Koronare Primärprophylaxe bei Männern
- r -- The Medical Research Council’s General Practice Research Framework. Thrombosis prevention trial: randomised trial of low-intensity oral anticoagulation with warfarin and low-dose aspirin in the primary prevention of ischaemic heart disease in men a [Link]
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- infomed screen Jahrgang 2 (1998)
, Nummer 2
Datum der Ausgabe: Februar 1998
Studienziele
Der Nutzen einer Behandlung mit Acetylsalicylsäure (ASS) in der Sekundärprophylaxe des Herzinfarkts gilt heute als gut dokumentiert. Dies trifft für die Primärprophylaxe nicht im gleichen Masse zu. In dieser Studie wurde die Wirkung einer wenig intensiven oralen Antikoagulation, einer niedrigdosierten ASS-Therapie und einer Kombination dieser Therapien verglichen.
Methoden
In einer britischen Praxisstudie wurden Männer im Alter von 45 bis 69 Jahren mit einem hohem koronaren Risiko ausgelesen. In einer ersten Phase wurde bei 1427 Männern die orale Antikoagulation mit Placebo verglichen. Im Jahr 1989 traten von diesen Männern 1013 mit 4072 neurekrutierten Männern zusammen in die zweite Studienphase über. Es wurden vier Behandlungsgruppen gebildet: 1. ausschliesslich orale Antikoagulation (n=1268), 2. ausschliesslich ASS (n=1268), 3. orale Antikoagulation + ASS (n=1277), 4. nur Placebo (n=1272). ASS wurde in einer Dosis von 75 mg verabreicht. Für die orale Antikoagulation wurde als Ziel eine «International Normalised Ratio» (INR) von 1,5 (Quickwert von 59%) vorgegeben. Die Beobachtungen dauerten bis Oktober 1997. Endpunkt war ein koronares Ereignis (plötzlicher Herztod oder Myokardinfarkt).
Ergebnisse
Insgesamt traten 410 koronare Ereignisse auf, davon verliefen 142 tödlich. Männer in den Gruppen mit oraler Antikoagulation (Gruppen 1 & 3) hatten um 21% weniger koronare Ereignisse als diejenigen unter ASS allein oder Placebo. Bei den antikoagulierten Männern wurde die Gesamt-Mortalität um 17% gesenkt. Dieser günstige Effekt resultierte hauptsächlich aus einer 39%igen Senkung der koronaren Todesfälle. Mit ASS behandelte Männer (Gruppen 2 & 3) erlitten 20% weniger koronare Ereignisse als diejenigen der Gruppen 1 & 4. Auf die Gesamt-Mortalität hatte ASS keine Auswirkung. Im Vergleich mit der Placebo-Gruppe wurde das Risiko der gesamten koronaren Ereignisse in der Gruppe mit kombinierter Behandlung mit 34% am deutlichsten reduziert. In dieser Gruppe kam es jedoch zu mehr Hirnschlägen, insbesondere auch zu mehr tödlichen Hirnschlägen als unter Placebo. Bei den Antikoagulierten traten auch viel häufiger Komplikationen von Aortenaneurysmen auf.
Schlussfolgerungen
Bei Hochrisikopatienten war eine orale Antikoagulation in der Primärprophylaxe koronarer Herzkrankheiten ähnlich gut wirksam wie niedrigdosierte ASS. Das Risiko für ein koronares Ereignis konnte um rund 20% gesenkt werden, ASS reduzierte überwiegend die nicht-tödlichen, eine orale Antikoagulation insbesondere die tödlichen Ereignisse. Die Kombinationsbehandlung erwies sich derjenigen mit den Einzelsubstanzen überlegen.
Vor einer Primärprophylaxe muss die kardiovaskuläre Risikokonstellation beurteilt werden. Bei Patienten mit niedrigem Risiko besteht kein Grund, eine Primärprophylaxe durchzuführen. Anders ist es bei Hochrisikopatienten, bei denen die Wirksamkeit einer Primärprophylaxe mit niedrigdosierter ASS in dieser Studie belegt wurde. Eine wenig intensive orale Antikoagulation erbrachte zwar gesamthaft das beste Resultat, ist jedoch mit wesentlich mehr Aufwand verbunden als die Verabreichung von Acetylsalicylsäure. Zudem hat die Antikoagulation das höhere Blutungsrisiko als der Plättchenhemmer. Ob eine Primärprävention mit den vergleichsweise teuren Statinen dem Eingriff in die Blutgerinnung (mit Antikoagulantien oder Plättchenhemmern) ebenbürtig oder überlegen ist, sollte in weiteren Studien geklärt werden.
Werner Eugster
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