Nebenwirkungen aktuell
- Autor(en): Urs Dieter Kappeler
- pharma-kritik-Jahrgang 15
, Nummer 18, PK667
Redaktionsschluss: 28. September 1993 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
CEFTRIAXON
Ceftriaxon, ein Cephalosporin der «dritten Generation », zeichnet sich durch ein sehr breites antimikrobielles Spektrum und eine verhältnismässig lange Plasmahalbwertszeit aus. Seine Eigenschaften sind beispielsweise im folgenden Übersichtsartikel ausführlich beschrieben:
Brogden RN, Ward A. Drugs 1988; 35: 604-45
Markenname: Rocephin®.
Oberbauchkoliken bei Pseudocholelithiasis
Ein neunjähiger Knabe, der wegen Verdacht auf Meningitis hospitalisiert werden musste, erhielt täglich 3 g Ceftriaxon sowie Dexamethason (z.B. Decadron®) intravenös. Da sich sein Zustand trotz der Behandlung verschlechterte (Auftreten einer Hemiparese, Epilepsie-Potentiale im EEG), erhielt der Patient zusätzlich Phenytoin (z.B. Epanutin®) und Phenobarbital (z.B. Luminal®). Schliesslich musste eine virale Ursache der Erkrankung angenommen werden; unter Therapie mit Aciclovir (Zovirax ®) kam es innerhalb von wenigen Tagen zu einer vollständigen neurologischen Erholung. Die antibiotische und antivirale Behandlung wurde am siebenten Spitaltag abgesetzt. Unmittelbar darauf traten vorübergehend Erbrechen und Oberbauchschmerzen auf. Die Ultraschalluntersuchung zeigte multiple rundliche Konkremente in der Gallenblase. Eine sonographische Kontrolle vier Wochen später ergab einen normalen Befund.
Binek J et al. Schweiz Rundsch Med Prax 1992; 81: 966-7
Vergleich mit Cefuroxim
An drei Schweizer Universitätskliniken wurde eine prospektive, randomisierte Vergleichsstudie von Ceftriaxon und Cefuroxim (Zinacef®) durchgeführt: Von 106 Kindern mit bakterieller Meningitis wurde die Hälfte mit Ceftriaxon (100 mg/kg/Tag), die andere Hälfte mit Cefuroxim (240 mg/kg/Tag, in vier Dosen) behandelt. Die damit erreichte Keimfreiheit des Liquors war in der Cefuroximgruppe leicht (nicht-signifikant) verzögert. Bei einem Teil der Kinder wurde eine Ultraschalluntersuchung der Gallenblase vorgenommen: Bei 46% der mit Ceftriaxon Behandelten fand sich eine Pseudocholelithiasis. Dies machte in drei Fällen einen Wechsel des Antibiotikums notwendig. Durchschnittlich 18 Tage nach Abschluss der Ceftriaxon- Behandlung waren keine biliären Konkremente mehr nachweisbar. In der Cefuroxim-Gruppe konnte keine Pseu-
Stichwortverzeichnis zu dieser Ausgabe
Amnesie (Triazolam)
Anämie, hämolytische (Mefenaminsäure)
Angstzustände (Triazolam)
Arzneimittelexanthem, fixes (Mefenaminsäure)
Ceftriaxon
Cholelithiasis (Ceftriaxon)
Cholestase (Mefenaminsäure)
Cholezystitis (Ceftriaxon)
Durchfall (Mefenaminsäure)
Mefenaminsäure
Niereninsuffizienz (Mefenaminsäure)
Oberbauchkoliken (Ceftriaxon)
Pankreatitis (Ceftriaxon)
Pseudocholelithiasis (Ceftriaxon)
Rebound-Schlaflosigkeit (Triazolam)
Schlaflosigkeit, frühmorgendliche (Triazolam)
Steatorrhoe (Mefenaminsäure)
Stevens-Johnson-Syndrom (Mefenaminsäure)
Triazolam
Verhaltensstörungen (Triazolam)
Texte dieser Ausgabe
zusammengestellt von T. Kappeler,
kommentiert von E. Gysling
dolithiasis nachgewiesen werden. In dieser Gruppe fand sich jedoch später eine signifikant grössere Zahl Kinder (9) mit mehr oder weniger ausgeprägtem Gehörsverlust als in der Ceftriaxon-Gruppe (2). Die Autoren dieser Studie kommen zum Schluss, dass Ceftriaxon bei Kindern mit bakterieller Meningitis Cefuroxim überlegen ist.
