernsthaften Blutungen nach 14 Tagen unterschieden sich die beiden Behandlungsgruppen nicht. Aufgrund der niedrigen Zahl von untersuchten Personen, genügte eine zusätzliche Patientin mit Menometrorrhagien am 50. Behandlungstag, damit für die Blutungsrate nach 90 Tagen die Grenze des akzeptablen Unterschieds von 4% für Rezidive oder Komplikationen überschritten war. Bei den Hospitalisierten betrug die Aufenthaltsdauer im Spital durchschnittlich 3,9 Tage, bei den ambulant Behandelten einen halben Tag.
Schlussfolgerungen
Wenn man sich auf Personen mit einem tiefen «Pulmonary Embolism Severity Index» beschränkt, kann eine akute Lungenembolie vermutlich ambulant behandelt werden. Was das Risiko für Blutungskomplikationen betrifft, besteht allerdings noch Unsicherheit.
Zusammengefasst von Adrian Rohrbasser
Die Mortalität bei Lungenembolie nach Therapiebeginn ist per se sehr niedrig, entsprechend erstaunt es nicht, dass der Outcome in der Gruppe der Hospitalisierten verglichen mit den ambulant Behandelten gleich gross ist. Auffallend ist in dieser Studie allerdings die hohe Exklusionsrate. Es erstaunt zudem, dass sowohl in der «In»- wie in der «Outpatient»-Gruppe 10% beziehungsweise 14% der Lungenembolien zentral lokalisiert waren. Aus dem Risikoassessment (Risikoklassen I und II), bei dem insbesondere das Alter ebenso wie das Vorliegen eines Karzinoms oder Verwirrtheit eine grosse Rolle spielen, kann ein Patientenpfad zur Triagierung in «ambulant» oder «hospitalisiert» erfolgen. Diese Studie ist vor allem im Vorfeld der Einführung von Fallpauschalen wichtig und von grösster Aktualität. Fazit für den Praktiker: Bei Verdacht auf Lungenembolie Zuweisung auf Notfallstation (wie bisher), dort muss anhand von Klinik, Spiral-CT und D-Dimeren die Einschätzung erfolgen, ob die betroffene Person hospitalisiert werden soll oder nicht. Es gibt noch keine klinischen Kriterien, welche eine sogenannt «harmlosere» periphere Lungenembolie von einer parazentralen, potentiell tödlichen Lungenembolie unterscheiden lassen – ohne CT ist das meines Erachtens nach wie vor nicht möglich.
Christina Jeanneret
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