Neue HIV-Therapie erfolgreich

  • k -- Egger M, Hirschel B, Francioli P et al. Impact of new antiretroviral combination therapies in HIV infected patients in Switzerland: prospective multicentre study. BMJ 1997 (8. November); 315: 1194-8 [Link]
  • Kommentar: Nicola Low
  • infomed screen Jahrgang 1 (1997) , Nummer 10
    Publikationsdatum: 1. November 1997
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Studienziele

Im Jahre 1997 nahm die Sterblichkeitsrate der mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV) Infizierten in den USA, in Frankreich und in der Schweiz ab. Diese Arbeit dokumentiert, wie die Krankheitsentwicklung und die Überlebenswahrscheinlichkeit bei HIV-infizierten Personen durch die neu eingeführten Therapien beeinflusst wurden.

Methoden

In dieser zwischen 1988 und 1996 in der Schweiz durchgeführten Studie wurden 4069 HIV-infizierte Frauen und Männer untersucht. Die Studie umfasste alle Risikogruppen, also homosexuell, heterosexuell und intravenös Infizierte. Die Beteiligten wurden dem Jahr ihrer Diagnose entsprechenden Gruppen zugeordnet: 1988-90, 1991-92, 1993-94 oder 1995-96. Ihr Gesundheitszustand wurde alle 6 Monate mittels Fragebogen und durch die Bestimmung von Laborwerten wie der Anzahl der CD4-Lymphozyten und der Plasmakonzentration der Viren überprüft. Der Krankheitsbeginn wurde bei 200x106 CD4-Lymphozyten pro Liter festgelegt. In den ersten Untersuchungsjahren wurden eher Monotherapien – meistens Zidovudin (Retrovir®) –, ab 1995 deutlich häufiger Wirkstoffkombinationen (Zweier- oder Dreiertherapien) angewandt. Individuelle Daten wie Alter und Anzahl der CD4-Lymphozyten bei der Aufnahme in die Studie sowie die Drogenanamnese, Krankengeschichte und parallele Medikationen wurden berücksichtigt.

Ergebnisse

Im Vergleich zur 88/90-Gruppe war das Risiko, die Krankheit zu entwickeln, bei der 93/94-Gruppe um 23%, bei der 95/96-Gruppe gar um 73% geringer. Dementsprechend war die Sterblichkeitsrate in der 95/96-Gruppe um 62% reduziert. Von dem Zeitpunkt an, an dem die CD4-Zahl unter 200x106/l gesunken war, konnte eine erste AIDS-Manifestation unter einer Monotherapie um 16%, unter Zweiertherapie um 24% und unter Dreiertherapie um 42% gesenkt werden, immer im Vergleich zu Personen ohne antivirale Behandlung. In der ganzen Kohorte nahm die Sterblichkeitsrate um 23% unter Monotherapie bzw. 31% unter Zweiertherapie und 65% unter Dreiertherapie ab.

Schlussfolgerungen

Die heute verwendeten Dreiertherapien verlangsamen die Entwicklung sowie den Verlauf der Erkrankung und führen zur Reduktion der Sterblichkeitsrate.

Randomisierte Studien demonstrierten unter idealisierten Bedingungen, dass die neuen Kombinationstherapien wirksam sind («efficacy»). Diese Arbeit der schweizerischen HIV-Kohortenstudie zeigt nun zum ersten Mal, was draussen in der Praxis vorging («effectiveness»). Die neuen Therapien reduzierten das AIDS-Risiko und verlängerten das Leben bei allen Patientengruppen. Dies galt auch für Frauen und Drogenabhängige, die in randomisierten Studien oft untervertreten sind. Diese Resultate sind ermutigend, sie dürfen jedoch nicht überinterpretiert werden. Die Beobachtungsdauer ist noch kurz und es ist unklar, ob Virusresistenzen diese Erfolge nicht zunichte machen werden. In der Analyse wurden die bekannten Faktoren, die die Prognose beeinflussen, berücksichtigt. Andere Faktoren könnten die Resultate jedoch immer noch verfälscht haben. Prospektive Kohortenstudien spielen eine wichtige ergänzende Rolle, sie können randomisierte Studien jedoch nicht ersetzen.

Nicola Low

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