Kardiovaskuläre Risiken oraler Kontrazeptiva
- Autor(en): Urs Dieter Kappeler
- Reviewer: Karin Fattinger, Helene Huldi, Felix Mahler
- pharma-kritik-Jahrgang 24
, Nummer 18, PK70
Redaktionsschluss: 19. März 2003
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2002.70 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Übersicht
Schon kurz nach der Einführung oraler Kontrazeptiva in den 1960er Jahren wurden Fälle bekannt, die auf kardiovaskuläre Risiken dieser Medikamente hinwiesen. Seither sind zu diesem Thema zahlreiche epidemiologische Studien publiziert worden. Die Resultate älterer Studien sind heute kaum mehr relevant, da sich die Zusammensetzung der Kontrazeptiva in den letzten 40 Jahren stark verändert hat. Die Östrogendosis betrug ursprünglich 100 µg pro Tablette – moderne Präparate enthalten noch 15 bis 30 µg – und auch die Gestagendosis ist heute 5- bis 10mal kleiner als in den frühen Präparaten.
Als Östrogen wird mittlerweile in allen Präparaten das alkylierte Ethinylestradiol verwendet. Die Alkylierung bewirkt die gewünschte lange Halbwertszeit. Die Gestagene sind mit dem Ziel, die androgene Aktivität der Steroide abzuschwächen, immer wieder modifiziert worden. Gestagene, die weniger stark androgen wirken, sollen einen günstigen Einfluss auf die HDL-Cholesterinspiegel haben und das Risiko arterieller Erkrankungen senken. Zu den neuen Gestagenen zählen Desogestrel und Gestoden. Präparate, die Desogestrel oder Gestoden enthalten, werden als Präparate der «dritten Generation» bezeichnet. Je nach Klassifizierung wird auch Norgestimat dazugezählt. Da Norgestimat grösstenteils zu Levonorgestrel metabolisiert wird, sollte es besser den Präparaten der «zweiten Generation» zugerechnet werden.(1) Die Tabelle 1 vermittelt eine summarische Übersicht zu den heute in der Schweiz erhältlichen kombinierten Kontrazeptiva.
Der folgende Text befasst sich ausschliesslich mit den kombinierten oralen Kontrazeptiva – die «Minipille», die kein Östrogen, sondern nur ein Gestagen enthält, ist in der Praxis von geringerer Bedeutung und beinhaltet nicht dieselben Risiken. Die hier verwendeten Begriffe sind in Tabelle 2 genauer definiert.Venöse Thromboembolien
Unter dem Begriff «venöse Thromboembolien» werden venöse Thrombosen und Lungenembolien zusammengefasst. Das Gros venöser Thromboembolien ist auf Schwangerschaft, chirurgische Eingriffe, Traumen und lange Bettruhe zurückzuführen. Gesunde Frauen, die keine Kontrazeptiva einnehmen und auch sonst keine kardiovaskulären Risikofaktoren (z.B. Rauchen, Hypertonie) aufweisen, haben ein geringes Thromboembolierisiko. Wie in Tabelle 3 dargestellt, erkranken in Abhängigkeit vom Alter jährlich 3 bis 6 von 100'000 Frauen an einer venösen Thromboembolie. Die Mortalität beträgt rund 2%.(2)
Epidemiologie
Seit 1995/96 vier Studien veröffentlicht worden sind, in denen unter den älteren, meistens Levonorgestrel-haltigen Kontrazeptiva («zweite Generation») eine geringere Thromboembolie-Inzidenz als unter den Präparaten der dritten Generation gefunden wurde,(3-6) wird über die relative Thromboembolie-Gefahr der verschiedenen Präparate kontrovers diskutiert.
