Blutdruckbehandlung bei Diabetes mellitus
- Autor(en): Christiane Brockes
- Reviewer: Edouard Battegay, Peter Diem, Paul Erne, Peter Wiesli
- pharma-kritik-Jahrgang 24
, Nummer 5, PK52
Redaktionsschluss: 21. August 2002
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2002.52 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Übersicht
Personen, die an einem Diabetes mellitus erkrankt sind, haben oft auch einen erhöhten Blutdruck. Diese Individuen sind einem stark erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen ausgesetzt. Ist zudem eine manifeste Nephropathie vorhanden, so ergibt sich eine nochmals gesteigerte Morbiditäts- und Mortalitätsrate.
Wahrscheinlich ist die Langzeitprognose von solchen Personen umso besser, je stärker sich ihr Blutdruck senken lässt. Dies ist jedenfalls die Schlussfolgerung, die sich aus Subgruppen- Analysen von Studien ableiten lässt, in denen der Blutdruck der Teilnehmenden verschieden «intensiv» gesenkt wurde:
In der HOT-Studie (Abkürzungen siehe Tabelle 1) wurden 18'790 Personen mit einem diastolischen Blutdruck zwischen 100 und 115 mm Hg nach dem Zufall drei Gruppen mit unterschiedlichen diastolischen Blutdruck-Zielwerten (max. 90, 85 oder 80 mm Hg) zugeteilt. Nach vier Jahren Behandlung fanden sich nur geringe Unterschiede zwischen den Gruppen, in denen im Mittel diastolische Werte von 85, 83 und 81 mm Hg erreicht wurden. Der Anteil von Personen, die auch an einem Diabetes litten, war mit etwa 8% (n=1501) relativ klein. Immerhin hatten innerhalb dieser Subgruppe die «am intensivsten» Behandelten signifikant weniger, nämlich nur 22 schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse als die am wenigsten intensiv» Behandelten (45 Ereignisse).(1)
Auch in der grossen britischen Diabetesstudie UKPDS wurde in einer Subgruppe die Frage der Blutdrucksenkung genauer untersucht. Hier handelte es sich um 1148 Diabeteskranke mit einem erhöhten Blutdruck. 758 wurden einer intensiv behandelten Gruppe mit einem Zielblutdruck unterhalb von 150/85 mm Hg zugeteilt; 390 Personen wurden ohne ACE-Hemmer oder Betablocker behandelt und lediglich ein Blutdruck unterhalb von 180/105 mm Hg angestrebt. Während einer Behandlungszeit von über 8 Jahren wurde in der intensiver behandelten Gruppe durchschnittlich ein Blutdruck von 144/82 mm Hg, in der Vergleichsgruppe von 154/87 mm Hg erreicht. Die intensiver Behandelten hatten signifikant weniger kardiovaskuläre Ereignisse, z.B. 44% weniger Schlaganfälle (jährlich 6,5 gegenüber 11,6 auf 1000 Personen) und 32% weniger diabetesbedingte Todesfälle (jährlich 13,7 gegenüber 20,3 pro 1000 Personen).(2)
Nachträgliche Analysen («post hoc») von Studien, in denen Personen mit einer isolierten systolischen Hypertonie behandelt wurden, weisen ebenfalls darauf hin, dass Diabeteskranke von einer konsequenten Blutdrucksenkung mindestens so sehr profitieren wie Personen ohne Diabetes.(3,4)
Entsprechend wird heute empfohlen, den Blutdruck bei Diabeteskranken auf Maximalwerte im Bereich von 130/85 mm Hg zu senken. Dabei handelt es sich um den in der Sprechstunde gemessenen Blutdruck – die zu Hause gemessenen Werte liegen in der Regel tiefer.
