Opioide sind keineswegs problemlose Schmerzmittel
- Zusammenfassung: Peter Schläppi
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 15 (2011)
, Nummer 2
Publikationsdatum: 6. April 2011 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Schmerzmittel werden häufig verschrieben, so z.B. bei jeder fünften erwachsenen Person in den USA. Die kardiovaskulären Risiken von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) und COX-2-Hemmern sind gut dokumentiert, zu den Risiken der Opioide fehlen entsprechende Untersuchungen noch weitgehend. Weil direkte Vergleichsstudien – wenn überhaupt – sehr schwierig durchzuführen sind, untersuchten die Studienverantwortlichen das Risikoprofil verschiedener Analgetikaklassen in einer grossen Kohortenstudie.
Methoden
Basis der Kohortenuntersuchung waren Personen mit der Diagnose Arthrose oder rheumatoide Arthritis, deren Schmerzbehandlung im Rahmen des Medicare-Programms in den Jahren von 1999 bis 2005 finanziert worden war. Wer in den 180 Tagen vor Beobachtungsbeginn bereits Schmerzmittel erhalten hatte, krebskrank war, gleichzeitig mehrere Analgetika der drei untersuchten Gruppen einnahm oder im vorangegangenen Jahr nicht regelmässig zur Kontrolle erschienen war, wurde nicht berücksichtigt. Die zusätzliche Einnahme von Paracetamol war hingegen erlaubt. Mithilfe eines ausgeklügelten «Matching»-Verfahrens wurden aus den verbliebenen Personen die schliesslich Untersuchten nun so ausgewählt, dass drei vergleichbare Therapie-Gruppen gebildet werden konnten: Behandlung mit NSAR, COX-2-Hemmern bzw. Opioiden. Die definitive Studienkohorte umfasste 12'840 (7,8%) von ursprünglich 163'714 Personen. Die Teilnehmenden waren durchschnittlich 80-jährig, zu 85% weiblich, 88% litten an Arthrose und 12% an rheumatoider Arthritis. Es wurden nicht nur das Risiko für kardiovaskuläre, sondern auch für diverse andere unerwünschte Wirkungen ermittelt.
Ergebnisse
Das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten im Vergleich mit NSAR war für die Opioide deutlich (Hazard Ratio HR 1,77; 95% CI 1,39-2,24) und für COX-2-Hemmer leicht erhöht (HR 1,28; 95% CI 1,01-1,62). Im Vergleich zu NSAR und COX-2-Hemmern (vergleichbares Risiko) schnitten die Opiode ebenfalls deutlich schlechter ab hinsichtlich Frakturrisiko (HR 4,47; 95% CI 3,12-6,41), Anzahl Hospitalisationen aufgrund von Analgetika-Nebenwirkungen (HR 1,68; 95% CI 1,37-2,07) und Gesamtmortalität (1,87; 95% CI 1,39-2,53). Einzig das gastrointestinale Blutungsrisiko war für Opioide und NSAR vergleichbar, bei den COX-2-Hemmern hingegen geringer (HR 0,60; 95% CI 0,35-1,00).
Schlussfolgerungen
Bei älteren Personen weisen die Opioide im Vergleich zu den NSAR ein deutlich ungünstigeres Risikoprofil auf.
Zusammengefasst von Peter Schläppi
Die heute – mindestens in der Schweiz – vorherrschende Tendenz, auch bei nicht-malignen Erkrankungen sehr rasch zu opioiden Schmerzmitteln zu greifen, ist also mit bedeutsamen Risiken verbunden. Gewiss: auch die nicht-steroidalen Entzündungshemmer (COX-2-Hemmer inbegriffen) haben wichtige Nachteile. Solange nicht wirklich ein echter Durchbruch in der Schmerzmittel-Forschung zustandekommt, werden wir aber damit leben müssen, dass wir für jede einzelne Patientin, jeden einzelnen Patienten eine massgeschneiderte Analgesie finden sollten, die auf die individuellen Gegebenheiten sorgsam Rücksicht nimmt.
Etzel Gysling
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