Schaad UB et al. N Engl J Med 1990; 322: 141-7
Cholelithiasis und Pankreatitis
Ein 42jähriger Mann mit rheumatischer Herzkrankheit und chronisch-aktiver Hepatitis in der Anamnese erkrankte zwischen September 1989 und Februar 1990 dreimal akut an einer Endokarditis, verursacht durch Salmonella cholerae suis. Jedesmal wurde er mit Ceftriaxon (2mal täglich 2 g i.v.) und Tobramycin (Obracin®) für jeweils mindestens sieben Wochen behandelt. Nach Implantation einer Aortenklappenprothese wurde er mit einer Ceftriaxon-Verordnung auf unbestimmte Zeit aus dem Spital entlassen. Während dieser Behandlung erkrankte er an einer akuten Pankreatitis und wurde für drei Tage hospitalisiert. Amylase und Lipase waren erhöht; bei der abdominalen Sonographie waren Gallensteine und ein erweiterter Ductus choledochus feststellbar. Statt Ceftriaxon erhielt der Patient nun ein anderes Cephalosporin. Zwei Wochen später wurde dem Patienten die Gallenblase entfernt. Man fand fünf grüne, weiche Steine mit einem Durchmesser zwischen 3 und 6 mm. Die Histologie der Gallenblase ergab eine chronische Entzündung, eine Infektion konnte nicht nachgewiesen werden. Zwei Gallensteine wurden spektrophotometrisch analysiert: sie bestanden zu 80% aus Ceftriaxon und zu 20% aus Bilirubin.
Lopez AJ et al. Ann Intern Med 1991; 115: 712-4
Komplikationen nach Therapie wegen Lyme-Borreliose
In einem Teil des Staates New Jersey (USA) ist die Lyme- Borreliose endemisch. In einem Zeitraum von knapp drei Jahren (Januar 1990 bis November 1992) wurden in einem Spital dieser Region 1352 Patienten erfasst, die wegen Lyme-Borreliose behandelt wurden. Bei 25 dieser Personen wurde innerhalb von drei Monaten nach der Behandlung für Lyme-Borreliose eine Cholezystitis oder Cholelithiasis diagnostiziert oder eine Cholezystektomie durchgeführt. Alle hatten Ceftriaxon intravenös erhalten; das mediane Alter der an biliären Komplikationen Erkrankten betrug 12 Jahre, 84% waren Mädchen oder Frauen. Ceftriaxon war im Mittel während vier Wochen in einer Dosis von knapp 60 mg/kg/Tag gegeben worden. In 14 Fällen wurde eine Cholezystektomie ausgeführt. Die dabei gefundenen Konkremente hatten meistens einen Durchmesser von 2 bis 10 mm und waren teilweise weich und grünlich. Die 25 Fälle wurden mit 26 Kontrollen verglichen, von denen 15 mindestens einmal mit Ceftriaxon gegen Lyme-Borreliose behandelt worden waren: als Risikofaktoren für die biliären Komplikationen von Ceftriaxon wurden insbesondere ein Alter unter 18 Jahren und weibliches Geschlecht erkannt. Sowohl bei den Kranken mit Komplikationen als auch bei den Kontrollen war die Lyme-Borreliose mehrheitlich nicht mit eindeutigen klinischen Befunden oder positiver Serologie dokumentiert.
Genese C et al. JAMA 1993; 269: 979-80
Ceftriaxon-Gallenkonkremente sind offensichtlich recht häufig, wenn auch längst nicht immer symptomatisch. Aus den vorliegenden Berichten lassen sich zwei wichtige Lehren ziehen: Ceftriaxon sollten wirklich nur diejenigen Kranken erhalten, bei denen das Medikament klar indiziert ist. (Ein Verdacht auf Lyme-Borreliose ist sicher keine genügende Indikation.) Die biliären Komplikationen sind bei jungen Frauen und Mädchen besonders häufig; bei ihnen ist deshalb sorgfältig zu prüfen, ob statt Ceftriaxon eventuell ein anderes Antibiotikum verwendet werden kann.
MEFENAMINSÄURE
Mefenaminsäure gilt als Prototyp der Fenamate und wird in der Schweiz häufig als entzündungshemmendes Schmerzmittel verschrieben. Es gibt kaum Übersichtsartikel über Mefenaminsäure; über seinen relativen Wert bei Arthrose informiert z.B. die folgende Studie:
Aylward M et al. Br J Clin Pract 1985; 39: 135-9
Markennamen: Ponstan®, Ecopan®, Mefenacid®.