Auch für den Verlauf einer diabetischen Nephropathie ist die Senkung eines erhöhten Blutdruckes von grosser Bedeutung. Wie in einer früheren pharma-kritik-Nummer ausgeführt,(5) kann eine frühzeitige Normalisierung des Blutdruckes das Fortschreiten der Albuminurie und auch der Niereninsuffizienz um viele Jahre verzögern und das Erkrankungsrisiko signifikant senken. Selbst bei Blutdruckwerten im Normbereich führt die Therapie mit ACE-Hemmern auch ohne weitere Blutdrucksenkung zu einer Abnahme der Albuminurie und Mortalität. Bei einer manifesten Nephropathie wird heute empfohlen, den Blutdruck auf weniger als 125/75 mm Hg zu senken.
Die Medikamente
Eine frühzeitige und konsequente Behandlung der arteriellen Hypertonie reduziert bei Diabeteskranken ganz entscheidend die kardiovaskulären und renalen Erkrankungen sowie die diabetische Retinopathie. Die therapeutische Strategie und Wahl des Medikamentes orientiert sich an den begleitenden kardiovaskulären Risikofaktoren sowie an den bereits vorhandenen Endorganschäden.
Bei der Beurteilung der verschiedenen Medikamentengruppen muss man sich der eingeschränkten Aussagekraft der vorhandenen Studien bewusst sein: Viele der vorliegenden Studien wurden zwar randomisiert, aber offen durchgeführt. Meistens war es den Behandelnden erlaubt, neben den untersuchten Therapien andere Medikamente einzusetzen oder in einer Vergleichsstudie wenn nötig auch beide verglichenen Substanzen (z.B. einen ACE-Hemmer und einen Kalziumantagonisten) zu verschreiben. Nur ganz wenige Studien wurden ausschliesslich bei hypertonen Diabeteskranken durchgeführt; meistens stellt diese Personengruppe eine Subgruppe innerhalb eines grösseren Kollektivs dar.
Ein weiterer Umstand erschwert uns die adäquate Auswahl des besten Medikamentes: Die Studienpolitik vieler Herstellerfirmen hat dazu geführt, dass zum Teil gerade diejenigen Medikamentengruppen, deren Vergleich uns am meisten interessieren würde, nicht verglichen wurden. So verfügen wir bisher über keine guten Vergleichsstudien zwischen ACE-Hemmern und Sartanen (Angiotensin-Rezeptorantagonisten).
ACE-Hemmer
In der HOPE-Studie wurden 3577 Diabetiker und Diabetikerinnen mit der Anamnese eines kardiovaskulären Ereignisses oder mit mindestens einem weiteren Risikofaktor mit Ramipril (Triatec®, Vesdil®, 10 mg/Tag) oder Placebo behandelt. 56% der Studienpopulation hatten initial einen erhöhten Blutdruck; Diuretika, Betablocker und Kalziumantagonisten durften weiter eingenommen werden. Die Studie wurde 6 Monate vor dem geplanten Studienende (5 Jahre) abgebrochen, da sich unter Ramipril für den kombinierten Endpunkt (Herzinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskulär bedingter Tod) gegenüber der Vergleichsgruppe eine signifikante Reduktion des relativen Risikos um 25% ergeben hatte. Der Blutdruck in der mit Ramipril behandelten Gruppe lag jedoch nur um etwa 2/3 mm Hg niedriger als in der Vergleichsgruppe, weshalb für den ACEHemmer eine blutdruckunabhängige Gefässschutzwirkung angenommen wird.(6)
In der CAPPP-Studie wurde Captopril (Lopirin® u.a.) als primäre Behandlung mit einer «konventionellen» antihypertensiven Therapie (vorwiegend Betablocker und Diuretika) bei Personen mit Hypertonie verglichen. In dieser «praxisnahen» Studie war die Zugabe weiterer Medikamente in beiden Vergleichsgruppen erlaubt. Für das Gesamtkollektiv ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Captopril und der Vergleichstherapie. Einzig für die Subgruppe der 572 Diabeteskranken fand sich ein signifikanter Vorteil von Captopril, indem der kombinierte primäre Endpunkt (Herzinfarkte, Schlaganfälle, kardiovaskulär bedingter Tod) unter Captopril seltener erreicht wurde.(7)
