Verminderte Bisphosphonat-Wirkung?
- Zusammenfassung: Peter Ritzmann
- Kommentar: Peter Ritzmann
- infomed screen Jahrgang 15 (2011)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 1. September 2011 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Abgesehen von einer direkten Wirkung auf die Physiologie des Knochenstoffwechsels könnte eine PPI-Therapie auch die Bioverfügbarkeit und/oder die Wirkung von Bisphosphonaten reduzieren. Untersucht wurde ein solcher Zusammenhang mit Hilfe der Daten des dänischen Gesundheitssystems. In die Studie aufgenommen wurden 38'000 Personen, die neu mit Alendronat (Fosamax® u.a.) behandelt worden waren. Auf Grund der bezogenen Alendronat-Dosen wurde zuerst die Wirksamkeit der Alendronat-Therapie zur Verhinderung von Frakturen errechnet und danach der Einfluss einer PPI-Therapie auf diese Wirkung untersucht.
Die errechnete Reduktion der Zahl von Schenkelhalsfrakturen bei einer hundertprozentigen Compliance betrug 39%, wenn keine PPI eingenommen wurden. Wurden PPI eingenommen, war diese Reduktion kleiner (19%) und statistisch nicht mehr signifikant. Keine abgeschwächte Wirksamkeit fand sich für Personen, die früher PPI eingenommen hatten und auch nicht für mit Histamin-H2-Blockern Behandelte.
Sicher ist es richtig, auch PPI mit gebührender Zurückhaltung einzusetzen. Die PPI-Behandlung von 59% aller Hospitalisierten in der ersten der vorgestellten Studien ist ein Indiz dafür, dass PPI häufig ohne wirkliche Indikation verabreicht werden. Das zahlenmässig kleine Risiko für gastrointestinale Blutungen rechtfertigt die Abgabe nach dem Giesskannenprinzip sicher nicht.
Die drei weiteren Studien zeichnen ein ungünstiges Bild von den PPI. Vermindern PPI nun wirklich die Schutzwirkung von ASS und Bisphosphonaten und erhöhen sie generell das Frakturrisiko bei älteren Leuten? Vorsicht ist angezeigt bei der Interpretation der beobachteten Assoziationen. Es handelt sich um Beobachtungsstudien; trotz statistischer Korrekturverfahren könnten unbekannte oder nicht-messbare Einflüsse einen ursächlichen Zusammenhang mit der PPI-Einnahme nur vortäuschen. Am besten belegt ist dabei, dass langdauernde, hochdosierte PPI-Behandlungen das Risiko für osteoporotische Frakturen erhöhen. Auch die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat im letzten März auf diesen Zusammenhang hingewiesen.1 Ob PPI zusätzlich die Wirksamkeit von oralen Bisphosphonaten vermindern, ist mit dieser einen Studie aber nicht bewiesen. Spannend wäre in diesem Zusammenhang zu wissen, ob sich ein solcher Zusammenhang auch bei parenteralen Bisphosphonaten nachweisen lässt.
Völlig unklar ist aus heutiger Sicht der Einfluss der PPI auf die Wirksamkeit der Plättchenhemmer. Für Clopidogrel, für welches eine pharmakokinetische Interaktion plausibel erschien, hat sich der Verdacht auf eine relevante Beeinflussung der Plättchenhemmung durch PPI in klinischen Studien nicht eindeutig klären lassen. In der aktuellen Studie wird nun ausserdem über ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei ASS-Behandelten unter PPI berichtet. Hier bleibt vorerst abzuwarten, ob eine solche Assoziation auch in anderen Studien nachzuweisen ist.
1 http://screen051105.notlong.com
Peter Ritzmann
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