Gratis-Fachzeitschriften zahnlos
- Zusammenfassung: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 15 (2011)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 29. August 2011 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Ärztinnen und Ärzte verlassen sich auch heute noch häufig auf Informationen zu neueren Medikamenten in Zeitschriften, die der medizinischen Weiterbildung dienen. Ein Teil dieser Zeitschriften sind gratis, da sie sich mittels Werbung finanzieren (Beispiel: Medical Tribune). Aufgrund des Finanzierungsmodus kann vermutet werden, dass sich der redaktionell verantwortete Inhalt kaum kritisch mit den beworbenen Medikamenten auseinandersetzt.
Eine Gruppe von Forschenden hat deshalb untersucht, wie weit die im redaktionellen Teil von Fachzeitschriften veröffentlichte Beurteilung von Medikamenten davon abhängt, ob ein Blatt Werbung für die selben Medikamente enthält. Die im Jahr 2007 veröffentlichten Ausgaben von 11 deutschen Zeitschriften – wovon 5 vollständig gratis – wurden hinsichtlich der Empfehlungen und der Werbung zu neun Medikamenten oder Medikamentengruppen durchgesehen. Berücksichtigt wurden Mittel, die 2007 aktiv beworben wurden (Beispiele: Cholinesterasehemmer, Glitazone, Angiotensin-Rezeptorantagonisten).
Während anzeigefreie Zeitschriften in 28 von 34 Texten zu den untersuchten Medikamenten eine ablehnende Stellungnahme veröffentlichten, enthielten 235 von 256 Texten in Gratis-Zeitschriften eine deutlich positive Beurteilung derselben Mittel. Enthielt eine Ausgabe einer Zeitschrift z.B. eine Anzeige zu Glitazonen, so betrug die Odds Ratio, dass ein die Glitazone befürwortender redaktioneller Text in derselben Nummer zu finden war, 2,61 (95%-CI 1,59-4,27). Für einzelne Zeitschriften war die Übereinstimmung zwischen Werbung und redaktionellem Inhalt in derselben Ausgabe ebenfalls besonders hoch (Beispiel: «Der Allgemeinarzt»).
Auch wenn wir schon immer «gewusst» haben, dass Gratiszeitschriften unkritisch sind, stimmen die Resultate dieser Analyse nachdenklich. Schliesslich sind ja viele Artikel in diesen Blättern von Universitätsprofessoren unterzeichnet oder beziehen sich mindestens auf Aussagen solcher Fachgrössen. Schon vor vier Jahren waren z.B. einige Probleme im Zusammenhang mit den (heute in Deutschland praktisch verschwundenen) Glitazonen bekannt. Weshalb nur die positive Beurteilung? Überheblichkeit in dem Sinne, dass sich die vorliegende Arbeit nur gerade auf Deutschland bezöge, ist aber nicht angebracht. Es ist keineswegs anzunehmen, dass die Situation in der Schweiz besser ist. Die Lösung heisst, den Gratiszeitschriften aus dem Weg zu gehen.
Zusammengefasst von Etzel Gysling
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