Schutz gegen Stechmücken

Übersicht

Die Prophylaxe der Malaria gestaltet sich allmählich immer problematischer. Plasmodium falciparum, der Erreger der Malaria tropica, hat im Verlaufe der letzten zwei Jahrzehnte an vielen Orten Resistenzen gegen die gängigen Malariamittel entwickelt. Zudem wurden mit mehreren dieser Mittel schwerwiegende Nebenwirkungen beobachtet. Die Expositionsprophylaxe, d.h. die (äusserliche) Anwendung chemischer oder physikalischer Mittel, ist deshalb aktueller denn je. Dies gilt sowohl für Touristen als auch für die in den Endemiegebieten lebende Bevölkerung.

Eine gute Expositionsprophylaxe ist besonders wichtig für Personen, die sich langfristig in den Tropen aufhalten, da diese häufig nicht gewillt sind, ständig Medikamente zur Malariaprophylaxe einzunehmen. Selbstverständlich ist die Expositionsprophylaxe auch für Kurzzeitaufenthalter von Bedeutung. Äusserlich anwendbare Mittel können nicht nur gegen Malaria, sondern zudem gegen eine Reihe weiterer von Mücken oder anderen Arthropoden übertragenen Krankheiten schützen.

Nur weibliche Mücken stechen. Sie benötigen alle drei bis vier Tage eine Blutmahlzeit; ihr Geruchsinn hilft ihnen, geeignete Opfer zu finden. Ein wichtiges chemisches Signal des Wirtes ist das über die Lunge ausgeatmete und durch die Haut abgesonderte Kohlendioxid. Dass verschiedene Individuen eine unterschiedliche Attraktivität für Stechmücken aufweisen, beruht auch auf der Milchsäureausscheidung über die Haut und auf anderen nicht näher bekannten Duftstoffen.

Repellentien

Die Wirkungsweise der Repellentien ist nicht völlig geklärt. Wahrscheinlich stören sie den Orientierungssinn der Insekten, so dass sie nicht mehr fähig sind, ihr Opfer zu lokalisieren. Denkbar ist auch, dass sie eine eigentlich «abstossende» Wirkung auf Insekten ausüben.

Die Ansprüche an Repellentien sind beträchtlich: Ein ideales Repellens hält alle möglichen Arten von Arthropoden fern, wirkt langanhaltend und hat keine toxischen Effekte. Damit es wirklich benützt wird, muss es von möglichen Anwendern als im Geruch und in der Konsistenz angenehm beurteilt werden. Ein Repellens wirkt nur so lange, als es auf der Haut vorhanden ist. Durch Kontakt mit den Kleidern und durch Schwitzen oder Baden kann es rasch verloren gehen. Jedenfalls ist die Wirkdauer im Alltag viel kürzer als unter Laborbedingungen. Hochkonzentrierte Mittel wirken nicht besser, aber länger.

Am besten ist die Wirksamkeit der Repellentien gegen Stechmücken untersucht.(1) Verschiedene Stechmückenarten weisen aber eine recht unterschiedliche Empfindlichkeit auf. Grundsätzlich müsste deshalb die Empfindlichkeit aller wichtigen Stechmückenarten getestet werden. Tatsächlich werden jedoch vorwiegend Stechmücken der Gattung Aedes, die einfach gezüchtet werden können, zur Prüfung verwendet. Dies erklärt, weshalb die Wirksamkeit der meisten Repellentien nicht gegen die für die Malaria bedeutsamen Anopheles-Arten geprüft ist.(2)

Anderseits beschränkt sich die Wirksamkeit der Repellentien nicht auf Stechmücken. Diese Mittel halten – in unterschiedlichem Ausmass -- auch andere Arthropoden wie Fliegen, Bremsen, Flöhe und Zecken fern. Gegen Hymenopteren (Bienen, Wespen) sind sie unwirksam.

Diäthyltoluamid (DEET) und Dimethylphthalat (DMP), die wirksamsten und am besten dokumentierten Mittel, sind seit über 35 Jahren im Handel. Zurzeit sind keine neuen Mittel bekannt, die als überlegene Alternativen in Frage kommen.

