Testosteron bei Frauen mit unbefriedigender Sexualität kaum nützlich
- Zusammenfassung: Thomas Weissenbach
- Kommentar: Christoph Henzen
- infomed screen Jahrgang 12 (2008)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 1. Juli 2008 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Testosteron wird auf Grund von kleinen Studien als Mittel zur Behandlung von Frauen mit niedrigen Androgenwerten und wenig befriedigendem Sexualleben propagiert. In dieser australischen Doppelblindstudie untersuchte man die Auswirkungen eines auf der Haut applizierten testosteronhaltigen Sprays bei Frauen mit niedrigen Testosteronwerten und wenig befriedigendem Sexualleben.
Methoden
Über die Medien wurden Frauen gesucht, deren Sexualleben gegenüber früheren Jahren weniger befriedigend war. 261 Frauen im Alter von 35 bis 46 Jahren, die keine schwere Depression haben durften und ein frühmorgendliches freies Testosteron von weniger als 3,8 pmol/L aufweisen mussten, wurden nach dem Zufall in vier verschiedene Gruppen eingeteilt. Drei Gruppen wurden mit Testosteron in unterschiedlicher Dosierung, eine mit Placebo behandelt. Primärer Endpunkt war die durchschnittliche Anzahl befriedigender sexueller Erlebnisse in den vorangegangenen vier Wochen.
Ergebnisse
In allen Testosterongruppen stiegen die Testosteronwerte im Blut signifikant an. In der Gruppe mit der höchsten Testosterondosis wurden bei mehr als einem Drittel Testosteronwerte über den oberen Referenzwerten für Frauen gemessen; in den beiden anderen Gruppen waren es 10% oder weniger. Die Anzahl der befriedigenden sexuellen Erlebnisse erhöhte sich während der 16-wöchigen Behandlungszeit in allen Testosteron-Gruppen und in der Placebo-Gruppe. Ein signifikanter Unterschied gegenüber Placebo fand sich lediglich für die Gruppe mit der mittleren Testosterondosis (durchschnittlich 3,4 gegenüber 1,8 befriedigende Erlebnisse in vier Wochen). Häufigste Nebenwirkung war eine vermehrte Behaarung am Applikationsort.
Schlussfolgerungen
Frauen vor der Menopause mit unbefriedigendem Sexualleben und niedrigen Testosteronwerten profitierten nur teilweise und in geringem Ausmass von einer transdermalen Behandlung mit Testosteron. Die Studienverantwortlichen merken an, dass die Aussagekraft der Studie wegen der kurzen Dauer und dem ausgeprägten Placeboeffekt begrenzt ist.
Zusammengefasst von Thomas Weissenbach
Es handelt sich um die erste umfangreichere und randomisierte Studie zur transdermalen Testosterongabe bei prämenopausalen Frauen mit unbefriedigender Sexualität. Die Diagnose des Hypoandrogenismus bei der Frau wird kontrovers beurteilt. Eine kürzlich publizierte Studie bei prämenopausalen Frauen mit normaler Sexualität, die grosse zyklusabhängige Testosteronschwankungen ohne Korrelation zur Sexualität beschreibt, unterstreicht die multifaktorielle Genese der Symptomatik.1 Bevor die Androgensubstitution als Therapie der gestörten Sexualität empfohlen werden kann, muss definiert werden, welche Frauen warum und wie lange behandelt werden sollen. Zudem müssen weitere Studien Klarheit über Nutzen und Risiko der Testosteronsubstitution bei Frauen erbringen.
Christoph Henzen
1 Salonia A, Pontillo M, Nappi RE et al. Menstrual cycle-related changes in circulating androgens in healthy women with self-reported normal sexual function. J Sex Med 2008 (April); 5: 854-63
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