Präventive Strategien bei häufigen Migräneattacken
- Zusammenfassung: Peter Schläppi
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 15 (2011)
, Nummer 1
Publikationsdatum: 24. Januar 2011 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Migräne ist nicht selten und oft beeinträchtigend: Etwa 14% der Frauen und 6% der Männer leiden darunter, ein Drittel davon unter häufigen Attacken (3 oder mehr pro Monat), die Hälfte braucht Bettruhe und ist im täglichen Leben eingeschränkt. Die Studienverantwortlichen untersuchten, wieweit bei an Migräne Erkrankten, deren Anfallstherapie vorgängig optimiert worden ist, durch präventive Massnahmen (Betablocker und/oder Verhaltensmanagement) die Anzahl Anfälle pro Monat reduziert werden kann.
Methoden
Im Rahmen dieser randomisierten Studie wurden 232 von Migräne Betroffene (mit mindestens 3 Attacken pro Monat, im Alter von 18 bis 65 Jahren) aus zwei Ambulatorien in Ohio (USA) untersucht. Nicht berücksichtigt wurden u.a. Personen mit Migräneattacken an 20 oder mehr Tagen pro Monat, mit anderen Schmerzerkrankungen oder mit psychiatrischen Diagnosen. Zu Beginn wurde während 5 Wochen die Akuttherapie optimiert (Triptane plus allenfalls nichtsteroidale Antirheumatika, Antiemetika oder Steroide). Darauf wurden die Teilnehmenden für 16 Monate einer der folgenden vier Behandlungsgruppen zugeteilt: Placebo allein, Betablocker allein, Verhaltensmanagement und Placebo bzw. Verhaltensmanagement und Betablocker. Das Verhaltensmanagement umfasste vier intensive Trainingssitzungen im Abstand von je einem Monat, welche sowohl Verhaltenstherapie als auch Entspannungstechniken und Biofeedback beinhalteten. Primärer Endpunkt war die Reduktion der Anzahl Migräneattacken pro Monat nach 10 Monaten.
Ergebnisse
Pro Interventionsgruppe konnten schliesslich die Daten von je ungefähr 30 Teilnehmende ausgewertet werden. Einzig mit der Kombination von Betablocker plus Verhaltensmanagement konnte die Anzahl monatlicher Migräneattacken signifikant reduziert werden, und zwar um durchschnittlich 3,3 Attacken pro Monat (95% CI 3,2-3,5; vorher durchschnittlich 5,5 Attacken pro Monat). Die Resultate mit Betablocker oder Verhaltensmanagement allein unterschieden sich nicht von denjenigen der Placebogruppe, in welcher jedoch die Anfallstherapie vorgängig ebenfalls optimiert worden war. Um eine klinisch relevante Reduktion (mehr als 50%) der akuten Migräneanfälle pro Monat zu erreichen, betrug die «number needed to treat» (NNT) 3,1 für die kombinierte Intervention im Vergleich mit alleiniger Optimierung der Anfallstherapie.
Schlussfolgerungen
Bei mehr als 3 Migräneattacken pro Monat trotz optimierter medikamentöser Akuttherapie konnte nur mit der präventiven Kombination von Verhaltensmanagement und Betablockertherapie eine Verminderung der Anfallshäufigkeit erreicht werden. Die beiden Interventionen allein hingegen brachten keinen zusätzlichen Nutzen.
Zusammengefasst von Peter Schläppi
Ob wir dieser Studie trauen können? Hier wurden ja Personen behandelt, die auf eine «optimierte» Akuttherapie der Migräne nicht genügend angesprochen hatten. Unter diesen Umständen ist es schon überraschend, dass in der Prävention ein Placebo wirksamer war als ein Betablocker. Immerhin: dass eine Beeinflussung des Verhaltens präventiv wirksam sein kann, leuchtet ein, wobei wiederum erstaunlich ist, dass dies nur in Kombination mit Medikamenten der Fall sein soll. Jedenfalls sind neben dem Vermeiden von auslösenden Faktoren sicher auch die Hilfe zur Entspannung und allenfalls weitere «ausgleichende» Massnahmen von Bedeutung.
Etzel Gysling
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