Dass Kontrazeptiva grundsätzlich das Risiko venöser Thromboembolien erhöhen, ist unbestritten. Im Vergleich mit (nicht-schwangeren) Frauen, die keine Kontrazeptiva einnehmen, ergab sich in den erwähnten Studien für Frauen unter Kontrazeptiva gesamthaft ungefähr das vierfache Thromboembolie-Risiko. Diese Zahl wurde in einer weiteren Fall-Kontrollstudie, in der neuere Daten (1994-98) untersucht wurden, bestätigt. Hier fand sich auch eine signifikante Abhängigkeit des Risikos von der Dauer des Gebrauchs: Im ersten Jahr der Kontrazeptiva-Einnahme war das Risiko gegenüber Nichtbenützerinnen 7mal, in den folgenden Jahren jedoch nur noch 3- bis 4mal grösser. In dieser Studie zeigte sich auch eine Abhängigkeit des Thromboembolie-Risikos von der Östrogendosis: Im Vergleich mit der «mittleren» Östrogendosis von 30-40 µg/Tablette waren niedrig dosierte Präparate (20 µg/Tablette) mit einem um 40% reduzierten Risiko, hoch dosierte Präparate (50 µg/Tablette) jedoch mit einem um 60% erhöhten Risiko verbunden.(7)
Die Frage, ob Präparate der dritten Kontrazeptiva-Generation mehr Thromboembolien als solche der zweiten Generation verursachen, ist in den letzten Jahren in vielen weiteren Studien untersucht worden. Gemäss den 1995/96 veröffentlichten Studien musste angenommen werden, dass unter Desogestrel- und Gestoden-haltigen Kontrazeptiva rund doppelt soviele thromboembolische Ereignisse auftreten wie unter den älteren, Levonorgestrel-haltigen Präparaten. Die Daten einer dieser Fall-Kontrollstudien wurden später erneut analysiert, mit Resultaten, die der ursprünglichen Untersuchung widersprechen.
Folgende Überlegungen müssen in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden:
- Thromboembolische Ereignisse sind auch bei Frauen, die Kontrazeptiva einnehmen, so selten, dass eine prospektive randomisierte Studie praktisch nicht durchführbar ist. Wir müssen uns daher auf Evidenz geringerer Aussagekraft – aus Fall-Kontroll-Studien – stützen. Diese können jedoch von verschiedenen Faktoren («Biases») stark beeinflusst werden. Als wichtigste mögliche Fehlerquelle ist ein «Prescribing Bias» genannt worden. Das bedeutet, dass die Kontrazeptiva der dritten Generation – weil sie initial als sicherer galten – eher Frauen mit einem höheren kardiovaskulären Risiko verschrieben wurden.
In der bereits erwähnten neueren Studie mit grossen Fallzahlen (987 Fälle und 4054 Kontrollen) wurden mögliche Fehlerquellen in die Analysen miteinbezogen. Dennoch fand man Unterschiede zu Ungunsten der Desogestrel- oder Gestoden-haltigen Kontrazeptiva: Das Risiko war unter diesen neueren Präparaten gegenüber den älteren Präparaten signifikant um den Faktor 1,3 erhöht.(7)
- Vier Analysen, die von der Pharmaindustrie finanziert wurden, haben mehrheitlich kein erhöhtes Risiko unter den Kontrazeptiva der dritten Generation gefunden, während acht von neun nicht-industriefinanzierte Studien zum Schluss gelangten, es bestehe ein erhöhtes Risiko.(8)
In zwei Metaanalysen, die im Jahr 2001 veröffentlicht worden sind, wurden Fehlerquellen wie «Prescribing Bias», Alter, Erstverordnung usw. berücksichtigt. Beide kommen zum Schluss, Desogestrel- und Gestoden-haltige Kontrazeptiva hätten ein um den Faktor 1,7 höheres Thromboembolie-Risiko als die Kontrazeptiva der zweiten Generation.(9,10)
Zu den Kontrazeptiva, die andere Gestagene enthalten (siehe Tabelle 1), liegen wenig Daten vor. Auf Grund einer kleinen Studie muss jedoch angenommen werden, das Cyproteron-haltige Diane-35® verursache ein viermal grösseres Thromboembolierisiko als Levonorgestrel-haltige Kontrazeptiva.(11)
Pathogenese