Andere, ebenfalls zugelassene Mittel sind Diäthylbenzamid, Diäthylcaprylamid, Äthylhexandiol (Rutgers 612) und Butylacetylaminopropionat (Repellent 3535). Die Wirksamkeit dieser Repellentien ist jedoch vergleichsweise wenig dokumentiert.

Wenig Information steht auch zur Frage des Haftvermögens -- der Substantivität -- der Repellentien zur Verfügung. Einzig für das DEET-Präparat Ultrathon® sind zu dieser wichtigen Eigenschaft Daten vorhanden: Gemäss einer Untersuchung des Schweizerischen Tropeninstituts soll Ultrathon® dank eines an der Haut haftenden Acrylatpolymers eine gute Substantivität aufweisen. Unter Laborbedingungen behielt dieses Mittel nach einem vier Minuten dauernden Bad in Süss- oder Salzwasser seine Wirksamkeit. Diese kann aber durch Abtrocknen oder ein weiteres Bad zunichte gemacht werden. In der Regel muss jedenfalls vermutet werden, dass die meisten Repellentien durch Schwitzen oder Baden verloren gehen.

In der Schweiz ist es schwierig, sich adäquat über Repellentien zu informieren, da diese Mittel als Kosmetika gelten. Der Wirkstoffgehalt muss bisher nicht deklariert werden; oft werden auch Änderungen der Zusammensetzung vorgenommen. Gesetzlich vorgeschrieben sind lediglich die Höchstkonzentrationen. Die grösste Bedeutung kommt heute den DEET-haltigen Mitteln zu.

Diäthyltoluamid (DEET)

DEET-haltige Mittel (siehe Tabelle 1) gelten als die wirksamsten Repellentien. Bei korrekter Anwendung ist DEET wenig toxisch.(2-4) Immerhin werden bis zu 50% der auf die Haut applizierten Menge resorbiert. Ein Teil davon bleibt zunächst in der Haut und im subkutanen Fettgewebe. DEET wird in der Leber teilweise metabolisiert; 10 bis 15% können im Urin in unveränderter Form nachgewiesen werden. Das Mittel passiert die Plazentarschranke und ist auch in der Muttermilch nachweisbar.

DEET wirkt stark reizend auf Schleimhäute, in höherenKonzentrationen auch auf die Haut. Schwere Hautschädigungenwie bullöse Dermatosen und Nekrosen sind vorallem bei der Anwendung von DEET-Konzentrationenvon über 50% beschrieben worden.(5) Glas und Plastikmaterialien(Brillen, Uhren) werden durch DEET matt.

Bei Kleinkindern, deren Haut längere Zeit grossflächig mit hochkonzentriertem DEET behandelt wurde, sind epileptische Anfälle und (in Einzelfällen tödliche) toxische Enzephalopathien beschrieben worden.(6) DEET muss kindersicher aufbewahrt werden, da es auch nach dem Verschlucken grösserer Mengen zu schweren Vergiftungserscheinungen kommen kann. Todesfälle sind jedoch vorwiegend nach oraler Einnahme von DEET in suizidaler Absicht vorgekommen.(7)

Werden Kleidungsstücke mit DEET imprägniert, so kann eine länger dauernde Wirkung erreicht werden. Das Mittel wird von Baumwollgewebe gut absorbiert und dann während längerer Zeit aus diesem Reservoir abgegeben. Mit DEET imprägnierte Baumwollbänder, die zur Abendzeit an den Knöcheln getragen werden, ermöglichen einen monatelang anhaltenden, guten Mückenschutz.(8)Bei Nichtgebrauch müssen diese Bänder jedoch luftdicht verpackt aufbewahrt werden, da sonst das Mittel nutzlos verdampft.