Im Rahmen der UKPDS-Studie erhielten 758 Personen mit einem Typ-2-Diabetes und einem mittleren Blutdruck von 160/94 mm Hg primär entweder Atenolol (Tenormin® u.a.) oder Captopril. Damit der Ziel-Blutdruck (weniger als 150/85 mm Hg) erreicht werden konnte, musste gegen ein Drittel der Behandelten in beiden Gruppen mit drei verschiedenen Antihypertensiva behandelt werden. (Dabei erhielt ein Teil der Personen sowohl Atenolol als auch Captopril.) In der Captopril-Gruppe wurde ein durchschnittlicher Blutdruck von 144/83 und in der Atenolol-Gruppe von 143/81 mm Hg erzielt. Im Vergleich mit weniger intensiv Behandelten war der Schutz vor mikro- und makrovaskulären Komplikationen in beiden Gruppen gleich gut (siehe oben). Auch in Bezug auf eine Progression der Albuminurie wurde zwischen den beiden Gruppen kein signifikanter Unterschied festgestellt.(8)
In der FACET-Studie wurden 380 Personen mit Typ-2- Diabetes und Blutdruckwerten über 140/90 mm Hg randomisiert mit Fosinopril (Fositen® , 20 mg/Tag) oder Amlodipin (Norvasc®, 10 mg/Tag) behandelt. Andere Antihypertensiva waren nicht erlaubt, wohl aber die Kombination der beiden untersuchten Medikamente. Während der Beobachtungszeit von 3,5 Jahren senkten beide Substanzen den Blutdruck in ähnlichem Ausmasse. In der Fosinopril-Gruppe ereigneten sich jedoch signifikant weniger schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (nämlich nur 14 gegenüber 27 in der Amlodipin- Gruppe).(9)
In der ABCD-Studie wurden 470 Kranke mit einem Typ-2- Diabetes und einem diastolischen Blutdruck von mindestens 90 mm Hg mit Enalapril (Reniten®) oder Nisoldipin (Syscor®) behandelt. Zusatzbehandlungen waren in beiden Gruppen erlaubt. Während einer Studiendauer von durchschnittlich 5 Jahren traten in der Nisoldipingruppe 25, in der Enalaprilgruppe lediglich 5 Herzinfarkte auf.(10)
ACE-Hemmer sind für Diabetikerinnen und Diabetiker mit einer Hypertonie die Mittel der ersten Wahl, insbesondere im Vergleich mit Kalziumantagonisten, jedoch auch gegenüber Betablockern und Diuretika. Ihre vorteilhafte Wirkung – insbesondere auch im Sinne einer Nephroprotektion – geht wahrscheinlich über die blutdrucksenkende Wirkung hinaus.(5) Der Vergleich mit den neueren Sartanen gestaltet sich schwierig, da bisher keine entsprechenden Studien veröffentlicht wurden. In vielen Fällen sind jedoch zusätzliche Antihypertensiva notwendig, weil der nachhaltigen Senkung des Blutdrucks zweifellos die grösste Bedeutung zukommt.
Die Verträglichkeit der ACE-Hemmer ist meistens gut; allerdings entwickeln zwischen 10 und 20% der Behandelten einen Reizhusten. Ein eventuell lebensbedrohliches Angioödem ist eine seltene Komplikation; bei Stridor oder lokaler Schwellung der Haut muss der ACE-Hemmer abgesetzt werden.
Unter ACE-Hemmern kann der Kreatininspiegel ansteigen, besonders dann, wenn gleichzeitig eine Nierenarterienstenose vorliegt. Daher sollten mindestens initial die Plasmaspiegel von Kreatinin und Kalium wiederholt kontrolliert werden.
Sartane
Zur Wirksamkeit der Sartane (Angiotensin-Rezeptorantagonisten) sind einige neuere Studienresultate verfügbar.