Gemäss einer fundierten Übersichtsarbeit lässt sich eine einfache mechanistische Theorie der Entstehung thromboembolischer Komplikationen unter Kontrazeptiva formulieren: 1. Die kontrazeptiven Östrogene verändern das Endothel derart, dass es zu einer erhöhten vaskulären Permeabilität, Tonusverlust und zu venöser Stase kommt. Dadurch wird das hämostatische System aktiviert. 2. Auch in die Hämostase greifen die Östrogene ein, indem sie die Antikoagulation bzw. die Fibrinolyse hemmen.(1)
Die Natur des Einflusses der Östrogene auf die Hämostase ist ungeklärt. Eine Schlüsselstellung könnte das aktivierte Protein C (APC) einnehmen. APC ist ein physiologisches Antikoagulans.(1) Anfangs der 1990er Jahre ist eine Erbkrankheit entdeckt worden, die zu einer erhöhten Inzidenz venöser Thromboembolien beiträgt. Eine Punktmutation im Faktor-V-Gen führt dazu, dass der veränderte Faktor V («Faktor-V-Leiden») nicht mehr durch das APC gespalten werden kann, die Krankheit wird deshalb auch als APC-Resistenz bezeichnet. Die Prävalenz in Europa beträgt beträgt etwa 5%.(2)
In einer Fall-Kontroll-Studie wiesen heterozygote prämenopausale Trägerinnen ein 7fach erhöhtes Thromboserisiko auf, und der Gebrauch von Kontrazeptiva erhöhte das Risiko um den Faktor 4 auf das 30fache.(12) Eine Analyse der Daten in Bezug auf Kontrazeptiva der dritten Generation ergab für Desogestrel ein gegenüber älteren Kontrazeptiva nochmals um den Faktor 2,5 erhöhtes Risiko.(6)
Unter Kontrazeptiva kann auch eine erworbene Resistenz gegen APC beobachtet werden. Dieses Phänomen könnte Unterschiede zwischen den Kontrazeptiva verschiedener Generationen verständlich machen. In einer kleinen randomisierten Crossover-Studie wurde das Ausmass einer erworbenen APC-Resistenz unter Levonorgestrel und Desogestrel verglichen. Unter Desogestrel war das Plasma signifikant resistenter.(13) Ob Frauen, die Kontrazeptiva erhalten sollen, routinemässig auf eine APC-Resistenz getestet werden sollen, wird von den Fachleuten nicht einheitlich beurteilt.
Eine andere Erklärung, weshalb Kontrazeptiva der dritten Generation häufiger Thrombosen verursachen, beruht auf der verringerten androgenen Partialwirkung der neuen Gestagene, was zu einer verstärkten Dominanz des prothrombotischen Potentials von Ethinylestradiol führen könnte.(1)Arterielle Komplikationen
Ob die heute verwendeten, niedrig dosierten Kontrazeptiva in Abwesenheit kardiovaskulärer Risikofaktoren überhaupt als Ursache arterieller Komplikationen in Frage kommen, erscheint fraglich. Wahrscheinlich sind Kontrazeptiva nur dann an der Entstehung koronarer oder zerebrovaskulärer Erkrankungen beteiligt, wenn daneben andere Risikofaktoren – besonders das Rauchen und die Hypertonie – vorhanden sind.(1) Dass Kontrazeptiva per se keine arteriellen Erkrankungen auslösen würden, kann aber bisher mit entsprechenden epidemiologischen Untersuchungen nur zum Teil gestützt werden.
Koronare Herzkrankheit
Ein Herzinfarkt ist bei gesunden Frauen vor der Menopause sehr selten, die Sterblichkeit ist aber relativ hoch. Bei gesunden Frauen, die keine kardiovaskulären Risikofaktoren aufweisen (und auch keine Kontrazeptiva einnehmen), beträgt die Inzidenz altersabhängig zwischen 0,01 und 2,13 auf 100'000 Frauenjahre (siehe Tabelle 3).(2) In den in den letzten Jahren veröffentlichten Fall-Kontroll-Studien waren 80% der prämenopausalen Frauen mit Myokardinfarkt («Fälle») Raucherinnen, 20% hatten einen erhöhten Blutdruck und je 10% wiesen eine Hyperlipidämie oder einen Diabetes auf. Bei den «Kontrollen», also den Frauen ohne Myokardinfarkt, waren diese Zahlen signifikant kleiner.(10,14-16)
In den epidemiologischen Studien war die Einnahme von Kontrazeptiva mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko assoziiert, wenn auch nicht immer in statistisch signifikantem Ausmass.(10,14-16) Je nach Studie wurde ein anderthalb- bis fünffach grösseres Risiko errechnet. Besondere Bedeutung kommt dem Rauchen zu: Raucherinnen, die keine Kontrazeptiva einnehmen, haben ein 8- bis 12mal höheres Herzinfarktrisiko als Frauen, die zwar Kontrazeptiva einnehmen, aber nicht rauchen. Frauen, die täglich mehr als 10 Zigaretten rauchen und zudem Kontrazeptiva einnehmen, sind einem 20fachen oder noch höheren Risiko ausgesetzt.(14,17)
