Tuberkulintest: wenig spezifisch

  • k -- Tissot F, Zanetti G, Francioli P et al. Influence of bacille Calmette-Guerin vaccination on size of tuberculin skin test reaction: to what size? Clin Infect Dis 2005 (15. Januar); 40: 211-7 [Link]
  • Zusammenfassung:
  • Kommentar: Otto Brändli
  • infomed screen Jahrgang 9 (2005) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 1. März 2005
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Studienziele
Der Tuberkulin-Hauttest, eingeführt 1910 von Mantoux, wird immer noch für die Diagnose einer latenten Tuberkulose (TB) eingesetzt. Seine Spezifität ist allerdings schlecht. Anhand der Eintrittsuntersuchungen am Personal des Universitätsspitals Lausanne wurde ein maximaler Indurations- Durchmesser gesucht, bis zu welchem ein Tuberkulintest durch eine frühere Bacille-Calmette-Guérin-(BCG)-Impfung verursacht sein kann.

Methoden
Ausgewertet wurden die Daten von neu eintretenden Angestellten des Universitätsspitals Lausanne. Erfasst wurden u.a. frühere BCG-Impfungen, TB-Erkrankungen, TB-Expositionen, das Herkunftsland und Reisen in Ländern mit hoher TB-Prävalenz. Wenn die erste Testung mit 2 Tuberkulineinheiten negativ ausfiel, wurde die gleiche Prozedur am anderen Unterarm wiederholt.

Ergebnisse
Von 5’117 Personen zeigten 2’437 (48%) einen positiven Mantoux-Test (Induration mindestens 10 mm). Neben anderen Faktoren wie Alter, männlichem Geschlecht, Herkunft, Arbeit oder Reisen in Ländern mit hoher TB-Prävalenz sowie frühere TB-Exposition oder latente TB-Erkrankung war auch eine frühere BCG-Impfung mit einem positiven Tuberkulintest assoziiert. 51% der BCG-Geimpften, aber nur 12% der Nichtgeimpften hatten ein positives Testresultat. Bei Personen, die jünger als vierzig Jahre alt waren, war die frühere BCG-Impfung auch bei Indurationen von 18 mm oder mehr ein unabhängiger Prädiktor, nicht aber bei denjenigen, die über vierzig waren. Bei diesen standen die anderen Faktoren im Vordergrund und bei einer Induration von 15 mm oder mehr war der Einfluss der BCG-Impfung auf das Resultat nicht mehr signifikant.

Schlussfolgerungen
Eine frühere BCG-Impfung ist in Gebieten mit niedriger Tuberkulose- Inzidenz die wahrscheinlichste Ursache eines positiven Tuberkulintests. Dies gilt insbesondere für Mantoux- Reaktionen von weniger als 18 mm Durchmesser bei Personen unter vierzig. Wenn bei diesen Personen eine frühere BCG-Impfung bekannt ist, sollten sie nicht systematisch eine antituberkulöse Therapie erhalten.

Zusammengefasst von Franz Marty

Eine BCG-Impfung kann die Tuberkulose-(TB)-Ansteckung und die Entwicklung einer TB-Krankheit nicht verhindern und wird deshalb in der Schweiz seit 20 Jahren nicht mehr durchgeführt. Für die Ausrottung der TB entscheidend ist deshalb das Konzept der Diagnose und Chemotherapie der latenten TB-Infektion – nachweisbar mit dem Tuberkulin-Hauttest nach Mantoux, vielleicht bald mit einem in-vitro-Test zum Nachweis von Interferon-gamma (QuantiFERON®-TB-Test). Die Testgrenze, bei welcher eine präventive Chemotherapie mit Isoniazid (Rimifon®) durchgeführt wird, hängt von der epidemiologischen Situation ab: bei TB-Kontakt von Kindern unter 5 Jahren in jedem Fall, bei HIV-Positiven über 5 mm, bei anderen Risikofaktoren über 10 mm, in allen anderen Situationen über 15 oder wie hier vorgeschlagen über 18 mm.1 Entscheidend sind jedoch die Compliance von Patientinnen und Patienten und die Bereitschaft der Behandelnden, diese mittels direkt überwachter Tabletten-Einnahme («directly observed therapy», DOT) zu erzwingen. Deshalb sollte ein Tuberkulintest nur durchgeführt werden, wenn auch eine Chemotherapie in Betracht gezogen wird!

Otto Brändli

1    Rieder H, Zellweger JP, Quadri F, Desgrandchamps D. Früherfassung und Behandlung
der Tuberkuloseinfektion - BCG-Impfung. Schweiz Med Forum 2003; 3: 531-9

Standpunkte und Meinungen
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Tuberkulintest: wenig spezifisch ( 2005)