In der LIFE-Studie wurden über 9000 Personen mit einer essentiellen Hypertonie und einer linksventrikulären Hypertrophie mit Atenolol oder Losartan (Cosaar®) behandelt. Der primäre Endpunkt der Studie entsprach der Kombination der folgenden Ereignisse: kardiovaskulär bedingter Todesfall, Herzinfarkt, Schlaganfall. Eine Subgruppe dieser Studie umfasste 1195 Diabeteskranke. In der mittleren Beobachtungszeit von 4,7 Jahren wurde bei diesen Individuen der Blutdruck von durchschnittlich 177/96 mm Hg auf 146/79 mm Hg in der Losartangruppe und auf 148/79 mm Hg in der Atenololgruppe gesenkt. Dieses Resultat wurde erreicht, weil etwa die Hälfte der Behandelten zusätzliche Antihypertensiva (jedoch keine ACE-Hemmer und keine zusätzlichen Betablocker oder Sartane) erhielt. Die Anzahl der Personen, die den primären Endpunkt erreichten, war in der Losartangruppe signifikant kleiner (n=103) als in der Atenololgruppe (n=139). Dies entspricht einer Reduktion des absoluten Risikos um 5%. Auch die kardiovaskuläre und gesamte Mortalität war in der Losartangruppe signifikant kleiner. Werden die Fälle von Herzinfarkt bzw. Hirnschlag separat betrachtet, so kann hier kein signifikanter Unterschied festgestellt werden.(11)
An der RENAAL-Studie nahmen 1513 Personen mit Typ-2- Diabetes und einer Makroproteinurie teil; fast alle hatten einen erhöhten Blutdruck. Hier wurde Losartan während durchschnittlich 3,4 Jahren mit Placebo verglichen. Mit Ausnahme von ACE-Hemmern waren zusätzliche Antihypertensiva erlaubt. Der primäre Endpunkt (Kombination von Verdoppelung des Kreatininspiegels, terminaler Niereninsuffizienz und Tod) trat in der Losartangruppe signifikant seltener als in der Placebogruppe auf, nämlich bei 43,5% (Placebo: 47,1%). Entsprechend der ungünstigen Prognose starben viele Kranke (21% in der Losartangruppe, 20,3% in der Placebogruppe).(12)
In der IDNT-Studie erhielten 1715 Personen mit Typ-2- Diabetes, Hypertonie und Makroproteinurie Irbesartan (Aprovel ®), Amlodipin oder Placebo. Zusätzliche Sartane, Kalziumantagonisten oder ACE-Hemmer durften nicht verabreicht werden, andere Antihypertensiva aber wohl. Der kombinierte Endpunkt war derselbe wie in der RENAAL-Studie. Dieser wurde innerhalb der rund zweieinhalb Jahre dauernden Studie bei 32,6% der Irbesartangruppe, 41,1% der Amlodipingruppe und 39,0% der Placebogruppe erreicht. Auch in dieser Studie zeigte sich der nephroprotektive Effekt der Sartane, indem in erster Linie der Verlauf der Nierenfunktion von Irbesartan günstig beeinflusst wurde.(13)
Irbesartan wurde auch bei Diabeteskranken geprüft, die neben der Hypertonie nur eine Mikroalbuminurie hatten. In dieser Studie namens IRMA-2 erhielten die 590 Teilnehmenden während 2 Jahren Irbesartan oder Placebo. Andere Antihypertensiva (ausser ACE-Hemmer) waren erlaubt. Primärer Endpunkt war das Auftreten einer anhaltenden nächtlichen Albuminurie (über 200 µg/Minute) oder eine 30%ige Zunahme der Albuminurie. Obwohl Irbesartan den Blutdruck nur wenig zusätzlich senkte, ergab sich mit der höheren Tagesdosis (300 mg) eine signifikante Wirkung auf diesen Endpunkt (5,2% gegenüber 14,9% in der Placebogruppe).(14)
Sartane sind nach aktuellem Wissen gut verträgliche Medikamente. Wie bei den ACE-Hemmern sollten mindestens initial die Kreatininwerte überwacht werden.