Fixes Arzneimittelexanthem
Eine 20jährige Frau hatte seit 12 Monaten im Gesicht und am linken Vorderarm je einen ringförmigen hyperpigmentierten Fleck. Von Zeit zu Zeit wurden die Flecken gerötet, juckten und verkrusteten sich. Eine Hautbiopsie zeigte eine leichte Verdickung der Epidermis sowie ein dermales Infiltrat mit Entzündungszellen (Lymphozyten, Makrophagen). Es stellte sich heraus, dass die Patientin wegen Dysmenorrhoe fast jeden Monat vorübergehend Mefenaminsäure in 250-mg- oder 500-mg-Dosen nahm. Der Verdacht auf ein fixes Arzneimittelexanthem liess sich durch Verabreichung von 250 mg Mefenaminsäure bestätigen: innerhalb von vier Stunden kam es zu Rötung, Juckreiz und Schwellung im Bereich der chronischen Läsionen. Nach Weglassen des Medikamentes blieben die Hauteruptionen aus.
Eine andere, 22jährige Frau hatte schon seit sechs Jahren einen ringförmigen hyperpigmentierten Fleck am linken Oberschenkel. Jeweils zu Beginn der Monatsblutung vergrösserte und rötete sich die Läsion. Auch diese Patientin hatte jeweils 250 oder 500 mg Mefenaminsäure gegen Dysmenorrhoe eingenommen. Wiederum konnte eine Exa- zerbation auch zu einem anderen Zeitpunkt des Zyklus durch Mefenaminsäure hervorgerufen werden.
Eine 59jährige Patientin hatte wegen einer Kollagenose während Jahren immer wieder Mefenaminsäure genommen. Als sie im August 1990 das Medikament nach längerer Pause erneut einnahm, traten juckende, ringförmige Rötungen an den Extremitäten und am Abdomen auf. Die Läsionen bildeten sich innerhalb von fünf Tagen weitgehend zurück. Im September und im November 1990 kam es jedoch noch zweimal zu stärkerer Rötung und Juckreiz an den gleichen Stellen, jedesmal nach Einnahme von Mefenaminsäure. Seit die Patientin die Mefenaminsäure konsequent mied, verschwanden die Hautveränderungen ganz.
Die Autoren weisen darauf hin, dass bisher erst verhältnismässig wenige Fälle von fixem Arzneimittelexanthem wegen Mefenaminsäure veröffentlicht worden sind. Sie vermuten, es handle sich jedoch um eine ziemlich häufiges Problem.
Long CC et al. Br J Dermatol 1992: 126: 409-11.
Massiver Durchfall und Steatorrhoe
Ein 56jähriger ehemaliger Minenarbeiter hatte seit acht Monaten starken Durchfall mit Bauchbeschwerden und einem Gewichtsverlust von über 10 kg. Wegen einer Arthrose nahm er seit zwei Jahren täglich 1500 mg Mefenaminsäure. Eine Reihe von Untersuchungen (Blutchemie, Sigmoidoskopie, Kontrastmitteleinlauf u.a.) ergab normale Resultate; dagegen fand sich eine Steatorrhoe von durchschnittlich 23 g Fett pro Tag. Eine Duodenalbiopsie zeigte eine ausgeprägte (subtotale) Atrophie der Dünndarmzotten und entzündliche Infiltrate in der Lamina propria. Die Mefenaminsäure wurde abgesetzt. Innerhalb einer Woche begann der Durchfall abzuflauen, nach drei Wochen waren die Stühle wieder völlig normal. Der Patient nahm in der Folge wieder zu; eine Kontroll-Biopsie ergab eine weitgehende Normalisierung des histologischen Befundes. Peacey SR, Walls WD. Br J Clin Pract 1992: 46: 211
Stevens-Johnson-Syndrom und Multiorganversagen
Eine 44jährige Frau mit der Anamnese eines Mammakarzinoms, einer Hypertonie und einer leichten Niereninsuffizienz konsultierte ihren Hausarzt wegen Muskelschmerzen und einem leichten Knöchelödem. Der Arzt verschrieb ihr Mefenaminsäure (4mal 250 mg/Tag) sowie Furosemid (z.B. Lasix®, 40 mg/Tag) und Paracetamol (z.B. Tylenol®, 4mal 500 mg/Tag). Laboruntersuchungen zeigten eine stabile Nierenfunktion und normale Leberwerte. Zwei Wochen nach Beginn der Behandlung entwickelte die Patientin ein generalisiertes makulopapulöses Exanthem. Alle Medikamente wurden abgesetzt. Dennoch nahmen die Hautläsionen noch zu, und es kam zusätzlich zu Schleimhautläsionen, Fieber und Gelenkschmerzen sowie