Alkohol und Krebs
- Zusammenfassung: Peter Schläppi
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 15 (2011)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 29. August 2011 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Alkohol ist in Europa für etwa 6% der Todesfälle verantwortlich. Mit Alkohol in Verbindung gebracht werden Mundhöhlen-, Pharynx-, Larynx-, Ösophagus- und Leberkarzinome, neu auch Brust- und Kolonkrebs. In der aktuellen Studie wurde die Inzidenz von Malignomen untersucht, die im Zusammenhang mit Alkoholkonsum auftreten.
Methoden
In acht europäischen Ländern (Frankreich, Italien, Spanien, Grossbritannien, Niederlande, Griechenland, Deutschland und Dänemark) wurden in einer prospektiven Kohortenstudie in den Jahren 1992 bis 2000 über 350'000 Personen (zwei Drittel Frauen, Altersgruppe 37 bis 70 Jahre) untersucht. Mit einem validierten Fragebogen zum Trinkverhalten wurden neben dem aktuellen auch ein allfälliger früherer Alkoholkonsum erfasst. Dieser wurde mit Krebsdaten aus regionalen Krebsregistern in Zusammenhang gebracht.
Ergebnisse
In Nordeuropa wurde mehr getrunken als im Süden, wo es auch mehr Abstinente gab. Mit jedem Glas stieg bei allen Malignomen das Erkrankungsrisiko, vor allem wenn Männer mehr als 24 g und Frauen mehr als 12 g Alkohol pro Tag konsumierten. In den acht untersuchten Ländern hingen bei Männern 10% (95% CI 7-13%) der totalen Krebsinzidenz mit aktuellem oder früherem Alkoholkonsum zusammen, bei Frauen 3% (95% CI 1-5%). Von den Malignomen in den oberen Verdauungs- und Atemwegen waren bei Männern 44% und bei Frauen 25% mit Alkohol assoziiert, von den Leberkarzinomen 33% bzw. 18%, von den Kolorektalkarzinomen 17% bzw. 4% und von den Mammakarzinomen 5%.
Schlussfolgerungen
In Westeuropa muss ein beträchtlicher Anteil der Krebskrankheitsfälle dem Alkohol zugeschrieben werden.
Zusammengefasst von Peter Schläppi
Nachdem in den letzten Jahren immer wieder Studien veröffentlicht worden sind, wonach Alkohol – mässig genossen – die kardiovaskuläre Morbidität oder gar die gesamte Mortalität reduziere, bringt diese Studie die wohl notwendige Ernüchterung. Alkohol kann offensichtlich die Entstehung von Krebs – besonders von Krebs der oberen Verdauungs- und Atemwege, aber auch von anderen Krebsformen – fördern. Nach der vorliegenden Arbeit sind in erster Linie Männer gefährdet, die sich grössere Alkoholmengen zuführen. Für die in dieser Publikation ohne detaillierte Dokumentation geäusserte Vermutung, jeglicher Alkoholkonsum sei schädlich, genügen die verfügbaren Daten aber nicht. In welchem Ausmass sich ein mässiger Alkoholkonsum auf die Dauer eines qualitativ guten Lebens auswirkt, ist für mich unklar. Ich rate meinen Patientinnen und Patienten weder zum Trinken noch zur absoluten Abstinenz.
Etzel Gysling
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