Pflanzenextrakte

Pflanzenextrakte wie Zitronellen-, Lavendel-, Geranien-, Zedern-, Eukalyptus- oder Nelkenöl erfreuen sich weiter Verbreitung. Von diesen scheint Zitronellenöl die beste Wirkung aufzuweisen. Pflanzenextrakte wirken jedoch nur während ein bis zwei Stunden und verleihen einen wesentlich geringeren Schutz als die «chemischen» Repellentien (z.B. DEET). In einer Vergleichsstudie schützte eine 10%ige Zitronellenöl-Lösung nur während rund einer Viertelstunde vor einem Stich von Aedes aegypti, während der Schutz einer 15%igen DEET-Lösung etwa zwei Stunden anhielt.(9)

Insektizide

Viele Insektizide (DDT, Phosphorsäurester, Carbamate u.a.) können zur Resistenzbildung führen und weisen ökologische und toxikologische Risiken auf. Am häufigsten werden heute synthetische Pyrethroide als Insektizide eingesetzt. Diese sind wesentlich stabiler und wirksamer als das aus Chrysanthemenblüten hergestellte Pyrethrum. Die Meinungen über die Toxizität der Pyrethroide sind allerdings geteilt. Einzelne Verbraucherorganisationen und Experten halten Pyrethroide für relativ giftig. Andere Fachleute und auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vertreten dagegen die Meinung, für den Menschen könne sowohl die akute als auch die chronische Toxizität von Pyrethroiden als gering beurteilt werden.(10,11) Eindeutige Daten, die eine kumulative Neurotoxizität beim Menschen dokumentieren würden, sind jedenfalls keine vorhanden.

Pyrethroide können als «Knock-down»-Sprays (z.B. Thyrax ®, d-stop-oeko®) eingesetzt werden, um Schlafräume wirksam mückenfrei zu machen.

Auch die Wirksamkeit von pyrethrumhaltigen Räucherspiralen (z.B. D-Stop®) ist in verschiedenen Studien nachgewiesen worden.(12,13) Die Spiralen enthalten ausserdem verschiedene Füllmaterialen wie Maisstärke, Sägemehl, Jute, Farbstoffe. Ihre Brenndauer beträgt sechs bis acht Stunden. Das dabei freigesetzte Pyrethrum wirkt vorwiegend als Repellens, teilweise jedoch auch als Insektizid. Da die inhalative Toxizität von Pyrethrum gering ist, wir- ken sich in gut belüfteten Räumen die beim Verbrennen der Spiralen entstehenden Dämpfe nicht gefährlich aus. In geschlossenen Räumen ergab sich in Tierversuchen jedoch eine Reizung der Atemwege.(14)

DDT-haltige Spiralen, wie sie in China produziert werden, sollten aus toxikologischen Gründen nicht verwendet werden.

Insektizide können ferner elektrisch verdampft werden, wobei ein mindestens ebenso guter Effekt wie mit Moskitospiralen erreicht wird.(15) Durch Hitzeeinwirkung werden Pyrethroide aus getränkten Zellstoffträgern oder Nachfüllsystemen freigesetzt. So werden in der Raumluft wirksame Pyrethroid-Konzentrationen erreicht, die mindestens um das 10’000fache unter der in Tierversuchen festgestellten Toxizitätsgrenze liegen sollen.

Physikalische Massnahmen

Kleider schützen nur beschränkt gegen Mücken: die Insekten können ohne weiteres durch leichte, eng auf der Haut liegende Textilien stechen. Am besten sind weite, langärmelige Kleider, eventuell spezielle Jacken und Gesichtsschleier.

Sowohl Kleider als auch Bettnetze schützen viel besser, wenn sie mit Repellentien oder Insektiziden imprägniert werden. Die Stoffe werden z.B. in pyrethroidhaltige Lösungen getaucht, ausgewrungen und getrocknet. Ein so präpariertes Bettnetz schützt während etwa sechs Monaten, sogar wenn es zwischendurch gewaschen wird. Nylonnetze nehmen pro Quadratmeter etwa 20 ml Flüssigkeit auf, Baumwollnetze mehr.(16)Kleider, die mit Pyrethroiden imprägniert sind, schützen z.B. während fünf Tagen recht zuverlässig gegen Zeckenstiche.

Wirkungslose Mittel und Apparate

Systemisch wirksame Repellentien existieren leider immer noch keine. Trotz zahlreicher Studien, welche die Unwirksamkeit von oral verabreichtem Thiamin (Vitamin B1) belegen, sind immer noch zahlreiche Reisende, Ärzte und Apotheker von seiner Wirksamkeit überzeugt.(17) Auch für die lokale Anwendung von Thiamin (z.B. in Zanzara®) gibt es keinen rationalen Grund.