zu einer Abnahme der Leber- und Nierenfunktion. Ein Stevens-Johnson-Syndrom wurde diagnostiziert. Trotz Behandlung mit Kortikosteroiden verschlechterte sich die Nieren- und Leberfunktion weiter, die Frau wurde ikterisch und oligurisch. Der Ikterus war teilweise durch eine hämolytische Anämie (mit einem Hämoglobin von 7,3 g%), teilweise durch Cholestase bedingt. Anhaltspunkte für ein Karzinomrezidiv oder eine Bakteriämie waren nicht vorhanden. Das weitere Fortschreiten der Leberund Niereninsuffizienz liess sich nicht aufhalten, die Patientin starb etwa sieben Wochen nach Beginn der Mefenaminsäure- Behandlung im Leberkoma. Nach der Ansicht der Autoren dieses Berichtes ist die Genese des ungünstigen Verlaufs nicht völlig sicher, die Mefenaminsäure wird jedoch als wahrscheinlichste Ursache des Stevens-Johnson- Syndroms und der Leberinsuffizienz angesehen.
Chan JCN. Drug Saf 1991; 6: 230-4
Durchfall, Steatorrhoe, hämolytische Anämie, Nierenversagen und fixe Arzneimittelexantheme sind keine neu erkannten Probleme einer Mefenaminsäure-Therapie. Im Gegenteil, man kann fast von verhältnismässig charakteristischen Fenamat-Komplikationen sprechen. Fenamate haben also nicht ganz das gleiche Nebenwirkungs-Spektrum wie andere Entzündungshemmer. Es scheint mir wichtig, dass man beim Verschreiben der Mefenaminsäure an diese besonderen Probleme denkt.
TRIAZOLAM
Triazolam ist ein Benzodiazepin-Schlafmittel mit kurzer Halbwertszeit. Seit es 1991 in Grossbritannien verboten wurde, bricht die Diskussion um seinen relativen Wert nicht ab. Ausführliche Information zu den Eigenschaften von Triazolam findet sich z.B. im folgenden Übersichtsartikel:
Roth T et al. Pharmacotherapy 1983; 3: 137-48
Markenname: Halcion®.
Zentralnervöse Auswirkungen
. . . aus der Sicht der Herstellerfirma
In einer Übersichtsarbeit vergleicht die Triazolam-Herstellerin ihr Produkt mit anderen kurzwirkenden Schlafmitteln, z.B. Zolpidem (Stilnox®), Midazolam (Dormicum ®), Brotizolam (Lendormin®), Temazepam (Normison ®, Planum®). Als Basis dienten klinische und epidemiologische Studien. Weder Triazolam noch ein anderes dieser Schlafmittel verursachte «gefährliche» zentralnervöse Nebenwirkungen (Erregungszustände, Gewalttätigkeit). Andere unerwünschte Wirkungen im Bereich des Zentralnervensystems (Depression, Reizbarkeit) wurden bei den verschiedenen Medikamenten ähnlich häufig beobachtet. Schlaflosigkeit nach Absetzen des Schlafmittels («Rebound») wurde fast bei allen Schlafmitteln gelegentlich festgestellt und war «klinisch nicht signifikant». Im übrigen ergab der Vergleich für alle untersuchten kurzwirkenden Schlafmittel eine bemerkenswerte Ähnlichkeit der Wirksamkeit und der Nebenwirkungen. Jonas JM et al. J Clin Psychiatry 1992; 53 (Suppl): 19-31
In mehreren Repliken auf kritische Stellungnahmen bezeichnen Exponenten der Herstellerfirma die für ihr Medikament ungünstigen Beurteilungen als irreführend und unzutreffend. Unter anderem wird die Existenz einer Triazolam- induzierten frühmorgendlichen Schlaflosigkeit bestritten. Die Schlussfolgerungen der Kritiker seien auch deshalb verfälscht, weil nicht alle verfügbaren Publikationen gleichermassen berücksichtigt worden wären. Nachdem Triazolam vom britischen Markt verschwunden war, hätten zahlreiche Ärzte und Patienten die Wiedereinführung verlangt. Spontane Nebenwirkungsmeldungen (die im Fall von Triazolam auf ein relativ hohes Nebenwirkungsrisiko hinwiesen) seien aus verschiedenen Gründen für einen korrekten Vergleich zwischen verschiedenen Schlafmitteln ungeeignet. Aus der Herstellersicht hat Triazolam «ein ähnliches Nebenwirkungsprofil» wie andere Schlafmittel in äquipotenter Dosis und verursacht «nicht übermässig häufig psychiatrische Probleme oder Amnesie ».