Die in den Kontrazeptiva der dritten Generation enthaltenen Gestagene wurden unter anderem im Hinblick auf ein geringeres Myokardinfarkt-Risiko entwickelt. Ob die neueren Kontrazeptiva diesbezüglich aber tatsächlich ein geringeres Risiko darstellen, ist noch unklar. Die Ergebnisse der zwei grössten Studien, die einen Vergleich zwischen Kontrazeptiva der zweiten und der dritten Generation zulassen,(10,16) lassen sich folgendermassen zusammenfassen: Auch Kontrazeptiva der dritten Generation sind mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko assoziiert (Erhöhung um den Faktor 1,7) und der Unterschied gegenüber den Präparaten der zweiten Generation ist gering.(18)
Ischämische Schlaganfälle
In mehreren neueren Fall-Kontroll-Studien ist auch der Zusammenhang zwischen Kontrazeptiva und zerebrovaskulären Komplikationen untersucht worden, zum Teil unter der gleichen Ägide wie die bereits zitierten Studien (insbesondere die WHO-Studie und die «transnationale» Studie).
Ischämische Schlaganfälle waren bei Frauen unter Kontrazeptiva rund dreimal häufiger als bei Frauen, die keine Kontrazeptiva verwendeten.19,20 In der WHO-Studie war das Risiko aber nur unter hohen Östrogendosen (>50 ?g) signifikant erhöht;19 zudem war das Schlaganfall-Risiko nur halb so gross, wenn vor der Verschreibung eine Blutdruckkontrolle erfolgte.19,20
Die Metaanalyse von 16 Studien zu diesem Thema ergab, das niedrig dosierte Kontrazeptiva das Risiko ischämischer Schlaganfälle ungefähr verdoppeln.21 Raucherinnen, die Kontrazeptiva einnehmen, haben ein etwa siebenfach erhöhtes Schlaganfall-Risiko.
Unabhängig von der Kontrazeptiva-Einnahme sind Schlaganfälle bei Frauen mit klassischer Migräne etwa 4mal häufiger als bei Frauen ohne Migräne.22 Ob Kontrazeptiva bei Frauen mit Migräne besonders riskant sind, kann auf Grund der vorliegenden Daten nicht sicher abgeschätzt werden. Die Auswertung der WHO-Daten ergab für Migränepatientinnen, die ein niedrig dosiertes Kontrazeptivum einnahmen, keinen statistisch signifikanten Unterschied gegenüber Patientinnen, die keine Kontrazeptiva nahmen: das durchschnittliche Risiko erschien zwar hoch, das Vertrauensintervall war jedoch wegen der kleinen Fallzahlen sehr breit.
Hämorrhagische Schlaganfälle
Die WHO-Kollaboration fand für Europäerinnen, die Kontrazeptiva einnahmen, kein erhöhtes Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle. Nur wenn auch hochdosierte Präparate (Östrogendosis >50 µg) mit einbezogen wurden, hatten Frauen über 35 ein erhöhtes Hirnblutungsrisiko.23 Raucherinnen hatten ohne Kontrazeptiva ein verdoppeltes, mit Kontrazeptiva ein dreifaches Risiko. Für Frauen mit einer Hypertonie war das Risiko eines hämorrhagischen Schlaganfalls ohne Kontrazeptiva um das 5fache, mit Kontrazeptiva um das 10fache erhöht.23
Pathogenese
Über die möglichen Ursachen der arteriellen Komplikationen von Kontrazeptiva herrscht auch heute noch keine Klarheit. Es wird angenommen, dass subklinische Verletzungen und Veränderungen des Endothels, die durch Rauchen, Hyperlipidämie, Diabetes oder Bluthochdruck entstehen können, unter dem prothrombotischen Einfluss der Kontrazeptiva vermehrt zu Atherosklerose führen.1Verschiedene andere Mechanismen werden diskutiert, so z.B. Veränderungen des Lipid- oder des Glukosemetabolismus, Erhöhung des Blutdruckes sowie eine Beeinflussung des Homocysteinspiegels oder des hämostatischen Systems.1
Schlussfolgerungen
Für Frauen, die keine kardiovaskulären Risikofaktoren aufweisen, ist die Einnahme von kombinierten oralen Kontrazeptiva mit einem sehr kleinen Risiko verbunden.