Die Wirkung von akustischen Apparaten soll auf der Imitation männlicher Stechmücken oder von Fledermäusen beruhen. Gemäss ausführlichen Testen sind solche Geräte aber nicht geeignet, weibliche Stechmücken vom Stechen abzuhalten.(18) Dennoch werden sie auch in der Schweiz nach wie vor zum Kauf angeboten. Lichtfallen, in denen fliegende Insekten elektrokutiert werden, sind für Stechmücken im Vergleich zum Menschen nur von geringer Anziehungskraft. Auch bei längerer Anwendung verringern sie die Häufigkeit der Blutmahlzeiten nicht nennenswert. (19)Sie vernichten lediglich zahlreiche Nützlinge.

Praktisches Vorgehen

Ein einfacher, mässig wirksamer Mückenschutz lässt sich mit dem Tragen von Kleidern, die Arme und Beine bedecken und mit einer abendlichen Dusche erreichen. Repellentien, die mindestens 10% DEET enthalten, sind in der Regel gut gegen Stechmücken und Zecken wirksam. Wichtig ist die wiederholte Applikation, da die im Labor ermittelte Wirkungsdauer nicht mit derjenigen unter Feldbedingungen übereinstimmt. Da die Mücken besonders am Abend aktiv sind, genügt es oft, Repellentien am Abend anzuwenden. Wenn jemand keine «chemischen» Mittel auf die Haut auftragen will, so bleibt die Möglichkeit eines partiellen (und kurzdauernden) Schutzes mit Zitronellenöl. Dies ist immer noch wirksamer als ein hochwirksames, aber nicht benütztes Repellens im Reisegepäck. Pyrethrumhaltige Räucherspiralen und Elektroverdampfersysteme gelten als unbedenklich, wenn sie über kurze Zeit und in belüfteten Räumen verwendet werden.(20) Langzeitaufenthalter oder Rucksacktouristen kaufen sich am besten ein Moskitonetz, das sie vor der Abreise mit Pyrethroiden imprägnieren.

Literatur

  1. 1) Kulkarni SM, Naik VM. Indian J Med Res 1985; 82: 14-8
  2. 2) US Environmental Protection Agancy. N,diethyl-m-toluamide (DEET), Pesticide Registration Standard. Washington: US EPA Office of Pesticide and Toxic Substances, 1980
  3. 3) Moody RP. JAMA 1989; 262: 28-9
  4. 4) Editorial. Lancet 1988; 2: 610-1
  5. 5) Reuveni H, Yagupsky P. Arch Dermatol 1982; 118: 582-3
  6. 6) MMWR 1989; 38: 678-80
  7. 7) Tenenbein M. JAMA 1987; 258: 1509-11
  8. 8) Curtis CF et al. Med Vet Entomol 1987; 1: 109-19
  9. 9) Schreck CA. In: Auerbach PS, Geehr EC, eds. Management of wilderness and environmental emergencies. St. Louis: Mosby, 1989: 600
  10. 10) IPCS (International Programme on Chemical Safety). Environmental Health Criteria 97: Delthamethrin. Geneva: WHO, 1990
  11. 11) Appel KE, Gericke S. Bundesgesundhbl 1993; Nr.6: 219-28
  12. 12) Chadwick PR. Parasitol Today 1985; 1: 90-1
  13. 13) Charlwood D, Jolly D. Trans R Soc Trop Med Hyg 1984; 78: 678
  14. 14) Liu WK, Wong HM. Toxicol Lett 1987; 39: 213-39
  15. 15) Curtis CF, Hill N. Entomol Exp Appl 1988; 49: 175-9
  16. 16) Snow RW et al. Trans R Soc Trop Med Hyg 1988; 82: 647-8
  17. 17) Maasch HJ. Tropenmed Parasitol 1973; 4: 119-22
  18. 18) Foster WW, Lutes KI. J Am Mosq Control Assoc 1985; 1: 199-202
  19. 19) Nasci RS et al. Mosq News 1983; 43: 180-4
  20. 20) BAG Bull 1991; Nr.24: 371

Standpunkte und Meinungen

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Schutz gegen Stechmücken (14. Juli 1993)
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