Jonas JM. Br Med J 1993; 306: 1476
Burton G, Carter C. Br Med J 1993; 306: 1476
Jonas JM. Lancet 1993; 341: 1150-1
. . . und aus der Sicht der Kritiker
In einem Editorial werden die Argumente gegen kurzwirkende Benzodiazepine einer genaueren Prüfung unterzogen: Verursachen diese Mittel tatsächlich spezielle zentralnervöse Probleme (z.B. Amnesie, Psychosen, Verhaltensstörungen)? Sollte dies zutreffen, treten diese Probleme unter Triazolam häufiger auf als unter anderen Benzodiazepinen? Am wenigsten umstritten ist offenbar, dass kurzwirkende Benzodiazepine zu «Rebound»-Schlaflosigkeit (nach dem Absetzen) führen. Nach einzelnen Untersuchungen soll dieses Problem für Triazolam besonders ausgeprägt sein, es kommt aber auch bei anderen Schlafmitteln vor. Verhältnismässig eindeutig ist auch die Feststellung, dass Benzodiazepine Amnesien verursachen; auch für diese Nebenwirkung liegen Studien vor, die Triazolam ein höheres Risiko als anderen Benzodiazepinen zuschreiben. Umstritten ist dagegen die Frage, ob Triazolam eigentlich psychiatrische Probleme (z.B. Angstzustände) hervorrufen kann. Da mehrere Alternativen mit scheinbar geringeren Risiken zur Verfügung stehen, kommen die Autoren gesamthaft zu einer negativen Beurteilung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Triazolam. O’Donovan MC, McGuffin P. Br Med J 1993; 306: 945-6
Nutzen und Risiko von Triazolam werden in der britischen Fachpresse auch in zahlreichen Leserbriefen diskutiert. In diesen Stellungnahmen wird unter anderem darauf hingewiesen, dass auch eine Analyse unpublizierter Daten zu Triazolam ein relativ hohes psychiatrisches Nebenwirkungspotential ergebe. Wiederholt nehmen Schlafforscher auf Besprechungen des «Psychopharmacologic drugs advisory committee» der FDA Bezug. So soll gemäss einer neuen FDA-Analyse Triazolam drei- bis viermal häufiger als Flurazepam (Dalmadorm®) wegen Angstzuständen zum Abbruch einer Schlafmitteltherapie geführt haben. Aus diesem Grund wird empfohlen, eindringlich auf die zeitliche Beschränkung der Behandlung mit Triazolam (7 bis 10 Tage) hinzuweisen. Mehrere Autoren bezeichnen die von der Herstellerfirma propagierte Gleichwertigkeit verschiedener Benzodiazepine als unzutreffend. Als charakteristisch wird hervorgehoben, dass die Hersteller ihre Dosisempfehlung im Laufe der Jahre von 0,5 mg (oder sogar 1,0 mg) zuerst auf 0,25 mg und jetzt noch stärker reduziert haben. In Frankreich und Spanien sind heute nur noch Tabletten zu 0,125 mg erhältlich.
Adam K, Oswald I. Br Med J 1993; 306: 1475-6
Vela-Bueno A. Lancet 1993; 341: 567
Kales A et al. Lancet 1993; 341: 1602
Bei der Diskussion über Vor- und Nachteile von Triazolam darf nicht vergessen werden, dass Schlafmittel -- so nützlich sie gelegentlich sein mögen -- nur symptomatisch wirksame Substanzen sind. An solche Medikamente sollten wir in bezug auf Verträglichkeit besonders hohe Ansprüche stellen. Im Fall von Triazolam stelle ich fest, dass angesehene Schlafforscher und Psychiater zu einer negativen Beurteilung gelangt sind. Ob sich alle ihre Argumente verteidigen lassen, ist weitgehend belanglos. Für mich ist klar, dass ich kein Triazolam verschreibe.
Standpunkte und Meinungen
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