Heute besteht kein Zweifel mehr, dass Sartane bei Personen mit Diabetes und erhöhtem Blutdruck gut wirksam sind, wenn auch oft eine zusätzliche antihypertensive Medikation notwendig ist. Dagegen ist ihr Stellenwert im Vergleich mit den ACEHemmern nach wie vor ungenügend definiert. Personen, die unter ACE-Hemmern husten, können gut mit Sartanen behandelt werden.
Diuretika
Diuretika werden heute kaum als primäre Behandlung einer Hypertonie bei Diabeteskranken in Betracht gezogen. Sie sind jedoch trotz ihrer möglichen Auswirkungen auf den Glukosestoffwechsel keineswegs kontraindiziert, sondern leisten in Kombination mit anderen Antihypertensiva einen substantiellen Beitrag zur Blutdrucksenkung.
Selbst als Monotherapie war Chlortalidon (Hygroton®) in niedriger Dosierung bei älteren, nicht-insulinpflichtigen Diabeteskranken mit einer isolierten systolischen Hypertonie erfolgreich: In einer Untergruppe der SHEP-Studie führte diese Behandlung im Vergleich mit Placebo über einen Zeitraum von 5 Jahren zu einer signifikanten Reduktion der kardiovaskulären Komplikationen. In der Chlortalidon-Gruppe kam es bei 20%, in der Placebogruppe dagegen bei 27,6% zu schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen.(3)
Betablocker
Die Resultate der oben erwähnten LIFE-Studie, in der sich Losartan als wirksamer als Atenolol gezeigt hat, lässt gewisse Zweifel am Stellenwert der Betablocker bei Diabetes und Hypertonie aufkommen.
Auf Grund früherer Daten, insbesondere den bereits genannten Resultaten des Vergleichs von Captopril und Atenolol innerhalb der UKPDS-Studien, kann jedoch geschlossen werden, dass Betablocker eine wirksame und meistens gut verträgliche Behandlung darstellen.(2,8) Insbesondere kann angenommen werden, dass sich Betablocker für Diabetiker und Diabetikerinnen mit koronarer Herzkrankheit eignen.(15)
In einer kleinen älteren Arbeit ist zudem eine nephroprotektive Wirkung von Betablockern in Kombination mit Diuretika bei jungen Kranken mit einem Typ-1-Diabetes dokumentiert worden.(16) Ob sich diese Daten verallgemeinern lassen, kann jedoch nicht gesagt werden.
Aussagen zu den einzelnen Betablockern lassen sich nur beschränkt dokumentieren. In vielen Studien sind verschiedene Betablocker als Zweit- oder Dritt-Antihypertensiva zum Einsatz gelangt – dies dürfte beim Vorliegen eines Diabetes auch die beste Verwendung darstellen.
Wenn auch eine Herzinsuffizienz vorliegt, empfiehlt es sich, dabei eine der für diese Indikation dokumentierte Substanz – z.B. Bisoprolol (Concor® u.a.) – zu verwenden. Betablocker sind relativ gut verträglich; unter den Nebenwirkungen ist besonders die bronchokonstriktorische Wirkung zu beachten.
Kalziumantagonisten
Die aktuell vorliegenden Studienresultate (FACET-, ABCD- und IDNT-Studie, siehe oben) sprechen klar gegen einen primären Einsatz von Dihydropyridin-Kalziumantagonisten bei Diabeteskranken mit Hypertonie.
