• Fibrate ohne überzeugenden Nutzen bei Typ-2-Diabetes
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 31. Dezember 2005

Die Dyslipidämie, wie sie beim Typ-2-Diabetes vorkommt, lässt sich mit Fibraten korrigieren. Eine kürzlich publizierte Studie zeigt allerdings, dass dies keinen wesentlichen Einfluss auf das Herzinfarktrisiko hat. Fast 9800 Personen mit Typ-2-Diabetes wurden während 5 Jahren doppelblind entweder mit Fenofibrat (1x 200 mg/Tag, Lipanthyl®) oder mit Placebo behandelt. Die Häufigkeit des primären Endpunktes, Myokardinfarkte inklusive infarktbedingte Todesfälle, wurde durch Fenofibrat von 5,9 auf 5,2% reduziert, diejenige des sekundären Endpunktes, die Kombination von kardiovaskulären Ereignissen wie Myokardinfarkt, Schlaganfall, Revaskularisation u.a., von 13,9 auf 12,5%; lediglich der Unterschied beim sekundären Endpunkt ist - knapp - signifikant. Insgesamt war der Effekt von Fenofibrat deutlich geringer, als man erwartet hatte.

Abstract der Studie aus dem "Lancet": http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=16310551&query_hl=1&itool=pubmed_docsum

Früherer BDN-Text zu Fibraten: http://www.infomed.org/bad-drug-news/bdn19.html

  • Hauptstudie zu Rofecoxib (Vioxx®) war schöngefärbt
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 16. Dezember 2005

In einem im Internet vorzeitig publizierten Editorial des "New England Journal of Medicine" (NEJM) drücken die Herausgeber der Zeitschrift ihre Sorge über die Unredlichkeiten aus, die bei der VIGOR-Studie ("Vioxx Gastrointestinal Outcome Research") stattgefunden haben. In jener Studie hatte man beobachtet, dass unter Rofecoxib signifikant mehr Myokardinfarkte auftraten als unter der Vergleichssubstanz Naproxen (Apranax® u.a.). Wie nun herausgekommen ist, wurden bei der Veröffentlichung im NEJM vor fünf Jahren – mit Wissen von mindestens zwei der Autoren – in der Rofecoxib-Gruppe drei Myokardinfarkt-Fälle unterschlagen und nur 17 statt 20 Fälle aufgelistet. Dies bedeutet, dass einige ursprüngliche Berechnungen der VIGOR-Studie falsch sind bzw. für Rofecoxib ein zu tiefes Herzinfarktrisiko angegeben wurde. Die Herausgeber des NEJM erwarten nun von den Autoren der VIGOR-Studie, dass sie ein Korrigendum publizieren.

NEJM-Editorial:
http://content.nejm.org/cgi/reprint/NEJMe058314v1.pdf

VIGOR-Studie:
http://content.nejm.org/cgi/content/full/343/21/1520

  • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI): Der Lack blättert ab
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 9. Dezember 2005

Ein Essay, in der Internetzeitschrift "PloS Medicine" publiziert, räumt mit gängigen Vorstellungen auf, die wir mit SSRI verbinden. Es sei eine verbreitete Meinung – die auch besonders in der Werbung der Pharmafirmen gepflegt werde –, dass Depressionen und gewisse andere psychiatrische Erkrankungen auf einem durch SSRI korrigierbaren Serotoninmangel oder Neurotransmitter-Ungleichgewicht beruhen würden. Ergebnisse der modernen Gehirnforschung lassen indessen vermuten, dass die Mechanismen viel komplexer und noch wenig verstanden sind. Der Rückschluss, die Wirksamkeit von SSRI bei Depressionen sei ein Beleg für die Serotoninmangel-Hypothese, erscheine zwar naheliegend, sei aber logisch falsch. Dazu komme, dass die antidepressive Wirkung von SSRI wahrscheinlich ebenfalls zu relativieren ist: wenn man alle Vergleichsstudien analysiert, also auch diejenigen, die nicht veröffentlicht, sondern nur den Arzneimittelbehörden zur Verfügung gestellt wurden, findet man bei mehr als der Hälfte keine signifikanten Unterschiede zwischen Antidepressivum und Placebo.

Volltext des Essays:
http://medicine.plosjournals.org/perlserv/?request=get-document&doi=10.1371/journal.pmed.0020392

Frühere BDN-Texte zu SSRI:
http://www.infomed.org/bad-drug-news/bdn177.html
http://www.infomed.org/bad-drug-news/bdn51.html

  • Schlafmittel bei älteren Leuten ohne überzeugendes Nutzen-Risiko-Verhältnis
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 2. Dezember 2005

In einer Metaanalyse untersuchte man das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Schlafmitteln bei über 60-jährigen Personen, wobei sich die Daten hauptsächlich auf Benzodiazepine und Benzodiazepinrezeptor-Agonisten (Zolpidem = Stilnox® u.a., Zopiclon = Imovane®, Zaleplon = Sonata®) beziehen. Es zeigte sich, dass Hypnotika – mit zwar signifikanten, jedoch geringradigen Unterschieden – die subjektive Schlafqualität verbessern, die Schlafzeit verlängern und die Aufwachhäufigkeit vermindern. Demgegenüber verursachten die Schlafmittel aber auch deutlich häufiger Nebenwirkungen wie "Hang-over" und kognitive oder psychomotorische Störungen, was in einzelnen Fällen zu Stürzen mit Knochenbrüchen oder zu einem Verkehrsunfall beitrug. In dieser Metaanalyse kommt man zum Schluss, dass bei älteren Leuten unter Hypnotika die Wahrscheinlichkeit irgendeiner Nebenwirkung höher ist als die Aussicht auf einen verbesserten Schlaf. Volltext der Metaanalyse aus dem "British Medical Journal":
http://bmj.bmjjournals.com/cgi/content/full/331/7526/1169