Nutzen der Atemtherapie nach Herzchirurgie unklar
- m -- Pasquina P, Tramèr MR, Walder B. Prophylactic respiratory physiotherapy after cardiac surgery: systematic review. BMJ 2003 (13. Dezember); 327: 1379-81 [Link]
- Zusammenfassung: Erik von Elm
- Kommentar: Matthias Egger
- infomed screen Jahrgang 8 (2004)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 1. April 2004 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Herzchirurgische Eingriffe sind mit 110 pro 100'000 Einwohner und Jahr sehr häufig. Oft verlängern dabei postoperative Komplikationen wie Atelektasen und Pneumonien den Spitalaufenthalt. In dieser systematischen Übersicht wurde untersucht, ob eine prophylaktische Atemtherapie solche Komplikationen nach Herzchirurgie verhindert oder die Lungenfunktion verbessert.
Methoden
Es wurden randomisierte Studien gesucht, in denen prophylaktische Atemtherapien bei Herzoperierten untersucht wurden. Als Endpunkte akzeptiert wurden Atelektasen, Pneumonien, die arterielle Sauerstoff-Sättigung oder Veränderungen der Lungenfunktion.
Ergebnisse
Achtzehn Studien mit insgesamt 1'457 Untersuchten erfüllten die Einschlusskriterien. Die Studiengruppen waren meist klein (durchschnittlich 32 Untersuchte) und die Studienqualität gering. Elf verschiedene atemtherapeutische Behandlungsformen wurden untersucht, am häufigsten stimulierende Spirometrie («incentive spirometry») und Überdrucktherapie (CPAP). Nur in 4 Studien wurde eine Gruppe mit Atemtherapie mit einer Gruppe ohne Intervention verglichen. In keiner dieser Studien konnte die prophylaktische Wirkung einer Atemtherapie nachgewiesen werden. Von 14 Studien, in denen zwei oder mehr vorbeugende atemtherapeutische Massnahmen verglichen wurden, zeigten drei einen signifikanten Nutzen der Therapie: in einer Studie mit Kindern wurde eine Reduktion von Atelektasen beobachtet, in 2 Studien mit Erwachsenen eine Verbesserung der arteriellen Sauerstoff-Sättigung und eine Verbesserung der postoperative Lungenfunktionswerte. In keiner Studie konnte eine Verringerung der Häufigkeit postoperativer Pneumonien durch Atemtherapie belegt werden.
Schlussfolgerungen
Angesichts der unbefriedigenden Datenlage bleibt der Nutzen einer prophylaktischen Atemtherapie zur Verhinderung pulmonaler Komplikationen nach herzchirurgischen Eingriffen unklar.
Zusammengefasst von Erik von Elm
An Meta-Analysen werden oft unrealistisch hohe Erwartungen gestellt: sie sollen Unsicherheiten für immer beseitigen und mit Hilfe von allmächtiger, statistischer Alchemie endgültige Antworten liefern. Die Praxis sieht leider anders aus: oft ist das «Rohmaterial», die realexistierenden Einzelarbeiten, von derart schlechter Qualität, dass, wie im vorliegenden Fall, die Schlussfolgerungen im wesentlichen aus einem Ruf nach grossangelegten, randomisierten Studien mit adäquaten Kontrollgruppen und klinisch relevanten Endpunkten bestehen. Die Identifikation von Lücken in der vorhandenen Evidenz ist eine undankbare, aber sehr wichtige Aufgabe von systematischen Übersichten und Meta-Analysen. Solche Lücken sind leider dann besonders häufig, wenn es sich bei der Intervention nicht um ein Produkt der pharmazeutischen Industrie handelt.
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