Im Vergleich mit Placebo hat sich zwar für Nitrendipin (Baypress®) bei solchen Individuen eine vorteilhafte Wirkung auf die kardiovaskuläre und die gesamte Mortalität errechnen lassen. Diese Aussage beruht jedoch auf der nachträglichen Auswertung einer Subgruppe der Syst-Eur-Studie, in der Personen mit isolierter systolischer Hypertonie behandelt wurden.(4)
Auch die Daten der oben erwähnten HOT-Studie, bei der Felodipin (Munobal®, Plendil®) als erstes Antihypertensivum zum Einsatz gelangte, lassen sich nur beschränkt zu Gunsten der Kalziumantagonisten interpretieren, da es in dieser Studie in erster Linie um den Vergleich verschieden intensiver Therapien ging.(1)
Zu den Nicht-Dihydropyridinen wie Verapamil (Isoptin® u.a.) und Diltiazem (Dilzem® u.a.) liegen bezüglich antihypertensiver Therapie bei Diabetes keine ausreichenden Daten vor.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Kalziumantagonisten in sehr zahlreichen Studien als Zweit- oder Dritt- Antihypertensivum eingesetzt wurden, ist jedoch die Anwendung von Kalziumantagonisten – in der Regel in Kombination mit ACE-Hemmern und Diuretika – auch bei Diabetikerinnen und Diabetikern eine vertretbare Option. Dies trifft umso mehr zu, als es sich oft als schwierig erweist, den Blutdruck ohne Kalziumantagonisten in den gewünschten Bereich zu senken.
Kombinationen
Wie bereits wiederholt erwähnt, sind bei Diabetikern und Diabetikerinnen oft mehrere (nicht selten drei oder vier) Antihypertensiva notwendig, um den Blutdruck adäquat zu senken. Im Rahmen der medikamentösen Kombinationen haben Diuretika einen hohen Stellenwert. ACE-Hemmer plus Diuretika in niedriger Dosierung senken den Druck besonders wirksam. Im Hinblick auf die für Diabeteskranke notwendige Polypharmazie ist es vorteilhaft, dass verschiedene fixe Kombinationen mit Diuretika erhältlich sind.
Schlussfolgerungen
Bei Diabeteskranken mit Hypertonie wird empfohlen, den Blutdruck mehr als üblich – auf Werte unter 130/85 mm Hg – zu senken. Bei einer Makroproteinurie soll sogar ein Blutdruck unter 120/75 mm Hg angestrebt werden. ACE-Hemmer sind in der Regel die Mittel der ersten Wahl. Ob Sartane (AngiotensinAngiotensin- Rezeptorantagonisten) den ACE-Hemmern gleichwertig oder gar überlegen sind, ist bisher nicht bekannt. Beide Substanzgruppen zeichnen sich durch eine gesicherte Nephroprotektion, kardiovaskulären Schutz und Stoffwechselneutralität aus. Diuretika sind als Zweitmedikamente von grosser Bedeutung, da sie oft wesentlich zur Blutdrucksenkung beitragen. Betablocker eignen sich ebenfalls als Zweit- oder allenfalls als Dritt-Antihypertensiva. Schliesslich stellen auch Kalziumantagonisten eine Option dar, wenn sie auch besser nicht als primäre Antihypertensiva eingesetzt werden.
Literatur
- 1) Hansson L et al. Lancet 1998; 351: 1755-62 2
- 2) UK Prospective Diabetes Study Group. Br Med J 1998; 317: 703-13
- 3) Curb JD et al. JAMA 1996; 276: 1886-92
- 4) Tuomilehto J et al. N Engl J Med 1999; 340: 677-84
- 5) Masche UP. pharma-kritik 2001; 23: 5-8
- 6) The Heart Outcomes Prevention Evaluation Study Investigators. Lancet 2000; 355: 253-9
- 7) Hansson L et al. Lancet 1999; 353: 611-6
- 8) UK Prospective Diabetes Study Group. Br Med J 1998; 317: 713-20
- 9) Tatti P et al. Diabetes Care 1998; 21: 597-603
- 10) Estacio RO et al. N Engl J Med 1998; 338: 645-52
- 11) Lindholm LH et al. Lancet 2002; 359: 1004-10
- 12) Brenner BM et al. N Engl J Med 2001; 345: 861-9
- 13) Lewis EJ et al. N Engl J Med 2001; 345: 851-60
- 14) Parving HH et al. N Engl J Med 2001; 345: 870-8
- 15) Kjekshus J et al. Eur Heart J 1990; 11: 43-50
- 16) Parving HH et al. Br Med J 1987; 294: 1443-7
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