Was ärztliche Entscheidungen beeinflusst (Studie 2)
- Zusammenfassung: Peter Ritzmann
- infomed screen Jahrgang 15 (2011)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 29. August 2011 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Mit den Fortschritten bei den zytostatischen Behandlungen werden heute vermehrt palliative Chemotherapien auch in fortgeschrittenen Krebsstadien durchgeführt. In dieser niederländischen Studie wurde mit einer Reihe von Interviews untersucht, wie Ärztinnen und Ärzte entscheiden, ob sie in einer Endphase eines Karzinoms nochmals eine palliative Chemotherapie versuchen oder nicht. Parallel dazu wurden Pflegende von terminal Krebskranken zu ihrer Sicht zu diesem Thema befragt.
Bei den 14 vorwiegend onkologisch tätigen Ärztinnen und Ärzten fand sich eine relativ grosse Bereitschaft, auch in einer Endphase eines Krebsleidens nochmals eine Chemotherapie zu beginnen. Dabei fiel auf, dass sie die Lebensverlängerung sowie die mit einem weiteren Therapieversuch vermittelte Hoffnung als sehr wichtig bewerteten. Die 13 Pflegenden legten im Vergleich dazu mehr Gewicht auf die Zeit, die jemandem bleibt, um sich mit dem Sterben auseinanderzusetzen. Die Studienverantwortlichen vermuten, dass Behandelte und Behandelnde sich im Rahmen der Behandlung gegenseitig darin bestärken, nicht aufzugeben. Dies führe möglicherweise dazu, dass andere Aspekte, wie die Auseinandersetzung mit dem Tod ausgeblendet würden und begünstige die Anwendung von Chemotherapien in Endstadien eines Krebsleidens.
Die beiden Studien beleuchten zwei unterschiedliche Problemfelder im Zusammenhang mit ärztlichen Entscheidungen. Die erste beschäftigt sich mit der Frage, ob Ärztinnen und Ärzte überhaupt Empfehlungen an die von ihnen behandelten Personen abgeben sollen. Gefunden wurde ein in dieser Deutlichkeit doch überraschender Unterschied in der Therapiewahl für sich selbst oder für einen Patienten. Interessanterweise erscheint dabei die Entscheidung für einen anderen Menschen nach rationaleren Gesichtspunkten zu erfolgen als diejenige für sich selbst. Das spricht eigentlich dafür, dass wir unseren Patientinnen und Patienten Empfehlungen abgeben sollen, zumindest wenn wir danach gefragt werden...
Die Frage der zweiten Studie betrifft Entscheidungen bei terminal Krebskranken. Die Interviews zeigen auf, wie schwierig es ist für eine verschworene «Kampfgemeinschaft» von Patient und Arzt, den Moment nicht zu verpassen, wo eine weitere Chemotherapie dem Behandelten weniger nützt als dass sie ihn daran hindert, sich mit seinem Sterben zu befassen. Angehörige, Pflegende aber auch (Haus-) Ärztinnen und Ärzte, die nicht direkt in die Chemotherapieentscheidung involviert sind, können hier eine wichtige Aufgabe wahrnehmen, wenn sie eine andere Sicht einbringen.
Zusammengefasst von Peter Ritzmann
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