Zusätzlich Heparin beim Herzinfarkt?

  • m -- Collins R, MacMahon S, Flather M et al. Clinical effects of anticoagulant therapy in suspected acute myocardial infarction: systematic overview of randomised trials. BMJ 1996 (14. September); 313: 652-9
  • Kommentar: Matthias Egger
  • infomed screen Jahrgang 1 (1997) , Nummer 2
    Publikationsdatum: 1. Februar 1997
  • PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)

Studienziele

Acetylsalicylsäure (ASS) kann auf Grund sehr guter Evidenz praktisch für alle Patienten mit Myokardinfarkt empfohlen werden. Es ist unklar, ob die zusätzliche Gabe von Heparin Vorteile bringt, da grosse randomisierte Studien fehlen. Diese Frage stand im Zentrum dieser meta-analytischen Übersichtsarbeit.

Methoden

Randomisierte Studien, welche die Wirkung von Heparin zusätzlich zu einer Routinetherapie in der Akutphase des Myokardinfarkts untersuchten, wurden in Literaturdatenbanken, Referenzenlisten und in Gesprächen mit Experten identifiziert. Als primäre Endpunkte wurden Tod, Reinfarkt, zerebraler Insult, Lungenembolie sowie Blutungen berücksichtigt. Die Studien wurden darauf statistisch kombiniert, indem ein Mittelwert berechnet wurde, der die Studien je nach ihrer Grösse mehr oder weniger gewichtete.

Ergebnisse

26 Studien mit insgesamt 73’000 Personen wurden analysiert, von denen allerdings 92% aus den zwei grossen Studien ISIS-3 und GISSI-2 stammten. In 20 älteren, kleinen Studien wurde niedrig- oder hochdosiertes Heparin mit einer Therapie ohne Antikoagulation verglichen. In 6 neueren Studien (u.a. ISIS-3, GISSI-2) wurden die Wirkungen von ASS allein oder in Kombination mit hochdosiertem, meist subkutan verabreichtem Heparin geprüft. In den neueren Studien wurden die meisten Patienten auch fibrinolytisch behandelt, in den älteren Studien nicht. Kombiniert zeigten die 21 älteren Studien die gut bekannte, signifikante Senkung der Sterblichkeit. Die Analyse der 6 neueren Studien ergab dagegen keinen eindeutigen Nutzen von Heparin, das zusätzlich zu ASS und Thrombolyse verabreicht wurde: Pro 1000 Behandlungen wurden zwar 5 Todesfälle vermieden, dagegen jedoch 3 schwere Blutungen verursacht. Dies war unabhängig davon, ob Streptokinase (Kabikinase,® Streptase®), Alteplase (Actilyse®) oder Anistreplase (Eminase®) verwendet wurde.

Schlussfolgerungen

Diese Meta-Analyse, die im wesentlichen einer Kombination der zwei grossen Studien ISIS-3 und GISSI-2 entspricht, zeigt, dass Heparin, das zusätzlich zu ASS und Thrombolyse verabreicht wird, keinen eindeutigen Nutzen bringt.

Intravenös und hochdosiert verabreichtes Heparin, kombiniert mit einer Thrombolyse, ist sogar gefährlich. Es kommt gehäuft zu intrazerebralen und anderen Blutungen. Dies zeigten mehrere abgebrochene Studien.1 Am wichtigsten beim Myokardinfarkt ist und bleibt der Faktor Zeit. Acetylsalicylsäure soll sofort verabreicht und mit der Thrombolyse so rasch wie möglich begonnen werden.

Matthias Egger

1 Neuhaus KL, von Essen R, Tebbe U et al. Safety observations from the pilot phase
of the randomized r-Hirudin for Improvement of Thrombolysis (HIT-III) Study.
Circulation 1994; 90: 1638-42

Standpunkte und Meinungen
  • Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
infomed-screen 1 -- No. 2
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Zusätzlich Heparin beim Herzinfarkt? ( 1997)