Am deutlichsten erhöhen Kontrazeptiva das Risiko venöser Thromboembolien, nämlich grosso modo etwa um das Vierfache. Venöse Thromboembolien werden vor allem im ersten Jahr der Anwendung beobachtet. Rauchen und erhöhter Blutdruck scheinen die Thromboembolie-Häufigkeit nicht zu beeinflussen. Dagegen sind das Alter, das Gewicht, chirurgische Eingriffe und bestimmte Thrombophilien von Bedeutung. Das Thromboembolie-Risiko ist jedoch unter Kontrazeptiva generell kleiner als in der Schwangerschaft.
Kontrazeptiva der dritten Generation sind gemäss zwei grossen Metaanalysen im Vergleich mit Kontrazeptiva der zweiten Generation mit einem mässig erhöhten Thromboembolie-Risiko assoziiert. Wenn für eine 30jährige Frau das Basisrisiko knapp 5 Thromboembolien pro 100'000 Frauenjahre beträgt, so ist unter Levonorgestrel-haltigen Kontrazeptiva ein Risiko von mindestens 14 pro 100'000 und unter Desogestrel- bzw. Gestoden-haltigen Kontrazeptiva ein Risiko von 24 pro 100'000 Frauenjahre zu erwarten. 10 zusätzliche Fälle von Thromboembolien auf 100'000 entsprechen 2 zusätzlichen Todesfällen auf 1 Million Frauen pro Jahr!
Raucht eine Frau, so erhöht sie damit ihr Risiko von kardiovaskulären Ereignissen im arteriellen Bereich stark, wobei dieses Risiko durch die Einnahme von Kontrazeptiva nochmals etwa verdoppelt wird. Zum Beispiel erleiden jährlich etwa 5 von 100'000 40jährigen Frauen einen hämorrhagischen Insult; für gleichaltrige Frauen, die rauchen und Kontrazeptiva einnehmen, beträgt die Inzidenz dagegen 14 auf 100'000 Frauenjahre. Mit anderen Worten: Der beste Rat, der einer Frau gegeben werden kann, ist, auf das Rauchen zu verzichten.
Einem erhöhten Blutdruck kommt eine ähnliche Bedeutung zu. Herzinfarkte und Schlaganfälle sind häufiger, wenn man sich bei Frauen, die Kontrazeptiva einnehmen, nicht um den Blutdruck kümmert.
Ischämische Schlaganfälle sind jedoch auch bei Nichtraucherinnen ohne weitere Risikofaktoren etwa doppelt so häufig, wenn sie Kontrazeptiva einnehmen.
Unter Kontrazeptiva der dritten Generation (die Desogestel oder Gestoden enthalten), ist das Risiko eines Herzinfarkts nach heutigem Wissen ähnlich hoch wie unter den Präparaten der zweiten Generation.
Kombinierte orale Kontrazeptiva verhüten eine Schwangerschaft fast 100-prozentig. Kardiovaskuläre Komplikationen können auf ein Minimum reduziert werden, wenn die Kontraindikationen beachtet, der Blutdruck vor der Verschreibung gemessen und der Risikofaktor Rauchen im Beratungsgespräch gewichtet wird. Solange eine Überlegenheit der Präparate der «dritten Generation» nicht definitiv nachgewiesen ist, bleiben die Levonorgestrel-haltigen Kontrazeptiva die Mittel der Wahl.
Kontrazeptiva, die nur ein Gestagen enthalten («Minipille») sind eine Alternative für Frauen mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen (z.B. Diabetes, Blutdruck ?100/160 mm Hg) oder dann, wenn kombinierte Kontrazeptiva kontraindiziert sind (z.B. bei fokaler Migräne, Übergewicht, starkem Rauchen, venösen Thromboembolien in der Anamnese).
Literatur
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- 20) Heinemann LAJ et al. Contraception 1998; 57: 29-37
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- 23) WHO Collaborative Study of Cardiovascular Disease and Steroid Hormone Contraception. Lancet 1996; 348: 505-10
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